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Seit wir Heidi kennengelernt haben, ist sie bei fast jedem Flug dabei, insbesondere dann, wenn wir am Startplatz stehen und abwarten, dass der Rückenwind nachlässt oder sich gar in Wind von vorne verwandelt. Als der Wind damals am Startplatz leicht von hinten kam, meinte sie in ihrem Schweizer Dialekt, dass sie schon weiß, dass die Deutschen nicht so gerne bei Rückenwind starten und fragte Astrid, die startbereit da stand, sich wegen des Wind von hinten aber nicht traute aufzuziehen: „Astrid, kannst du schnell laufen? Dann lauf.“
Sie ist dann auch gestartet und alles war gut, obwohl es gegen alles sprach, was uns in der Flugschule eingebläut wurde.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, sei an der Stelle angemerkt, dass wir über einen vielleicht geländebedingten Rückenwind von maximal 2-3 km/h reden. Wir standen definitiv nicht im Lee eines überregionalen Windes, der über die Kante pfeift, oder sowas. Das wäre wirklich gefährlich. Kopf einschalten ist schon wichtig.

Jedenfalls finden wir Heidi total nett und lernen, dass sie aus Interlaken kommt und als angehende Fluglehrerin arbeitet. Wir tauschen Nummern aus, bleiben in Kontakt und verabreden uns zum Fliegen in Interlaken, sobald sich was zusammengeht. Das dauert ein Weilchen, denn zu den Zeiten, an denen wir fliegen gehen könnten, macht uns das Wetter mehr oder weniger das ganze Frühjahr hindurch einen Strich durch die Rechnung. Nur an ganz vereinzelten Tagen mit wochenlangen Abständen dazwischen erwischen wir mal ein Fenster für den einen oder anderen Abgleiter. Bisschen mager. 

Im Juni wird dann endlich das Wetter besser und fliegbarer, weswegen wir das Fronleichnams-Wochenende bei Alex und Manuel in Saalfelden zum Fliegen verbrachten. Die haben nämlich auch superschöne Fluggebiete direkt vor der Haustür und wir lernen in einigen Hike&Flies den Biberg kennen, die Schwalbenwand und ein drittes Hangsoaring-Gebiet, dessen Name ich hier nicht nennen will, weil nur Pilot:innen dort fliegen dürfen, die im ortsansässigen Verein sind und wir zumindest in Begleitung solcher Menschen unterwegs waren. Dort haben Astrid und ich unsere bisher längsten Flüge gemacht. Meine Hürde dabei war eigentlich nur, mich zu trauen zu starten, denn der Talwind hat schon ordentlich Gas gegeben und kam auch nicht ganz aus der idealen Richtung, doch nach dem Aufziehen ging’s fast wie im Fahrstuhl nach oben, aber ganz sanft, meistens mit weniger als 1m/s. Die Landung hab‘ ich ein wenig verkackt, denn zum einen bin ich zwar knapp aber doch auf einem verbotenen Terrain gelandet und außerdem stand das Gras so hoch, dass kaum abzuschätzen war, wann der Boden da ist. Egal, ging gut, zum Thema landen werde ich von Heidi dann eine Woche später was lernen. Die Tage in Saalfelden haben jedenfalls super viel Spaß gemacht.
Dort hatte ich Gelegenheit, Manuels Leichtgurtzeug mal zu fliegen. Da löffeln Astrid und ich ja schon länger dran rum, wobei die Schwierigkeit darin besteht, eines zu finden, dass auch passt, denn die meisten sind nur in einer Einheitsgröße zu haben. Mein Thema ist die Länge meiner Beine, was dazu führt, dass ich in fast allen Leichtgurtzeugen, in denen ich bisher saß, das Gefühl hatte, vorne auf der Kante zu klemmen, weil die Beinauflage immer schon in der Mitte meiner Oberschenkel zu Ende war. Fühlt sich in der Luft nicht besonders angenehm an, wie ich von meinem ebenfalls zu kurzen Advance Easiness schon weiß. Sehr lässig fand ich, dass ich meinen 25er Pi3, Leichtgurtzeug mit Protektor und Retter und Wechselkleidung zusammen in meinen 38 Liter Hochtourenrucksack bekommen habe. Der lässt sich wesentlich besser tragen als das Wendegurtzeug, dass ich bisher benutzte. Dass Manuels Gurtzeug für mich nix ist, wusste ich ziemlich schnell, denn auch dort ist der Sitz zu kurz und das gibt’s nur in einer Einheitsgröße. Aber trotzdem eine gute Erfahrung. Sonntags war dann der Wind nicht mehr gut und wir nutzten die Gelegenheit, auf dem Heimweg auf dem Testival in Kössen vorbei zu schauen, mit dem Ziel, weitere Leichtgurtzeuge einer Sitzprobe zu unterziehen, wie wir es im Januar schonmal auf der Thermikmesse in Stuttgart machten. Witzigerweise treffen wir Claude von Neo wieder, die wir bereits vom Frauenfliegen in Lenk und von der Thermikmesse kennen und obwohl ich in Stuttgart bereits im Neo String in mehreren Größen saß und mich darin nicht so richtig zu Hause fühlte, war das Gefühl jetzt ganz anders. Selbst in M saß das Gurtzeug besser als alles andere, was ich bisher ausprobierte. In „L“ war es grad verliehen, deswegen war Probesitzen nicht möglich, doch ich ahnte, dass das ganz gut werden könnte. Im Anschluss daran fuhren wir bei einem weiteren Laden für Gleitschirmzeug in Kössen vorbei, dessen Besitzerin Alex und Manuel kennen. Hier, endlich, gab’s auch das neue Advance Strapless zum Probesitzen, auf das wir schon seit der Messe gewartet haben, denn dafür soll in Kürze auch ein Protektor verfügbar sein. Astrid fühlte sich darin gleich wohl und zwar mindestens genauso, wie im Neo String, für mich jedoch sind auch dort die Beinauflagen zu kurz und auch zu eng. Advance wird’s für mich also nicht. 

Kurzum, zu Hause angekommen, drückte ich für zwei Neo Strings, zwei passende Protektoren, zwei Beschleuniger und zwei Frontcontainer für den Rettungsschirm auf den Knopf. Die Sachen kamen dann auch noch rechtzeitig vor unserer Fahrt zu Heidi nach Interlaken und ich stellte bereits zu Hause, nachdem ich mich im Carport aufhängte, fest, das Neo String in L ist genau richtig für mich. Einzige Schwierigkeit jetzt: Der Rettungsschirm muss aus dem Easiness in den Frontcontainer umgebaut werden. Mmmhhh…. Ist das kompliziert, brauchen wir da einen Fachmann/eine Fachfrau oder schaffen wir das auch selbst? 
Ich recherchiere, finde bei Advance eine detaillierte Anleitung, wie der Retter in den Frontcontainer zu packen ist, lerne, dass ich die Innencontainer wieder brauche, mit denen unsere Rettungsschirme ausgeliefert wurden und die ich natürlich noch zur Hand habe und dass alles kein Hexenwerk ist. Die Retter wurden damals von jemandem aus unserer Flugschule aus dem mitgelieferten Innencontainer in den zum Gurtzeug passenden um- und eingebaut und die K-Prüfung besteht eigentlich nur daraus, zu überprüfen, dass der Schirm im Gurt sitzend auch ausgelöst werden kann. Schaffen wir. 
Noch am gleichen Abend sind beide Retter in den Frontcontainern verstaut, jede hat ihren eigenen selbst umgepackt, und wir führen eine K-Prüfung durch, die wir auch dokumentieren. Auslösen geht. Na dann, auf in die Schweiz zum Fliegen. Wir haben eine kleine, zwar etwas alt wirkende, aber ansonsten gut ausgestattete und saubere und für Euro-Gehaltsempfängerinnen bezahlbare Ferienwohnung in der Nähe des Landeplatzes am Thuner See in Interlaken, die nicht ganz leicht zu finden war. Was in der Schweiz teilweise an Preisen für die letzten heruntergekommenen FeWos aufgerufen wird, ist echt abgefahren. In Lenk sind wir im Herbst davor auf so ein unterirdisches Exemplar hereingefallen. Aber jetzt ist alles gut. Für Samstagmorgen sind wir mit Heidi und ihrer Freundin Ulla recht früh für einen Hike&Fly verabredet, denn wir müssen zusehen, dass wir bis Mittag wieder gelandet sind, sagt Heidi. Der überregionale Nordwest-Wind und die mit der Sonneneinstrahlung entstehenden Talwinde addieren sich im Laufe des Tages und dann wird fliegen sehr ungemütlich bis unmöglich und so sitzen wir alle vier morgens um 7 Uhr im Auto mit dem Ziel Brienz. Ulla ist auch eine schlimm Nette. Das wird Spaß machen.

Wir steuern als erstes den Landeplatz Lauenen an, um uns einen Überblick zu verschaffen, wo wir später aus der Luft hin müssen und Heidi macht noch eine kurze Landeplatzeinweisung, bevor wir das Auto etwas entfernt auf einen Wanderparkplatz stellen und von dort zu Fuß die knapp 1000 Höhenmeter Anstieg zum Startplatz Hofstetter Gummen beginnen. Unterwegs ist viel Zeit, schön zu quatschen, mir macht es immer eine riesige Freude, unter Frauen als Frau akzeptiert zu werden, was nicht selbstverständlich ist. Den meisten Menschen sehe ich an, wenn sie mich nicht so akzeptieren, wie ich bin und dann habe ich wenig Lust, mit solchen Menschen auch nur eine Sekunde meiner freien Zeit zu verbringen. Kommt zum Glück nicht so oft vor. Heute brauche ich mir über solche Dinge meinen Kopf nicht zu zerbrechen, Heidi und Ulla sind völlig tiefenentspannt. Wir steigen gemeinsam zum Startplatz auf, wo wir noch zwei andere Piloten treffen, rasten ein wenig, richten unser Zeug zum Starten her. Ich werde das erste Mal mit der neuen Ausrüstung fliegen, die Bedingungen passen als wir gegen viertel nach elf nacheinander aufziehen und starten. Naja, bis auf mich natürlich. Ich muss zwangsweise den Start abbrechen, denn ich stolpere beim Ausdrehen über einen Graspuschel und ich bin mir ehrlich gesagt im Nachhinein auch nicht sicher, ob ich meinen Schirm überhaupt richtig herum eingehängt hatte. Als mir Ulla beim Auslegen hilft, stehe ich auf einmal da und die Tragegurte sind genau verkehrt herum, nämlich fürs Linksausdrehen, eingehängt, was ich normalerweise nicht absichtlich tue. Es könnte sein, dass sich alles einmal nach dem Abkippen der Kappe gedreht hat, ist aber unwahrscheinlich. Ich denke eher, es war einfach mein Fehler. Peinlich. Ich korrigiere das, ziehe anschließend vorwärts auf, weil auch der Wind nachgelassen hat und fliege weg. Das schöne, wenn Frau mit Frauen fliegen geht, es gibt normalerweise kein blödes Gerede. Man hilft sich einfach, damit alle ihr Ziel erreichen, Diskussionen und Belehrungen braucht’s an der Stelle nicht. Wäre mir so etwas am Tegelberg passiert (und das ist es tatsächlich schon), hätte ich sofort von den Schlange stehenden Testos deren Belehrungen und unsinnige Kommentare an den Kopf geworfen bekommen. Nur geholfen hätte keiner. 

