Es regnete teils heftig während wir vom Endes des Fahrweges zum Rifugio Segantini aufstiegen.
Von der eigentlichen Hütte gibt es leider kein eigenes Bild, doch es sah im Grunde genauso aus. Nur etwas größer.
Die Sonne geht hinter der Brenta langsam auf. Wir sehen das Ende der blauen Stunde.
Eine einzige Blockhalde von unten bis oben und zurück. Im Hintergrund ist der Gipfel noch zu erkennen. Das Bild wurde kurz vor dem Bivacco Orobica aufgenommen.
Unterhalb des Bivacco Orobica gibt es noch einen versicherten Steig.
Links der kleinen Felszacke in der Bildmitte führt eine Art Klettersteig über diesen Felsriegel drüber. An der niedrigsten Stelle ist er sicherlich gut 50-60m hoch.
Cima Presanella, 3558m
Die Blockhalde
Die Besteigung vom Rifugio Segantini aus wird in den nächsten Jahren sicher völlig schneefrei erfolgen können. Die in der Karte eingezeichneten Gletscher gibt es praktisch nicht mehr. Es sind nur noch kleine Schneefelder übrig. Um auf die Segantinihütte zu gelangen, fährt man einen etwas abenteuerlichen Weg nördlich von Pinzolo durch ein enges Tal vorbei am Rif. Nambrone. Ganz am Ende hört der Asphalt auf. Der letzte knappe Kilometer ist Schotterpiste, die zu einem kleinen Parkplatz an einer Alpe führt. Ab dort ist es zu Fuß über den kurzen Weg eine gute Stunde zur Hütte. Es regnete im Aufstieg teils heftig. Nach Ankunft in der Hütte legten wir uns erstmal trocken und bezogen unser Zimmer. Es war wenig los an diesem Freitag. Die Hütte ist wirklich ein Traum. Nettes Hüttenpersonal, sehr gutes Essen, wunderschön gelegen. Der Hüttenwart gab noch ein paar Tipps für den Aufstieg zum Gipfel, denn die Beschreibungen aus den einschlägigen Foren, die älter als 1-2 Jahre sind, stimmen alle nicht mehr.
Am nächsten Morgen starteten wir im Dunkeln zunächst als einzige Seilschaft in Richtung Bocchetta di Monte Nero auf einem Weg, der mit weißem Punkt und rotem Rand um den Punkt markiert ist. Wie es uns der Hüttenwart erklärte. Mit Ende des Wanderweges über eine Moräne hinein in schlimmes Blockgewirr endete allerdings zunächst die Markierung. Vereinzelte Steinmanndl, die jedoch nicht alle auf dem gleichen Weg lagen (danke an die Touristen, die Steinmanndl so schön finden), halfen ein Stück weiter, endeten dann aber auch irgendwann. Obwohl es inzwischen heller Morgen war, stellte uns die Orientierung vor eine Herausforderung. Wir stiegen etwas planlos der Bocchetta di Monte Nero entgegen, von der uns der Hüttenwart die Info gab, dass es in der linken Scharte einen neu eingerichteten Steig gäbe, da der alte Normalweg auf der rechten Seite extrem steinschlaggefährlich ist. Und in der Tat erkannten wir aus der Ferne irgendwann wieder einen dieser Punkte ganz groß am Einstieg zum Steig. Auf der Direttissima dorthin ist dann leider was blödes passiert. Immer noch in sehr unwegsamem Blockgelände mit mehr oder weniger ausnahmslos großen Felsen steigt meine Frau über einen der Blöcke nach oben. Ich will ihr folgen, lege meine Hände auf diesen Block, der völlig unvermittelt in diesem Moment zu rutschen anfängt und mir auf beide Füße gleitet. Ein Schrei. Das Ding war locker ein viertel Kubikmeter groß und wog demzufolge mindestens um die 400kg. Füße herausziehen ging nicht. Ich stemmte mich gegen den Block. Schmerzen in beiden Füßen. Zum Glück gelang es mir, ihn von mir weg zu kippen und meine Füße zu befreien. Meine Schuhe waren deformiert und ich ahnte das Schlimmste: Beide Füße kaputt. Mein Frau stieg wieder zu mir herunter als sie mich schreien hörte und ich versuchte, mich erstmal wieder zu beruhigen. Panik bringt überhaupt nichts. Immerhin ist der Stein nicht weiter gerutscht. Er hätte mich genauso gut mit nach unten nehmen können. Was tun? Die Schmerzen ließen langsam nach und ich merkte, dass ich die Zehen noch bewegen kann. Wir müssen uns das Elend in den Schuhen ansehen, um zu entscheiden, was zu tun ist. Ich zog Schuhe und Socken aus und wir sahen uns meine Füße an. Überraschenderweise war alles an seinem Platz. Nichts stand irgendwo heraus, wo es nicht hingehörte. Die Schmerzen ließen weiter nach und ich konnte alle Zehen bewegen und mich auch auf die Füße stellen. Scheint gar nichts kaputt gegangen zu sein. Unglaublich eigentlich. Also Socken und Schuhe wieder an. Links tat's am Spann etwas weh und rechts hat es wohl den Nagel am großen Onkel erwischt, doch Gehen ist möglich. Es geht weiter. Ich verzichtete erstmal darauf, Schmerzmittel zu nehmen, um für Veränderungen sensibel zu sein. Wir stiegen in den Steig ein und überkletterten die Bocchetta di Monte Nero. Hinten dran ging's grad so mit der Blockhalde weiter. Sehr unangenehm. Unterhalb des Bivacco Orobica gelangt man über ein steiles Schneefeld in einen weiteren versicherten Steig. Dessen oberes Ende leitet erneut in Blockgelände über bis man das Bivacco erreicht hat. Ab da ist dann auch der Gipfel zu sehen. Und wer hätte es gedacht: Bis oben hin ein einziges Blocklabyrinth. Wir benötigten nochmal eine gute halbe Stunde bis zum Kreuz. Meine Füße haben's bis dahin ganz gut mitgemacht. Ab da war ich mir ziemlich sicher, dass nichts ernsthaft im wahrsten Sinne des Wortes zu Bruch gegangen oder abgerissen ist. Die Bewegung und die festen Schuhe, die sich inzwischen wieder in ihre Ausgangsform zurück veränderten, ließen die Füße nicht anschwellen. Oben.
Für den Abstieg, der Druck auf dem Spann erzeugt, nahm ich dann doch was ein. Und los ging es wieder über die vielen, vielen Felsen zurück zur Bocchetta di Monte Nero, über den Steig und weiter zum Wanderweg auf der Moräne. Wie häufig, war von oben eine viel bessere Linie durch die Steine zu erkennen. Es war trotzdem äußerst mühselig und ich war heile froh, als wir das Rifugio Segantini wieder erreichten. Ungeachtet der Blessuren taten die Füße irgendwann auch so weh. Eine kleine Stärkung in Form von ein paar Nudeln mit Soße ließ die Lebensgeister zurück kommen bevor wir uns an den Abstieg zum Auto machten.
Unten angekommen, bemerkte ich, dass jemand auf dem Parkplatz eine Macke in unser Auto gekratzt hat. Den Spuren zu Folge, wohl eine Eisschraube am Klettergurt. Tja, solche Menschen gehen leider auch in die Berge.
In der nächsten Nacht in einem sehr empfehlenswerten kleinen Hotel in Pinzolo ist dann zumindest ein Fuß doch noch ordentlich angeschwollen. Der Spann tat noch eine ganze Weile weh und es dauerte ein paar Wochen bis der Fuß wieder seine normale Form hatte. Trotzdem Schwein gehabt.