So, ich fliege. Thermik und Aufwind erwische ich wenig bis gar nicht und so ist schnell klar, dass es ein Abgleiter wird. Deswegen schaue ich gleich, ob ich den Landeplatz von oben entdecken kann und ja, ich finde ihn. Zwischenzeitlich versuche ich herauszufinden, wie es mir mit dem Leichtgurtzeug geht und ich muss sagen, der Kontakt zum Schirm ist viel direkter als beim Easiness. Ich rutsche allerdings nicht von selbst ganz rein, sondern ich muss die Beinauflagen von Hand etwas vorziehen, was aber auch bei dem leichten Fetzen Dyneema-Tuch nicht verwundert. Nur mit meinem Frontcontainer habe ich ein Thema bzw. mit dem Vario, dass dort jetzt statt auf meinem Bein seinen Platz gefunden hat. Es ist vollständig zu meinem Körper hingewandt, so dass ich es nicht ablesen kann. Da muss ich nochmal was dran ändern. Für den Moment hebe ich den Container einfach an und kippe ihn ein wenig nach hinten, womit es für diesen Flug erstmal geht. Ansonst ist alles tipptopp. Ich fliege überm Landeplatz meine Einteilung und komme perfekt runter, allerdings mache ich wieder den gleichen Fehler, wie so oft: Mein Kopf weigert sich zu laufen, weil er denkt, ich bin viel zu schnell über Grund und weil das noch nicht dämlich genug ist, gibt er mir auch noch vor, ich müsse mit beiden Füßen gleichzeitig aufsetzen, um den Stoß abfangen zu können. Tja, so wird die bis dahin perfekte Landung am Ende doch wieder ein Stolperer, der von Astrid gefilmt wurde. Das passiert mir ziemlich oft, gerade bei Nullwindlandungen, wie heute. Ist mir peinlich, aber ich weiß auch nicht, was genau ich anders machen muss.
Nachdem alle gelandet und die Schirme zusammengepackt sind, sitzen wir im Gras, es ist kurz vor Mittag, dösen vor uns hin und Astrid spricht nochmal das Thema Landung an. Ich versuche zu erklären, warum das fast immer Sch… läuft bei mir und dass ich es nicht auf die Kette bringe, die Ursache abzustellen. Heidi schaut sich daraufhin mal das Video an und gibt mir gleich eine Rückmeldung dazu, was da schiefläuft. Unmittelbar vor dem Aufsetzen schaue ich nur nach unten, was es schwierig macht, die Höhe tatsächlich korrekt einzuschätzen. Es ist besser, sich weiter vorne einen Bezugspunkt zu suchen. Und dann hebe ich zeitgleich die Beine hoch, weil ich ja die Geschwindigkeit, so mein Kopf, nicht laufen kann. Das ist Käse. Ich bin nicht genug im Gurtzeug aufgerichtet, um überhaupt laufen zu können, sagt Heidi. Ich muss weiter raus aus dem Gurtzeug, mich ganz gerade, eher sogar nach vorne gebeugt, laufbereit machen. Dann wird das gut, denn der Rest passt einwandfrei. In dem Moment, in dem ich aufsetze, bremse ich ja auch meinen Schirm durch, der praktisch mit mir stehenbleibt. Da wird sonst nix passieren. Ich speichere das und werde versuchen, es beim nächsten Mal anzuwenden.

Als wir noch so dasitzen, merken wir alle, wie der Talwind einsetzt und schnell stärker wird, womit fliegen für heute zu Ende ist. Wir entscheiden, dass es Zeit für ein mittägliches Picknick am Brienzer See ist, in den Frau natürlich auch reinhüpfen darf, wenn sie Lust dazu hat. Heidi warnt allerdings, dass der noch ziemlich kalt ist. Höchstens 18°. Wir brauchen erstmal einen Supermarkt, Futter fürs Picknick muss besorgt werden und ein paar Schweizer Franken brauchen wir auch noch, um die FeWo am Abend vor der Abreise zahlen zu können. Auf nach Brienz in den Coop, dann an den Badestrand, Decke raus, Badeanzug an, die Sonne brennt ganz gut runter. Heidi hüpft als erste ins Wasser ohne lange zu fackeln. Ich hüpfe hinterher und merke dabei, wie arschkalt es wirklich ist. 18° ist definitiv schöngeredet. Ulla und Astrid können sich für so etwas nicht überwinden, was wahrscheinlich vernünftig ist. Als mein Gehirn wieder Körpertemperatur hat, meldet sich der Hunger. So einen gechillten Nachmittag im Kreis mit lieben Menschen mit ganz leckerem Fingerfood und anschließend einfach in der Sonne liegen und nichts tun, hatte ich schon lange nicht mehr und es tut richtig gut. Der Wind frischt ordentlich auf, was in der prallen Sonne ganz angenehm ist, aber sicher nicht zum Fliegen taugt. Alles richtig gemacht. Es ist auch nicht abzusehen, dass der Wind nochmal nachlässt für einen abendlichen Flug, weswegen wir einfach die Zeit dahinfließen lassen. Als es uns in der Sonne zu heiß wird, beschließen wir, dass Espresso und/oder Cappuccino jetzt nice wären. Während wir uns umziehen und einpacken kommt völlig überraschend Judith um die Ecke, die mit ihren Kindern heute einen Ausflug machte, und den Tag ebenfalls am Brienzer See ausklingen lassen mag. Sie kennen wir auch vom Frauenfliegenfest, dass sie maßgeblich mitorganisiert hat, und sie hatte mir damals erzählt, dass sie sich den Podcast mit mir bei Ulligunde angehört hat, was sie sehr beeindruckte. Ich erzähle in der Geschichte zum Frauenfliegenfest darüber, denn ich bekomme daraufhin dort die Wandertrophäe in Form eines selbstgenähten, bunten Rocks von ihr verliehen. 
Wir schnacken ein wenig, drücken uns zum Abschied und dann auf an den Thuner See ins Strandcafé. 

Auf dem Weg dorthin kommen wir am Landeplatz Lehn in Interlaken, der zum See hin liegt, vorbei, wo wir Gelegenheit haben, jemanden beim Rückwärtsfliegen zu beobachten. Der Wind ist so stark und dessen Schirm so langsam, dass die Fahrt nicht mehr vorwärts geht und er so auch landen muss. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Sinne des Erfinders ist, doch ich bewerte es nicht. Vielleicht ist er der superdooper Heldenpilot, für den das normal ist und kein Problem darstellt. Ich würd’s nicht tun. Deswegen bin ich auf dem Weg ins Strandcafé und nicht in der Luft um diese Zeit.
Ja, die Zeit, die ist schon etwas fortgeschritten als wir am Tisch Platz nehmen und für mich ist es schon etwas spät, noch Kaffee zu trinken, sonst ist die Nacht so kurz. Frau wird eben nicht jünger. Ich beschließe, dass es auch fein wäre, ein Landebier zu nehmen, denn immerhin sind wir schön geflogen, heil gelandet und ich bin mit meinem neuen Equipment sehr zufrieden. Der Tag mit den Mädels war wunderschön und meiner Seele tut es wahnsinnig gut, in so eine Gruppe integriert zu sein, in der mich niemand komisch ansieht oder Vorbehalte hat, weil ich ein wenig anders bin. Das führe ich mir oft vor Augen, um trotz aller Unzulänglichkeiten auch die guten Dinge wertzuschätzen.
Wir lernen noch Ullas Lebensgefährten/Mann kennen, der kurz vorbeischaut. Er arbeitet als Fluglehrer in einer Flugschule und stand den ganzen Tag auf dem Landeplatz, um seine Schüler:innen zu betreuen. Ein anstrengender Job. 

Am Abend leistet uns Heidi Gesellschaft in unserer kleinen FeWo, wir kochen und essen zusammen. Ulla haben wir zuvor am Bahnhof abgesetzt, sie nahm den Zug nach Hause, weil sie bereits anderweitig verplant war. 
Wir reden über allerlei was in den 4 Wänden der FeWo bleibt und natürlich muss ein Plan für den nächsten Tag, den Sonntag, gemacht werden. Die Windlage wird sich ändern, der überregionale Wind dreht mehr auf Südwest, womit der Talwind dann nicht mehr ganz so krass wird, wie heute. Heidi schlägt vor, vom Niederhorn zu fliegen, einem touristisch erschlossenen Aussichtsberg am Nordostende des Thuner Sees, auf den wir die Bahn nehmen können. Die Höhendifferenz ist mit über 1400m ganz ordentlich, weswegen wir es uns sparen wollen, dort zu Fuß hochzulaufen, was uns außerdem einige Zeit kosten würde, die wir eventuell für einen zweiten Flug nutzen könnten. Den Transfer vom Landeplatz zur Talstation können wir mit Öffis überbrücken, die wir mit unserer Gästekarte aus der FeWo kostenfrei nutzen dürfen, Treffpunkt ist also am nächsten Morgen der Landeplatz Lehn, wo die Autos dann auch stehenbleiben können.

Gegen 8 Uhr morgens am Sonntag stellen wir unser Auto auf dem Parkplatz am Landeplatz ab, schauen uns dort die angeschlagenen Hinweise bezüglich Landeplatzgebühren, etc. an als uns ein Mensch anspricht, der wohl mit dem Flugbetrieb heute dort zu tun hat. Es sind nämlich zufällig heute auch die Schweizer Meisterschaften im Deltafliegen (bei uns sagt man Drachenfliegen dazu). Er erzählt uns, dass gestern hier auf dem Landeplatz ein tödlicher Unfall passiert ist und mir bleibt erstmal kurz das Herz stehen. Ja, es war wohl eine Kaltwindböe meint er, die vom See herkam und einem Piloten 30m überm Boden während der Landeeinteilung den Schirm in Bruchteilen von Sekunden zusammenfaltete und ihm keine Chance mehr blieb, noch irgendetwas zu unternehmen. Nicht gerade die passende Geschichte, wenn wir hier heute fliegen wollen. Dann ist mir was eingefallen und ich fragte nach, wann genau das denn passiert sei. Gegen 15Uhr am Nachmittag meint er daraufhin. Damit ist mein Fragezeichen, wie das sein konnte, erloschen. Wir erinnern uns, Heidi hat gesagt, sieh zu, dass du bis Mittag gelandet bist, der Wind wird abartig und wir haben nachmittags wahrscheinlich zwischen 16 und 17 Uhr genau hier jemanden rückwärts fliegen sehen. Die wahrscheinliche Fehlerursache könnte eine Unterschätzung der Verhältnisse gewesen sein. Mir tut’s trotzdem leid, dass das passiert ist. Hinterher sind immer alle schlau. 
Es bedeutet, den nötigen Respekt vorm Fliegen aufrechtzuerhalten und immer kritisch zu bleiben, wenn’s um fragwürdige Bedingungen geht. Sehr häufig hat der Bauch recht und es lohnt sich, auf ihn zu hören.
Heidi trifft ein, wir reden kurz über den Vorfall, dann machen wir eine Landeplatzbesichtigung mit einer Einweisung, wie hier bei Berg- oder Talwind gelandet werden sollte. Ich merke an, dass hier heute sehr viele Drachenpilot:innen unterwegs sein werden, vor denen ich immer ziemlichen Respekt habe. Die sind schnell und deren Sicht nach oben existiert praktisch nicht. Darüber bräuchte ich mir heute Vormittag keine Sorgen zu machen. Die haben im Rahmen der Meisterschaft eine gewisse Strecke zurückzulegen und die meisten werden erst später am Nachmittag zum Landen kommen. Das passt so.
Dann ab zur Bushaltestelle, kurz warten, einsteigen und bis zur Haltestelle Beatenbucht mitfahren, von wo aus zuerst eine Zahnradbahn und nach einem Umstieg eine Seilbahn bis rauf zum Niederhorn fährt, wo es zufällig auch ein Café/Restaurant gibt. In der Gondel wundern sich einige Passagiere, was wir wohl vorhaben. Heidis Rucksack sieht man schon an, dass es wohl zum Fliegen geht, doch Astrid und ich haben alles Nötige in einem relativ kleinen Hochtourenrucksack untergebracht, was die Gäste zum Staunen bringt, wie klein und leicht das nötige Equipment sein kann. Oben angekommen, kehren wir zunächst ein, um ein kleines zweites Frühstück mit Kaffee und Croissant in der Sonne zu genießen. Wir haben es nicht eilig. Von dort gehen wir ein Stück quer an der Bergstation vorbei rüber zum Startplatz, der für mich überraschend völlig leer ist. Außer uns sind keine anderen Pilot:innen da, was für einen deutschen Startplatz zu dem auch noch eine Bahn fährt, absolut undenkbar wäre. Schön für uns, kein Stress, keine Hektik. Ein paar wandernde Touristen werden auf uns aufmerksam und schauen zu, als wir uns zum Starten fertigmachen. Heidi gibt uns zuvor noch ein paar Infos zu den Besonderheiten wie Wind, Geländekanten, wo wir eventuell Thermik oder Aufwind erwischen können, beim aktuell noch vorherrschenden Bergwind und dann starte ich als erste in Richtung Thuner See. Astrid folgt und Heidi zieht als letzte auf, unter anderem deswegen, weil sie versuchen will, das eine oder andere Foto von uns beiden während des Fluges zu schießen. Lange vor dem See drehe ich nach links ab und steuere die Flächen an, von denen ich mir etwas Auftrieb verspreche, doch noch ist es nicht warm genug für Thermik. Lediglich der merklich schwächer werdende Bergwind lässt mich am letzten Hang vor dem Landeplatz ein klitzekleines Bisschen steigen. Immerhin. Um keinen Stress mit der restlichen Höhe fürs Landen zu bekommen, fliege ich relativ früh aus dem Hang in Richtung Landeplatz, erinnere mich an die Landevolte bei Bergwind, teile mir das Gelände unter mir entsprechend ein, baue über einige Positionskreise die Höhe soweit ab, dass ich meine gedachte Einteilung dann abfliegen kann, wobei mir mein Vario nach den Vollkreisen auch die Windrichtung bestätigt, und komme genau richtig in den Endanflug gegen den Wind. In dem Moment hebt das Quatschi in meinem Kopf den Zeigefinger und teilt mir mit, ich solle mich an Heidis Worte erinnern: Ganz aus dem Gurtzeug, ein Bein eher nach hinten und nicht nur nach unten starren. Also, ganz aufrichten, ich muss ein wenig nachhelfen, bis ich wirklich senkrecht im Gurtzeug hänge, was sich irgendwie schon viel besser fürs Aufsetzen anfühlt, als sonst, dann Punkt am Horizont finden für die Höhe, Kopf ausmachen, der mir schon wieder einreden will, ich könne die Geschwindigkeit nicht erlaufen, ein Bein nach hinten, wodurch ich schon in eine leichte Vorlage im Gurtzeug komme und dann ist der Boden da. Ich bremse an (flairen in Fachkreisen), passt, ich setze mit 2-3 leichten Laufschritten auf und stehe praktisch sofort als ich den Schirm durchbremse. Bilderbuchlandung, obwohl ebenfalls fast Nullwind. Danke Heidi. 
Astrid ist ein wenig verpeilt ob ihrer Landevolte, ich schaue ihr von unten zu und bin nicht ganz sicher, ob sie absichtlich mit dem Wind landen möchte. Wohl eher kaum. Dann bemerkt sie es selbst, korrigiert im letzten Moment und kommt dann auch richtig herum rein. Sie ist häufig verwirrt bei neuen Landeplätzen und ist etwas vergesslich bezüglich der besprochenen Landevolten, sagt sie selbst, aber bisher hat sie die Kurve immer noch irgendwie bekommen. Passiert normalerweise auch nur genau einmal. Dann kommt Heidi eingeschwebt, die mit einem Fußschlenzer über die Wiese beim Flairen anschließend sanft aufsetzt. Wir haben alle drei ein breites Grinsen im Gesicht, denn der Flug war superschön und wegen der Höhe auch per Abgleiter nicht sooo kurz. Heidi hat meine Landung aus der Luft bereits begutachtet und wir sind uns einig, das war ein Schritt in die richtige Richtung. 

Pause. Es ist etwa 10:30Uhr. Nachdem wir unser Flugzeug wieder zusammengepackt und im Rucksack verstaut haben, futtern wir unsere vorbereitete Stulle, schauen ein wenig anderen beim Landen zu, Heidi trifft den einen oder anderen bekannten Menschen, quatscht mit den Leuten. Netzwerken ist ja auch wichtig. Anschließend schlägt sie vor, noch einen kleinen Hike&Fly anzuhängen, gleich hier vom Landeplatz weg zum Startplatz Luegibrüggli etwa 500 Höhenmeter. Das nehmen wir gerne und machen uns sofort nochmal zusammen auf den Weg am angrenzenden Campingplatz vorbei hinauf durch den Wald auf einem schönen Pfad. Wir gehen gemütlich, nutzen die Zeit, um zu plaudern, die Sonne scheint schön und kaum merkend, wie die Zeit vergeht, gehen wir schon den letzten Hang zum Startplatz hinauf. Auch hier setzen wir uns erstmal noch, schauen uns die Gegend an, Heidi erzählt nochmal was über die Geländekanten, die vom moderaten Wind angeströmt sind und was uns dort möglicherweise auf dem Weg zum See erwartet. Mit der Erwärmung hat auch das lokale Windsystem auf den Talwind umgestellt, was später fürs Landen wichtig ist und die eine oder andere Geländekante sollte nun nicht mehr hinterflogen werden, wegen des Lees. Alles fein. Im Hintergrund hier fast immer sichtbar ist übrigens die Eiger Nordwand sowie manchmal auch Mönch und Jungfrau. Alle diese Berge sind noch offen, d.h. wir sind noch nicht dort hochgestiegen, wobei das beim Eiger wohl auch nicht passieren wird, denn selbst der Normalweg über den Mittellegigrat ist sicher eine Nummer zu schwer für uns. 
Jetzt aber erstmal Konzentration aufs Starten. Nachdem wir alle fertig hergerichtet und startbereit sind, ziehe ich wieder als erste auf und mache mich auf den Weg, um den Thuner See zu überfliegen. Astrid hadert ein wenig damit, über Wasser zu fliegen, weil ihr Kopfkino bei so etwas keine Ruhe gibt, was nicht rational zu erklären ist, denn in den See fallen tun wir nicht. Als ich das Ufer erreiche und kurz an der Felskante davor durchgeschüttelt wurde, bin ich etwa 400 Meter überm Wasser, das schön blau schimmert, kleine Boote und auch Passagierschiffe sind darauf unterwegs, die Luft überm See ist ruhig. Ein Traum. Heidi schießt ein paar Bilder von Astrid und mir, wie wir in dieser Wahnsinnskulisse rumfliegen, mit dem blauen See und der Eiger Nordwand im Hintergrund. Der relativ kleine Höhenunterschied lässt bloß wenig Raum fürs Träumen und ich schaue rechtzeitig, ob ich den Landeplatz finde und wie ich nun beim gedrehten Wind im Vergleich zum Vormittag meine Landeeinteilung gestalte. Auf dem Weg drehe ich zwei drei Vollkreise, damit auch mein Vario Bescheid weiß, wo der Wind herkommt und muss so keine weitere Höhe mehr abbauen als ich an einer Kante des Landeplatzes vorbeikomme. Ein etwas verlängerter Gegen- und Queranflug genügen, um genau passend in den Endanflug einzubiegen, bei dem sofort mein Quatschi im Kopf wieder anklopft und mich an Heidis Empfehlungen erinnert. Ganz aus dem Gurtzeug, Bein etwas nach hinten, das Timing fürs Flairen passt, ich setze sanft etwas rechts versetzt vom Peilpunkt auf, weil ich schon mitbekommen habe, dass Astrid ihre Landevolte dieses Mal richtig rumgeflogen hat und direkt hinter mir ist und ich ihr den notwendigen Platz lassen will. Super. Meine Landung war perfekt. Ich bin ein bisschen stolz drauf, dass ich das nach einer kleinen Analyse, bei der es im Prinzip um Kleinigkeiten ging, so gut umgesetzt habe. Das stimmt mich zuversichtlich, dass Popolandungen jetzt weniger häufig passieren werden. Mit dem neuen Leichtgurtzeug bin ich happy und nachdem ich mein Vario nicht mitten auf den Frontcontainer tesselte, sondern mehr zur vorderen Kante hin platzierte, kann ich es auch gut ablesen. 
Heidi landet kurz nach uns und wieder haben wir alle ein breites Grinsen im Gesicht. So ein feiner Flugtag. Inzwischen sind auch die ersten Drachen gelandet, doch die meisten werden noch ein wenig auf sich warten lassen. Der befürchtete Landebetrieb blieb aus.

Leider war das der letzte Flug für heute, denn Astrid und ich müssen uns irgendwann auf den langen Heimweg machen, was uns aber nicht davon abhält, uns noch ein wenig zusammenzusetzen, noch etwas zu trinken und einen ganz netten Bekannten von Heidi kennenzulernen, der sich zu uns gesellte. Dann geht’s auf in Richtung Holzhütte. Diese beiden Flugtage möchten auf jeden Fall wiederholt werden. Es ist so fein und gechillt mit Heidi fliegen zu gehen, eine wahre Freude. Die nächsten Wochen wird sich nicht so viel mit Fliegen ausgehen, denn Bergsteigen steht auf dem Programm. Es geht mit einer erneuten Weissmies-Tour zur Akklimatisation los, woran sich unmittelbar das erste Highlight des Jahres anschließen soll: Der Piz Bernina über den Bianco-Grat. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich dran denke.

Flugwochenenden in Saalfelden und Interlaken, 08.-11.06.2023 und 16.-18.06.2023

Heidi haben wir auf dem Frauenfliegenfest in Lenk vergangenen Herbst kennengelernt. Da hat die Chemie irgendwie gleich gestimmt und es stand im Raum, dass wir sie bei passendem Flugwetter in Interlaken besuchen und mit ihr zusammen fliegen gehen. Im Frühjahr hatten wir schonmal einen Termin ausgesucht, doch da hat nix gepasst, das Wetter war nicht fliegbar, wie so oft Anfang des Jahres. Dann ist überraschend eines der Kinderwochenenden im Juni ausgefallen. Plötzlich ist Zeit für mehrere Abenteuer hintereinander, das Wetter passt sogar an zwei Wochenenden und so lernen wir die Fluggebiete bei Alex und Manuel vor der Haustür kennen und anschließend die von Heidi in Interlaken.

Endlich mal mehr als 2 Tage frei und keine Verpflichtungen. Das gab’s schon eine Weile nicht mehr. Einfach frei entscheiden, wo es hingehen soll und was wir dort unternehmen wollen. Nochmal eine Skihochtour wäre toll, doch der Schneemangel auf den Gletschern ist noch schlimmer als vergangenes Jahr und uns damit zu heikel, um nur zu zweit loszuziehen. Die Wetterprognose für die West- und Zentralalpen luden zudem ebenfalls nicht dazu ein, dort Zeit zu verbringen. Viel Wind, etwas Neuschnee, insgesamt trübes Wetter. Das wurde nur besser je weiter wir nach Süden und Osten Ausschau hielten, womit Skitouren ohne ewige Tragepassagen nicht mehr in Frage kamen, dafür aber Fliegen ein Thema wurde. Bassano stand ja schon am Fasnachtswochenende auf dem Plan, fiel jedoch wegen schlechter Prognosen aus. Ab Mitte unserer freien Woche sieht das jetzt viel besser aus und so entschieden wir, die Ski zu Hause zu lassen, stattdessen das Kletterzeug, die Räder und die Gleitschirme einzupacken und mit Laufen und Klettern am Gardasee zu starten, wo wir die ersten beiden Tage den starken Wind abwarteten. Nach schön klettern, meinem ersten Trailrun und natürlich Cappuccino auf der Piazza in Arco siedelten wir dienstagsabends nach Bassano um, oder genauer nach Semonzo, wo sich die Landeplätze befinden, in deren fußläufiger Nähe wir eine kleine Ferienwohnung schießen konnten. Das hat mir schonmal gut gefallen. Auto abstellen und nicht mehr brauchen, bis es nach Hause geht. Alle Infrastruktur ist in wenigen Minuten zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar. 

Die FeWo war hinsichtlich der Küche äußerst dürftig ausgestattet. Viel mehr als Pasta war da nicht herauszuholen, dafür war der Rest ganz ok und für 3 Nächte braucht’s eh nicht so fürchterlich viel. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, zogen wir mit den Rädern los, um uns im örtlichen Lebensmittelgeschäft mit Futter zu versorgen und inspizierten dabei grad noch einen der Landeplätze, Paradiso, wo wir eine Gruppe Pilot:innen beim Groundhandling beobachten konnten. Der Wind war recht stark und böig, weswegen es etwas rund ging auf dem Platz. Astrid hat die Lust gepackt, vor dem Abendessen auch nochmal den Schirm auszupacken. Bis wir dann allerdings das Futter gegen die Gleitschirme getauscht hatten und zurück am Landeplatz gewesen sind, war kein Mensch mehr da und der Wind eingeschlafen. Nach ein paar Aufziehversuchen haben wir es dann eingesehen, dass das so keine Freude mehr macht und gingen zum gemütlichen Teil über. Pasta Ragout und Rotwein. Für den Mittwoch sagte Burnair ganz gute Bedingungen vorher: Wind aus der richtigen Richtung in der richtigen Stärke, trotz etwas Bewölkung überwiegend Sonnenschein und demzufolge Thermik. Ab spätestens Freitag soll es unbeständiger werden und so kauften wir mal für zwei Tage die Flycard ein, die dort vorgeschrieben ist und jederzeit vorzeigbar sein muss, entweder ausgedruckt oder als gespeichertes PDF auf dem Smartphone. An der Stelle der Hinweis, dass das auch kontrolliert wird.

Mittwochmorgen. Wir stehen früh auf, denn es soll mit einem Hike&Fly zum Startplatz Stella losgehen und zwar so, dass wir pünktlich dort sind, wenn die Bedingungen zum Fliegen gut werden. Nach dem Frühstück wackeln wir zu Fuß los, der Wanderpfad startet wenige Minuten von der FeWo entfernt und mit etwa 550m Aufstieg bei gemütlichem Tempo rechnen wir mit rund 2 Stunden, die wir brauchen werden. Die erste Hälfte ist ziemlich steil, was zwar das Tempo bremst, andererseits aber die Höhenmeter schneller purzeln lässt. Nach einer guten Stunde sind wir oben und auf dem vollen Startplatz werden wir beäugt, wie Außerirdische, weil wir zu Fuß hochgekommen sind. Ich bin einigermaßen aufgeregt, weil wir ein für uns neues Fluggebiet kennenlernen und weil mich die vielen Menschen nervös machen. Mir ist bis dahin auch noch nicht klar, warum der Startplatz in der Burnair-App nicht als „einfach“ eingestuft ist, denn er erscheint breit und lang zu sein mit einem moderaten Gefälle. Eigentlich optimal. Aber wir kommen erstmal an, sehen uns ein wenig um und weil wir schneller waren als gedacht, haben wir es nicht eilig. Es wird fleißig gestartet und ich bemerke, dass die meisten Pilot:innen ganz schön Probleme haben, ihre Tüten so in die Luft zu bekommen, dass sie auch wegfliegen können. Viele Fehlstarts und wenige helfende Hände, was meistens der Fall ist, wenn 95% der Menschen am Startplatz zu viel Testosteron in sich haben. Die 3 Windsäcke zeigen nicht selten waagerecht in unterschiedliche Richtungen und die Böen sind sehr viel stärker, als wir angenommen hatten. Erst finde ich das komisch, doch dann merke ich, dass die Wetterdaten in der App nicht zum Morgen aktualisiert wurden. Gut. Mal sehen, was wir tun können. An einem ruhigen Platz außerhalb des Startplatzes richten wir unser Zeug zum Fliegen her, sortieren Leinen, ziehen das Gurtzeug an und entscheiden, es zu versuchen. Der Zustrom an Pilot:innen reißt inzwischen nicht mehr ab und wir müssen uns in eine lange Schlange einreihen. Das stresst mich, war aber andererseits nicht anders zu erwarten. Ruhig bleiben. Astrid legt als erste aus und kommt etwas schaukelig und tief raus. Nachdem ich anschließend rückwärts aufgezogen hatte und mich fürs Starten entschied, war plötzlich der Wind weg und ich musste weit laufen, um abzuheben. Da lernte ich dann, dass der Startplatz nicht so lang und vor allem am unteren Ende durch hohe Sträucher begrenzt ist, über die es nur drüber geht, wenn frau schon fliegt. Meine Füße berührten zwar den einen oder anderen Zweig, doch ich kam ansonsten noch entspannt drüber und fliege so kurz nach 10 Uhr morgens los. 
Milla fliegt das erste Mal in Bassano. Ein kurzes Vergnügen, denn ich kann mich nicht am Starthang im Aufwind halten, verliere die Höhe so schnell, wie bei einem normalen Abgleiter und muss mich früher als erwartet fürs Landen entscheiden. Windrichtung und Betrieb am Landeplatz geben vor, dass sinnvollerweise die vorgeschriebene Linkslandevolte geflogen werden muss, was ich auch tue, mich aber etwas in der Höhe verschätze und ziemlich früh aufsetze. Der Landeplatz ist riesig und es schadet nicht, mit etwas mehr Höhe einzufliegen, wenngleich achtgegeben werden muss, denn es gibt keine Ausweichmöglichkeit, wenn der Platz mal nicht reichen sollte. Der Landeplatz ist ringsum entweder bebaut, bepflanzt oder es führen Oberleitungen an den Rändern vorbei.

Nachdem wir unser Zeug wieder in die Wendegurtzeuge gepackt hatten, stapften wir einfach mal an die Straße vor, um zu checken, wie das hier mit den Shuttles so läuft und ich muss sagen, im Vergleich zu Meduno, wo das eher ein zufälliges Ereignis war, läuft das in Bassano viel, viel besser. Die Taxis fahren im Grunde regelmäßig so lange, wie geflogen wird, immer dann, wenn der Bus voll ist. Und so müssen wir gar nicht warten, sondern können sofort ins wartende Shuttle einsteigen, das uns für ein paar Euro wieder zum Startplatz bringt. Wir steigen wieder Stella aus, denn Bepi, sagt der Busfahrer, sei gerade zur Hälfte wegen Baumaßnahmen gesperrt und deswegen sei wenig Platz und viel Betrieb dort. Stella sei besser. Mag sein, doch der Betrieb dort hat weiter explosionsartig zugenommen. Ich bekomme mit, dass eine Tandemflugschule sowie mindestens zwei weitere Flugschulen aus Österreich und Polen da sind, die teilweise selbst das Shuttlen für ihre Schüler übernehmen und so kommt mehr oder weniger im Minutentakt ein Bus nach dem anderen an und wirft Pilot:innen ab. Krasse Nummer. Ich fühle mich extrem unwohl. Als nächstes ist offensichtlich, dass die Bedingungen sich deutlich zum Anspruchsvolleren verändert haben. Auf dem Startfeld spielen sich einige Dramen ab und es gibt lange Wartezeiten zwischen den Starts wegen des ständig wechselnden Windes. Hinzu kommt, dass die Tandempiloten klar Vorfahrt auf dem Startplatz beanspruchen und sich alle anderen Freifliegenden irgendwie drum herum positionieren müssen. 
Astrid und ich entscheiden, erstmal abzuwarten, wo es mit den Bedingungen hingeht, denn aktuell bin ich der Meinung, kann ich meine Kappe nicht beherrschen. Wir steuern auf Mittag zu, Parawaiting. Zeit, anderen Pilot:innen zu zu schauen, wie so gestartet wird und es ist tatsächlich erschreckend, was geboten wird und ich wundere mich, dass keine ernsten Unfälle passieren. Von „in die Bäume gezogen werden“, „Abspringen“ bis zu beinahe Karambolagen ist alles dabei. In der Regel verursacht durch rücksichtslose Testo-Piloten und Menschen, die ihre Fähigkeiten völlig überschätzen. 
So kommt’s, dass wir Barbara und Herbert kennenlernen. Bereits als sie auslegt habe ich das Gefühl, dass sie es besser lassen sollte, doch das müssen alle selbst entscheiden. In dem Moment, in dem sie aufzieht, ist klar, dass sie koordinativ nicht dazu in der Lage ist, ihren Startversuch auch nur ansatzweise zu kontrollieren und die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Sie taumelt über den Startplatz, ihr von allen möglichen Böen getriebener Schirm hat das Kommando, was am Ende dazu führt, dass Pilotin, Leinen und Schirm mit der jeweiligen Maximalfläche vollständig im Dornengestrüpp am rechten Rand des Startplatzes einschlagen. Autsch. Ein Raunen geht durch die Menschen, doch es macht niemand Anstalten, ihr zu Hilfe zu eilen, außer ihrem Mann Herbert. 

Also dann, Astrid und ich haben ja eh nix zu tun. Wir schlängeln uns zwischen den gaffenden Menschen hindurch zur dichten Dornenhecke, in der Barbara immer noch mehr oder weniger bewegungslos feststeckt und in der auch Herbert verschwunden ist und versuchen, uns nützlich zu machen. Alleine oder zu zweit besteht absolut keine Chance, irgendetwas unbeschadet aus diesem Dickicht zu retten. Die gute Nachricht: Außer einem kleinen Schock ist Barbara nix passiert. Beide sind heilfroh, dass sie Hilfe bekommen. Als Barbara sich von den Tragegurten gelöst hat, beginnt die Fummelei, das filigrane Zeug millimeterweise aus den dichten, zentimeterlangen, äußerst spitzen Dornen zu befreien. Etliche Piekser und Verrenkungen später, so nach etwa einer Stunde, haben wir den Schirm geborgen und am Rand auf dem Startplatz liegen. Augenscheinlich hat er keine Beschädigungen, doch ich gehe davon aus, er hat unzählige kleine Durchstiche im Tuch, die jetzt natürlich nicht mehr sichtbar sind. Leinen und Tragegurte sind schlimm verwurschtelt, doch Barbara möchte zügig weg von hier runter zum Landeplatz am Garden Relais, wo sie runterkommen und ihre Leinen ganz in Ruhe entwirren kann. Herbert startet später nochmal, doch vorher laden sie Astrid und mich auf ein Bier am Abend bei Tilly’s ein, um sich erkenntlich zu zeigen. 

Inzwischen ist es weit nach Mittag und der Platz hat sich etwas geleert. Offensichtlich hat Thermik eingesetzt, die Luft ist voller Schirme und wer nicht fliegt, macht Mittagspause. Die Böen sind immer noch stark, kommen jedoch in regelmäßigen Abständen, in deren Zwischenräumen, so glauben wir, auch für uns halbwegs kontrollierbar gestartet werden könnte. Wär‘ schon fein mal ein bisschen Thermik zu schnuppern. Wo sonst hätten wir endlich Gelegenheit, uns darin zu versuchen, wenn nicht hier? Wir sind ein wenig zögerlich mit unserer Entscheidung, doch am Ende siegt die Neugier und der Wunsch, es zu wagen. Wir stellen Startbereitschaft her. Astrid schnappt sich die erste Lücke auf dem Startplatz und macht sich davon, während ich ebenfalls auslege und ihr kurze Zeit später um etwa 14:30 Uhr folge. Ein Meilenstein in meiner Fliegerinnenkarriere schließt sich an, wie ich wenige Minuten danach weiß. Ich sehe Astrid ein kleines Stück unter mir am Hang hin und her fliegen. Ich tue es ihr gleich und wir können uns ein paar Minuten ganz gut halten. Dann ist sie irgendwann über mir und ich dachte schon, es wird sein, wie immer, ich muss dann doch landen gehen, aber es passiert ganz was anderes. Ich schaute in der Woche zuvor ein paar Lehrvideos zum Thema Hangsoaring an und dachte, na wenn ich schon mal da bin, versuche ich mal genau das zu tun. Bisschen mit Gewichtsverlagerung ohne große Kurvenbewegungen fliege ich das Hangprofil ab, drehe einmal um und bekomme so richtig einen ersten Thermikbart ab, der mich wie im Fahrstuhl den Hang hinaufträgt. Irre. Astrid ist plötzlich wieder unter mir und ich bin wieder auf Höhe des Startplatzes. Ganz was Neues. Mein Variometer schaltet das erste Mal von selbst in den Thermikmodus, um mich dabei zu unterstützen, den nächsten Bart oder die nächste Blase, die sich abgelöst hat, zu finden. Konsequent steuere ich den nächsten Thermikbereich an, in dem sich bereits andere befinden, was mir auch angezeigt wird, und ich bereite mich aufs Einfliegen in den Aufwind vor. Es ruckelt und schaukelt mich gut durch, Hände hoch und drin bin ich. Wieder Fahrstuhl, doch ich falle schnell wieder hinten heraus, weil ich zu langsam reagiere, fange das Vorschießen der Kappe ab, drehe um und fliege wieder zurück in die Thermik hinein. Eine Sensation. Inzwischen bin ich etwa 100 Meter überm Startplatz. Astrid kann ich nicht mehr sehen, weiß aber, dass wir uns darauf verständigten, wer fliegen kann, fliegt und muss keine Rücksicht auf die jeweils andere nehmen. Sie meldet sich nach etwa einer halben Stunde, dass sie gut gelandet ist und ich solle meinen Flug genießen, egal, wie lange das dauert.

Ich sacke noch einmal etwas ab, doch bevor ich übers Landen nachdenken kann, entscheide ich mich dazu, alles zu versuchen, um im Hangwind wieder ein Stück über die Kante zu kommen, an der sich konstant Thermiken ablösen. Es gelingt mir zum ersten Mal mit konsequentem Handeln und aktivem Suchen nach Aufwinden genau das umzusetzen und irgendwann bin ich 200m, 300m, 400m überm Startplatz, kann die anderen Startplätze sehen, finde ständig neue Aufwinde und schraube mich weiter hoch. Es ist unruhig und ich bin permanent damit beschäftigt, auf die Kappe zu achten und alle ungewollten Bewegungen frühzeitig zu stoppen und zu kontrollieren. Dabei merke ich erstmal gar nicht, wie kalt es geworden ist, bis es mir echt zapfig in die Hosenbeine zieht und ich wahrnehme, dass ich beinahe vor Kälte zittere. Aber noch habe ich Gefühl in den Händen und fliege weiter, immer auch alle anderen um mich herum im Auge, doch erstaunlicherweise verteilt es sich so gut, dass ich nur ganz selten aktiv ausweichen muss. Ich erwische mich dabei, wie ich bei jeder neuen Höhenmarke Ehrgeiz entwickele, noch weiter hoch zu kommen, selbst als sich meine Hände der Gefühllosigkeit nähern. Erst als ich die Marke 1600 Meter überm Meer, also fast 1,5 km überm Landeplatz, erreiche, und es merklich nicht mehr weiter hoch geht, über mir ist niemand mehr, entscheide ich, dass es gut ist. Etwa 45 Minuten war ich bis dahin in der Luft. So, jetzt landen. Gar nicht so einfach, wie es sich anhört aus dieser Höhe bei solch thermischen Bedingungen. Ich fliege erstmal aus dem bergigen Teil hinaus in den freien Luftraum über den Landeplätzen und suche mir einen großzügigen Raum, in dem sonst niemand fliegt, weil ich annehme, dass es dort am ehesten mit kreisen nach unten geht. Es ist ja nicht eilig. Lieber noch ein wenig diesen Moment genießen. Als ich so auf 1100 MSL runtergekommen bin, juckt mich aber doch noch ein Thermikbart, den mir mein Variometer anzeigt und weil niemand um mich herum ist, beschließe ich, den noch mitzunehmen, sauber hineinzufliegen und beim Kreisen tatsächlich im angezeigten Bereich zu bleiben. Das hat wohl funktioniert. In ganz kurzer Zeit war ich 200m höher mit Steigraten von fast 6m/s. Hui. Der Wahnsinn. Ich bin so froh, dass wir es wagten zu starten, denn alles in allem waren die Bedingungen bisher immer so, dass ich zu keiner Zeit das Gefühl hatte, überfordert zu sein. Das Steigen hat sich zwar heftig angefühlt, machte mir aber keine Angst und das Ein- und Ausfliegen führte zu keinen Flugzuständen, mit denen ich nicht klargekommen wäre. Perfekt zum Üben.

Nachdem ich den Bart verlassen hatte, wollte ich dann doch endlich runter. Die Kälte kroch in alle Knochen. Auf so etwas war ich überhaupt nicht vorbereitet. Wieder was für die nächsten Abenteuer gelernt: Fürs Fliegen anziehen, nicht für die Sonne am Landeplatz. Bis ich dann tatsächlich auf dem Landeplatz aufsetzte, vergingen wieder bald 15 Minuten, die ich allein fürs nach unten steuern und die Landevolte brauchte. Überglücklich auf etwas wackeligen Beinen fiel ich Astrid in die Arme, die mich strahlend empfing. Boahh… noch ganz berauscht von diesem Erlebnis packten wir schnell meinen Schirm zusammen, denn das nächste Taxi nach oben stand schon bereit, ein Flugschüler der Tandemschule hatte uns angesprochen, damit das Shuttle voll wird. 
1:12h war ich am Ende in der Luft, hab‘ insgesamt genau 2000 m aufgedreht, hatte ein maximales Steigen von fast 6m/s und im Mittel etwa 4m/s und legte eine Strecke über Grund von fast 40km zurück. Astrid war ebenfalls fast eine halbe Stunde unterwegs, sie hat bloß, denke ich, nicht die Bärte erwischt, die mich hochgetragen haben. Sonst hätte sie mit Sicherheit noch ein bisschen mehr rausgeholt. 

Neuer Versuch, neues Glück. Auf dem Weg nach oben kommen wir mit zwei Tandempiloten ins Gespräch und lernen, dass sie permanent Bedarf an Gästen haben, damit sie sich nicht untereinander abwechseln müssen, sondern alle gleichzeitig ihre Flüge sammeln können. Wenn wir Lust hätten, könnten wir gerne als Gast mitfliegen. Das hört sich nach einem Plan an. Dann wissen wir, wie sich Tandemfliegen anfühlt, denn ich dachte schon ein paar Mal, dass ich meinen Kindern das gerne antun würde, damit sie das Gefühl des Fliegens kennenlernen. Zunächst starten wir aber nochmal allein, denn es könnte sich ja noch was mit Thermik ausgehen. Leider war es bereits nach 17Uhr und die Luft soweit abgekühlt, dass sich da nix mehr ausging. Der langsam einschlafende Wind tat sein Übriges, dass sich auch mit Hangsoaring nur noch sehr eingeschränkt was machen ließ und wir leider ziemlich schnell landen gehen mussten. Astrid tat mir an der Stelle ein wenig Leid. Ich hätte es ihr so gegönnt, dass sie ein ähnlich überwältigendes Flugerlebnis hätte haben können, doch wo nix ist, geht auch nix. 
Wen wunderts, wir treffen zusammen mit den Tandems am Landeplatz ein und committen uns gleich, das Zugpferdl zu spielen. Wir sind zwar später noch auf ein Bier verabredet, doch fliegen ist wichtiger und hell ist es ja nun nach der Zeitumstellung auch lang genug. Also nochmal rauf. Dieses Mal brauchen wir nur Jacke, Helm und Handschuhe, bekommen am Startplatz eine Einweisung, wie der Start abläuft und wie wir uns verhalten sollen und dann geht’s auch schon los. Tandemflugschüler, so lernen wir, dürfen in der Ausbildung nur Gäste mitnehmen, die selbst mindestens eine A-Lizenz haben, also Menschen, die prinzipiell wissen, was auf sie zu kommt. Trotzdem ist es ein ganz spannendes Gefühl, „nur“ mit zu fliegen. Der Wind ist vollständig eingeschlafen. D.h. ein Nullwindstart mit einer fast 40 Quadratmeter großen Matratze. Ich verstehe, warum der Gast sozusagen das Zugpferd ist. Ohne dessen Impuls bekommt ein Pilot allein dieses Riesending nicht in die Luft. Astrid macht mit Patrick als erste los. Sie müssen schon ordentlich rennen, bis sie der Boden verlässt. Mein Start mit Andreas als Pilot geht zunächst schief. Zu wenig Impuls. Ich bin entspannt. Ich weiß, dass so etwas passieren kann. Andreas macht die Trimmer ganz auf, damit wir beim Start bereits schneller werden können und dann klappt’s beim zweiten Versuch. Wir heben ab. Es ist schon nach 18:30Uhr. Ein erstes Mal Tandem, ein Sonnenuntergangsflug. Mein Gurtzeug und ich werden keine Freunde. Ich habe Mühe, mich richtig hineinzusetzen. Andreas hilft etwas nach, doch das ist nur von kurzer Dauer. Ich rutsche wieder nach vorne und hänge ein wenig auf halbacht. Für diesen kurzen Abgleiter, denke ich, ist mir das egal, doch leider rächt sich diese Nachlässigkeit bei der Landung. Die Gurtzeuge sind so ausgelegt, dass entspannt auf dem Popo rutschend gelandet werden kann. Das ist auch der normale Fall, weswegen im Queranflug aufs Landefeld die Ansage kommt, die Beine hochzuheben und waagerecht zu halten. Nur, wenn unmittelbar vor dem Aufsetzen klar ist, dass eine stehende Landung funktioniert, gibt der Pilot, in dem Fall Andreas, das Kommando: „Füße runter“ oder „Hinstellen“. Das ist aber wirklich ein Ding der allerletzten Sekunde. Nur halb auf dem Sitzbrett klemmend, bekomme ich meine Beine nicht wirklich waagerecht nach oben. Andreas informiert mich im Endanflug, dass ich nicht erschrecken soll, denn wir werden nochmal richtig schnell. Er macht die Bremsen ganz auf, damit Steuerleinenweg fürs Flairen kurz vorm Aufsetzen zur Verfügung steht. Alles klar, kenne ich, denke ich. Aber mit „schnell“ meint er wirklich sehr schnell. Mit gefühlt 60km/h flitzen wir ein paar Zentimeter hoch übers Gras, dann fängt Andreas ab und gibt das Kommando, dass ich mich hinstellen soll. Leider bleibe ich genau in dem Moment mit einer Ferse an einem Grasbüschel hängen, weil ich meine Beine nicht oben halten kann und wir machen eine Bauchlandung. Bisschen doof, aber nix passiert.

So, jetzt aber hurtig. Wir sind noch zum Bier bei Tilly’s verabredet und spät dran. Direkt vom Landeplatz aus wackeln wir zu Fuß los mit unseren Schneckenhäusern auf dem Rücken, denn hier ist alles nicht so weit auseinander, als dass das nicht in wenigen Minuten zurückzulegen ist. Kurz vor 19Uhr treffen wir dann bei Barbara und Herbert im Restaurant ein, sie sind in Begleitung von zwei Flugbekanntschaften, Christel und Peter, sowie einem Freund von Peter, der einfach nur dabei ist, aber nicht fliegt. Alles Urgesteine der Gleitschirmfluggeschichte. Die anwesenden Fliegenden haben bis auf Barbara alle schon mehr als 30 Jahre ihre Lizenz und sind von erster Stunde an dabei. Wir bestellen ein Bier und kommen ins Quatschen. Erneut drücken Barbara und Herbert ihren Dank aus, ohne uns wäre das Rausfummeln echt doof und noch mühseliger geworden. Wir versichern, dass wir das gerne getan haben. Wir wären auch froh, wenn uns jemand in so einer Situation geholfen hätte und das Karmakonto freut’s auch. Wir werden aufgefordert, uns auch was zum Essen zu bestellen, wir seien eingeladen, doch obwohl mein Magen auf den Knien hängt und ich schon das Bier merke, lehnen wir dankend ab. Wir wollen auch gar nicht so lange stören. Aber so leicht kommen wir nicht davon, ein zweites Bier kommt und die Gespräche reißen nicht ab. Christel ist total begeistern von meiner Transidentität und sie sucht förmlich das Gespräch, tauscht sogar den Platz mit ihrem Bruder Peter, damit wir ungestörter sprechen können. Wir erzählen auch von der Tandemschule und unserem ersten Tandemflug heute, was Herbert dazu veranlasst, zu erwähnen, dass er auch den Tandemschein hat. Denn als Barbara und er sich vor über 30 Jahren kennenlernten, flog er schon und damit Barbara mitfliegen kann, machte er kurzer Hand die notwendige Ausbildung und erst vor wenigen Jahren dann entschied Barbara, selbst auch die A-Lizenz zu machen. 
Und als wir so quatschen, kommen Andreas, mein Tandempilot, und seine Freundin die Tür rein. Sie grinst mich schon von weitem an, weil sie mich gleich als den „besonderen“ Gast erkannte, von dem Andreas ihr sicher erzählt haben muss. Als sie mich darauf anspricht, ziehe ich nochmal zu ihr um und wir quatschen schön in einer neuen Runde und auch Andreas wird sofort von Christel in Beschlag genommen, denn die hat auch Bock auf einen Tandemflug am nächsten Tag.
Einigermaßen angetrunken und hungrig, wie ein Wolf verabschieden wir uns nach fast 3 Stunden aus der Runde und ich erzähle im Rausgehen noch von meiner Homepage.

Der nächste Morgen. Die Prognosen sind so, dass sich heute mit Thermik eher nix ausgeht, tiefe Wolken, wenig bis keine Sonne, schwacher Wind und gegen Nachmittag könnte es sogar ein paar Tropfen geben. Deswegen haben wir es nicht besonders eilig, frühstücken gemütlich, brechen zu Fuß zum Landeplatz Paradiso auf, um zu schauen, dass wir ein Shuttle erwischen. Wir treffen auf die Flugschüler der Tandemschule, die bereits fleißig ihre Flüge absolvieren und sitzen, ehe wir uns versehen, zusammen mit zwei Tandempiloten im Auto eines Typen, von dem ich nicht weiß, wo er hingehörte, und werden zum Startplatz Stella mitgenommen. Den ersten Flug heute wollen wir aber erstmal allein machen, denn es ist schon so, dass es einige trotz der ungünstigen Bedingungen schaffen, oben zu bleiben und in einem relativ schwachen Aufwind an der Bergkante entlang fliegen. Der Plan ist, dass wir das auch versuchen, allerdings drängt sich alles ein wenig an dieser Bergkante und verläuft sich nicht so großzügig, wie am Vortag in der Thermik. Wir machen uns fertig und starten. Astrid fliegt als erste los und kurz darauf gegen halb zwölf mittags hebe ich ebenfalls ab. Der Wind steht relativ weit auf Ost, was eigentlich keine guten Bedingungen hier sind, doch er ist gleichzeitig so schwach, dass es trotzdem raus geht. Ich bleibe sehr nah am Hang, fliege 3 bis 4 mal hin und her, Astrid gewinnt sogar ein wenig Höhe, doch mir wird schnell klar, dass ich heute nicht den richtigen Wind erwischt habe oder nicht klug genug geflogen bin und drehe kurz vorm Absaufen in Richtung Landeplatz ab. Mir gelingt eine schöne Landung mit wegen der ausgeprägten Ostwindrichtung einem diagonal verlaufenden Endanflug. Die Motivation für einen oder mehrere weitere Abgleiter hält sich jedoch in Grenzen, die Auffahrten mit dem regulären Shuttle sind nicht so günstig, der Wind steht nicht gut, die Wolken werden tatsächlich dichter und kommen langsam runter. Als Astrid gelandet ist, sind wir uns schnell einig, dass selbst fliegen heute nicht so sexy ist und ein Thermikflug, wie gestern, heute sicher nicht drin ist. Außerdem fühlte ich mich nicht wohl bei so vielen Schirmen auf kleinem Raum in der Luft. 
Wir machen einen anderen Plan und quatschen nochmal die Tandemschüler an, die uns sehr gerne wieder als Gast mitnehmen und so sitzen wir kurze Zeit später im Flugschulbus auf dem Weg zum Startplatz Antenna, der für Ostwind viel besser geeignet ist. Auf der Fahrt spricht mich Andreas an, er und seine Freundin hätten sich abends noch meine Seite angeschaut und waren zum einen wirklich beeindruckt von meiner Geschichte zur Transition und zum anderen davon, was wir sonst noch so alles tun, besonders in den hohen Bergen. Tut gut, dass mal jemand so was äußert. 
Der Startplatz Antenna ist völlig leer als wir eintreffen. Die regulären Shuttlebusse fahren diesen Startplatz nicht so gerne an, weil der Weg viel weiter ist und so sind wir mit 4 Tandemschirmen die einzigen, die den Platz belagern. Weil wir schon eingewiesen sind, geht’s relativ zügig raus. Ich werde dieses Mal von Patrick mitgenommen, der gestern Astrid im Gurtzeug sitzen hatte und Astrid fliegt mit Jan, einem ganz jungen Kerl, der den Tandemschein machen will, um seine Freundin irgendwann mitnehmen zu können. 
Die Schwierigkeit hier ist, dass der Weg zum Landeplatz über ein Tal hinweg führt und die Entfernung, mehr als doppelt so groß, wie von Stella, bei fehlender Aufdrehmöglichkeit eine Herausforderung werden könnte. Mit der Standardgleitzahl meines eigenen Schirmes wäre ich hier möglicherweise unter diesen Bedingungen nicht gestartet, doch der Tandemschirm fliegt schneller und die Konstruktion gleicht eher einem B-Schirm, die von Haus aus bessere Gleitzahlen erreichen, als mein Hike&Fly-Schirm, der per Definition nicht fürs Thermik- oder Streckefliegen ausgelegt ist. Patrick und ich sprechen kurz darüber, aber wir sind uns einig, dass es reicht, wenngleich wahrscheinlich keine Manöver geflogen werden können. So isses dann auch. Schnickschnack gibt’s keinen, doch wir erreichen entspannt den Landeplatz Paradiso. 

Astrid und ich schauen uns an und signalisieren, dass wir nochmal mitfliegen können, falls die Flugschüler uns nochmal mitnehmen wollen. Auf selbst fliegen haben wir immer noch keine Lust, denn die Bedingungen wurden eher noch etwas ungünstiger. Seitens der Flugschule wird entschieden, mal einen anderen Landeplatz anzusteuern, um etwas Abwechslung reinzubringen und wir ziehen zum Landeplatz Garden Relais um, wo eine kurze Landeplatzeinweisung erfolgt. Mein Tandempilot von gestern, Andreas trifft dort auf Christel, die auch noch als Gast mit hochkommt, Astrid und ich tauschen den Piloten und so wird der Flugschulbus recht voll. 12 oder 13 Leute mit Tandemgepäck, d.h. 6 riesige Schirme und je zwei Gurtzeuge im Neunsitzer. Bisschen kuschelig, aber geht. Wir fahren rauf zum Startplatz Bepi, dem nächsthöhergelegenen oberhalb von Stella. Dort geht’s mit Ostwind angeblich besser als weiter unten und so lernen wir diesen Startplatz auch grad noch kennen. 
Bepi wird modernisiert. Deswegen steht nur ein halber Startplatz zur Verfügung, doch mir fällt auf, dass er etwas steiler ist und die Büsche am unteren Ende nicht so hochstehen. Starten müsste hier eigentlich ein klein wenig einfacher sein, allerdings können nicht mehr als ein normaler Schirm und ein Tandem gleichzeitig auslegen, was ein wenig Parawaiting verursacht. Gelassenheit und entschlossenes Handeln, wenn es soweit ist, hilft. Kurz vor halb vier hebe ich mit Jan als Pilot ab. Weil der Startplatz höher liegt, steht sogar ein bisschen Raum für Manöver zur Verfügung und wir rollen zwei Runden so richtig, dass mir schlecht wurde. Im Gurtzeug hängend hat es sich fast wie Wingovern angefühlt. Astrid hat das ganze aufgenommen und mir später gezeigt, was die Sache etwas relativierte. Krass, wie weit Wahrnehmung und Realität auseinander liegen können. Ich war jedenfalls froh als wir in einen normalen Geradeausflug zurückgekehrt waren und in die Landevolte wechselten. Mit Jan ist es mir dann auch gelungen, den Flug mit einer stehenden Landung zu beenden. Hat er gut gemacht. 

An der Stelle endet unser kleines Abenteuer „fliegen in Bassano“. Die Wolken sind inzwischen so weit runtergekommen, dass die Startplätze in kürze im Nebel sind, der Himmel leerte sich entsprechend und für den nächsten Tag ist Regen gemeldet. Wir wackeln zu Fuß vom Garden Relais zurück in unsere FeWo mit Zwischenstopp im Lebensmittelmarkt, verbrachten noch einen schönen Abend bei gutem Essen und am nächsten Morgen, nachdem alles im Auto verstaut und verpackt worden war, traten wir die Heimreise über den Brenner an. Im Vorfeld hatten wir uns bereits zu einem Besuch unserer lieben Freunde Michi und Andrea in ihrer neu eröffneten „Schwazeria“ mitten in Schwaz angekündigt. Kann ich wirklich nur empfehlen. Viele Leckereien von eingelegtem Gemüse über Pasta bis zu ausgesucht guten Weinen in einem ganz tollen Laden. Weil das sonst nie auf dem Weg liegt, nutzten wir diese Gelegenheit, die beiden mal wieder zu sehen. 

Fazit zum Fliegen in Bassano: Es braucht ein dickes Fell, wenn frau dort fliegen möchte. Der Betrieb ist enorm sobald fliegbare Bedingungen herrschen, ähnlich einem Sonntag mit besten Bedingungen am Tegelberg, wo sich hunderte in eine Schlange reihen. So etwas, wie eine Nebensaison scheint es nicht zu geben. Parkplätze gibt es praktisch keine in der Nähe der Startplätze, d.h. selbst rauffahren und Auto stehen lassen ist keine gute Idee. Rund um den Landeplatz Paradiso gibt es ebenfalls nur sehr eingeschränkte Parkmöglichkeiten. Dafür gibt’s am Garden Relais eine großzügig angelegte Parkfläche, auf der anscheinend auch Wohnmobile zur Übernachtung geduldet werden. Der Shuttleservice zu den Hauptstartplätzen Stella und Bepi, der von mindestens 4 verschiedenen Leuten angeboten wird, funktioniert im Gegensatz zu Meduno recht zuverlässig, wenngleich mit 8€ pro Nase und Fahrt nicht ganz billig. Mit etwas Glück braucht frau den aber vielleicht nur einmal am Tag, denn an guten Tagen begrenzt wohl nur der Sonnenuntergang die Flugzeit.
Ein Hike&Fly zu den Startplätzen Stella und Bepi ist ganz gut möglich. Die Wege zu den weiter oben gelegenen Startplätzen sind allerdings schon ziemlich weit. Diese müssen wohl auch in Eigenregie angesteuert werden, zumindest habe ich nicht mitbekommen, dass die Shuttles weiter rauffahren als Bepi.
Ob wir uns das so bald nochmal antun werden, steht in den Sternen. Sicher ist, dass mein allererster Thermikflug hier in meinem Gedächtnis bleiben wird. Ein wirklich sehr eindrückliches Erlebnis für mich, das Lust auf mehr gemacht hat.

Flugreise nach Bassano del Grappa, 28.-31.03.2023

Über den Winter sind wir immer mal wieder an einzelnen Tagen ein bisschen geflogen, wenn es irgendwie gepasst hat, doch das waren immer nur kleine Abgleiter, starten, ein paar Minuten fliegen, landen, fertig. Mitte März gab’s dann mal ein Testival, das unsere Flugschule in Oberstaufen organisiert hat, zu dem wir hinfuhren und die Gelegenheit nutzten, um mittels Bahnunterstützung mehrere kurze Flüge zu absolvieren. Da ging’s drum, unsere Start- und Landekompetenz auszubauen, denn die Bedingungen insbesondere zum Starten waren ein klein wenig anspruchsvoll. Zum Monatsende hin hatten wir dann eine ganze Woche frei und die allgemeine Wetterlage in den Alpen mit Kälte, Schneefall, Schneemangel auf den Gletschern und starkem Wind ließen Skihochtouren ausscheiden. Weiter im Südosten war’s besser und vor allem wärmer und fliegbar. Bis der Wind nachlies kletterten wir in Arco und dann auf nach Bassano del Grappa.

Alex und Manuel sind die ganze Woche schon unterwegs auf ihrer „Flugreise“, doch mit viel fliegen war wenig, denn es zog eine Regenfront über die Alpen, die sich leider nicht von der Südseite fernhielt. So sah es auch noch aus, als Astrid und ich uns donnerstags auf den Weg machten. Den ursprünglichen Plan, bereits mittwochs nach der Arbeit loszufahren, verwarfen wir ziemlich schnell, denn es gab keinen Grund sich zu beeilen. Das Wetter blieb mindestens bis inklusive Freitag schlecht mit Dauerregen, niedrig hängenden Wolken, kalten Temperaturen und zu viel Wind fürs Fliegen, weswegen wir einfach den Donnerstag als Reisetag auserkoren hatten. Zu Hause bleiben war keine Option, denn dort reichten die schlechten Aussichten bis über den Sonntag hinaus und mit der Reise hatten wir eine kleine Chance, ab wahrscheinlich samstags fliegen zu können. Also los. Wir buchten nur nochmal unsere Ferienwohnung um, als wir bei genauerer Betrachtung feststellen, dass es in der ersten Wohnung weder Heizung noch Internet gibt. Die Zweite hatte dann wenigstens einen Holzofen und auch Internet.
Die Fahrt vom Ostallgäu nach Meduno ist eine kleine Weltreise, egal welchen Weg Frau wählt, denn eine Direttissima existiert nicht. Aus ökologischen Gründen entschieden wir, den kürzesten Weg zu nehmen, denn Zeit hatten wir ja und die Variante über die Autobahn wären über 100km mehr gewesen auf denen wir natürlich auch schneller gefahren wären und mehr Sprit durchgebracht hätten. So lernen wir Ecken kennen, von denen ich nicht mal wusste, dass sie existieren. Der Plöckenpass zum Beispiel über den frau von Kötschach-Mauthen aus nach Italien kommt. Ich erinnere mich, dass ich vor über 30 Jahren schon mal hier gewesen bin und die Gail mit dem Wildwasserkajak paddelte. Es ist diesig und regnerisch als wir über den Pass fahren und es erscheint ein wenig wie das Ende der Welt, wenn da nicht ab und zu ein Auto oder Wohnmobil entgegenkäme. Unsere Ferienwohnung liegt nicht direkt in Meduno und weil das Navi im Auto den Ort Castello di Friuli nicht kennt, übernimmt Google die letzten Meter, die uns über eine Microstraße durch gefühlt dichten Urwald führen, nachdem wir im letzten größeren Ort alles Notwendige für eine ordentliche Pasta eingekauft hatten. Alex und Manuel kommen an diesem Abend spät vom Idrosee gefahren, nachdem sie auf einem Klettersteig dort gut durchgewaschen wurden und wir luden sie ein, gemeinsam mit uns zu futtern. Das ging sich dann auch gut zusammen, wir saßen bis spät in die Nacht zusammen und konnten nach Mitternacht sogar Alex noch zum Purzeltag gratulieren. Sie blieben mit ihrem Bus einfach hinterm Haus stehen. 
Was wir jedoch lernten war, dass das Haus bzw. die Wohnung direkt nebenan gerade Baustelle ist und eine energetische Sanierung durchgeführt wird. Es war schon ziemlich nervig an dem späten Nachmittag, als ständig die Schlagbohrmaschine angeworfen wurde und ich ahnte, dass es am nächsten Tag grad so weiter geht. 
Das Frühstück am nächsten Tag sollte nicht so früh starten, weil fliegen wegen des Dauerregens sowieso nicht geht und wir im Prinzip nichts anderes auf dem Plan hatten, als Start- und Landeplatz zu besichtigen, noch die Dinge einzukaufen, die fehlten und ein Restaurant für den Abend auszusuchen, um den Geburtstagstag angemessen enden zu lassen. Die Handwerker von neben an waren am nächsten Morgen der Meinung, dass 7:30Uhr ok ist, um wieder die Schlagbohrmaschine anzuwerfen und die Betonwände, die alle Wohnungen miteinander verbinden, taten ihr übriges, den Aufenthalt in der FeWo nahezu unerträglich zu machen. Blöd. Weglaufen war aber irgendwie auch nicht, denn es regnete praktisch durchgehend. Frühstück mit viel Lärm und dann machten wir uns trotz Regen auf den Weg, um ein paar Informationen zum Fluggebiet einzuholen, lernten, dass es zwei Landeplätze gibt, einer am Campingplatz Ai Pradons und einer etwas weiter südlich an der gleichen Straße mit mehr Fläche, der auch der eigentliche öffentliche Landeplatz ist, sowie dass seit Anfang des Jahres erstmals eine Flying Card eingeführt wurde, mit deren Erwerb frau sich quasi als Pilotin legitimiert und mit der alle Landeplatzgebühren für ein Jahr bzw. eine Saison abgegolten sind. Wir planen, uns die Karte noch am Abend im Restaurant des Campingplatzes zu beschaffen, denn die kann dort ausgestellt werden und dort wird superlecker gekocht.
Nach der Landeplatzbesichtigung schauen wir noch nach einem Supermarkt, der allerdings in der Mittagspause war und entscheiden, mal die Straße zum Startplatz hochzufahren, um auch den noch in Augenschein zu nehmen. Eine Bahn gibt es leider nicht. Alle, die Starten wollen, müssen irgendwie zu Fuß oder mit dem Auto rauf. Beides ist ziemlich mühselig, wie wir später lernen. Mit dem Auto vom Landeplatz zum Startplatz dauert es auf der kleinen Straße fast eine halbe Stunde einfach und zu Fuß durch die Berghänge braucht frau etwa 2 Stunden. Es gibt mehrere Shuttleservices, die jedoch keine regelmäßigen Abfahrtszeiten haben und eher nach Bedarf 2-3 mal am Tag pendeln. Die Parkmöglichkeiten am Startplatz sind sehr begrenzt, doch heute ist niemand da. Nebel und Wolken wabern über den Starthang, der sehr großzügig und lieb erscheint, weil breit, lang und ganz homogen geneigt, aber leider vollgeschissen ist. Eine Herde Kühe wohnt hier. Unverkennbar. Mein weißer Pi3 tut mir jetzt schon leid, aber es wird schon irgendwie gehen. Eine hölzerne Startrampe für Drachenflieger gibt es ebenfalls und wer will, kann sein Zeug auch bis zum Gipfel hochtragen und dort starten. Soweit alles klar. Es geht zurück zur Ferienwohnung, wo immer noch fleißig gebohrt und gehämmert wird. Den Nachmittag vertreiben wir uns mit Kuchenbacken, denn Geburtstagskuchen muss schon sein. Astrid hat zu Hause bereits alle Zutaten abgemessen und eingepackt, inklusive der Äpfel vom eigenen Bäumchen, sodass kurze Zeit später ein superleckerer, saftiger Apfelkuchen den Ofen verlässt und vernascht wird. 
Am Abend fahren wir nochmal los, um am Campingplatz in der Nähe des Landefelds schön Essen zu gehen. Die Küche des Ai Pradons ist wirklich sehr gut, der Service supernett. Pizza sucht Frau hier vergebens, doch es ist ja auch keine Pizzeria, sondern ein Restaurant mit kurzer Karte und überwiegend regionalen Produkten. Bevor wir das Lokal verlassen, sprechen wir die nette Frau vom Service auf die FlyCard an und sie bestätigt, dass wir die Karte hier gegen 15€ Jahresgebühr bekommen können, nachdem wir ein kleines Formular mit Fluglizenznummer, Versicherung, Verein, etc. gefüllt haben. Die ausgestellte Karte sei dann bis Ende 2022 gültig. Nachträglich wissen wir, dass es klug gewesen ist, das gleich hier zu erledigen, denn am nächsten Tag gingen diese Karten am Landeplatz aus.

Am nächsten Morgen, es ist bereits Samstag, fahren wir bei trübem Wetter sehr früh los zum Landeplatz, um ein Auto stehen zu lassen und mit dem zweiten zum Startplatz hochzufahren. Unten werden bereits morgens die Parkplätze knapp und es scheint auch so zu sein, dass manche hier in ihren Wohnmobilen übernachteten. Eine knappe halbe Stunde später erreichen wir den Startplatz, an dem sich eine ähnliche Situation zeigt. Nicht wenige haben hier oben übernachtet. Noch ist der Startplatz in den Wolken und die Sicht nach unten versperrt, doch der Nebel lichtet sich bald und wir starten zu einem ersten Abgleiter gegen 10 Uhr, weil der angekündigte Hangwind noch nicht wirklich eingesetzt hat. Für einen ersten Flug ist mir das aber ganz recht, obwohl ich an mir selbst beobachte, dass ich schon gar nicht mehr so schlimm aufgeregt bin vor und während des Startens, wie das sonst der Fall gewesen ist. Das Fluggelände ist ganz gut überschaubar, der Landeplatz in der Ferne eindeutig zu erkennen und die einzige Herausforderung besteht erstmal nur darin, den weißen Pi3 nicht in die Kuhhaufen zu drapieren. Wenige Minuten später bin ich nach einem einwandfreien Start in der Luft, versuche mich gleich zu entspannen als ich merke, dass ich wieder total angespannt im Gurtzeug klemme und steuere sofort in Richtung Landeplatz. Aufwind und Thermik gibt es nicht und so ist der Flug sehr ruhig und nach 6-7 Minuten fliege ich bereits einen ersten Positionskreis und bereite mich aufs Landen vor. Die gelingt sehr gut, ich treffe komfortabel die Landewiese und kann schon sehen, dass der Betrieb deutlich zugenommen hat. Mehrere Flugschulen sind eingetroffen, sogar eine für Drachenflieger:innen aus der Schweiz und es wuselt ganz ordentlich. 
Als wir nochmal zum Startplatz kommen, haben sich Pilot:innenmenge und Startbedingungen ebenfalls deutlich verändert. Parken geht kaum noch, die Fläche vor dem Startplatz ist voll mit Menschen, der Starthang selbst ebenfalls und unmittelbar um den Startraum fliegen jede Menge im Aufwind, der nun so stark die Startwiese anströmt, dass mir sofort klar wird, ich werde hier so schnell nicht wieder starten. Das Parawaiting geht los. Mir sind viel zu viele Pilot:innen in der Luft auf engem Raum. Sie fliegen teilweise im Nebel und in den Wolken rum, dass es mir ganz anders wird. Astrid bemerkt in einer anderen Gruppe Katrin, die wir vom Frauenfliegenfest in Lenk kennen. Auch sie hat uns erkannt und wir quatschen ein wenig. Sie und ihre Begleitung sind schon die ganze Woche mit einem Thermikkurs einer Flugschule unterwegs, doch mit Thermikfliegen ging sich bisher gar nichts aus, weswegen die Schule entschied, es in Meduno mit Soaren zu versuchen. Wir verbringen einige Zeit mit Beobachten, doch wenn ich mir die Wetterdaten so ansehe, werde ich frühestens ab 16Uhr nochmal starten können, wenn der Wind etwas nachgelassen hat. Im Moment flattern die Windsäcke waagerecht, was einer Geschwindigkeit von 25-30km/h entspricht.
Wir entscheiden, die Autos wieder so umzuparken, dass wir später wieder fliegen können und danach ein Auto unten ist, damit wir nicht auf den Shuttlebus angewiesen sind, von dem keiner weiß, wann er fährt. Am Landeplatz angekommen, laden wir unsere Schirme zu Alex und Manuel in den Bus, denn Astrid und ich entscheiden, zu Fuß hoch zum Startplatz zu gehen, damit wir uns wenigstens ein bisschen bewegt haben, dabei aber nicht unsere Ausrüstung tragen müssen. Wir waren beide erkältungsmäßig etwas angeschlagen in den Tagen vor der Reise. Vom Landeplatz aus führt mit ein bisschen Suchen ein Pfad zuerst an der nahegelegenen Burgruine vorbei und dann weiter den Hang hinauf auf den Grat, teilweise sehr steil durch urwaldähnliche Abschnitte. Wegen der Regentage ist es ziemlich dampfig und rutschig, der Pfad ist stellenweise nur sehr schwach zu erkennen, manche Dornensträucher hinterlassen Spuren auf unserer Haut. Alles in allem aber sehr schön und abwechslungsreich. Rund zwei Stunden und knapp 800 Höhenmeter später kommen wir oben am Startplatz raus, wo immer noch viel los ist. Viele Drachenflieger:innen haben aufgebaut, doch es starten nur wenige von ihnen. Der Wind hat etwas nachgelassen und nachdem Astrid und ich uns trockengelegt haben, tragen wir unser Zeug zum Startplatz, machen uns nochmal fertig und starten per Rückwärtsaufziehen in unseren zweiten Flug für heute. Mein zweiter Rückwärtsstart ever gelingt sauber. Ich bin ein wenig stolz. Wenn es um Windgeschwindigkeiten geht, traue ich mir noch nicht so viel zu. Deswegen freut es mich umso mehr, dass es geklappt hat. Alex und Manuel starten ebenfalls und kurze Zeit später sind wir am Landeplatz wieder vollzählig. Ich bin nicht ganz sicher, doch soweit ich weiß legte Manuel noch eine Toplandung am Startplatz hin. Das soll da vergleichsweise einfach sein und bietet sich deswegen zum Üben an, doch ich für meinen Teil bin erstmal froh, dass das „normale“ Starten und insbesondere das Landen für meine Verhältnisse wirklich gut läuft. Einmal müssen wir noch hoch, um den Bus von Alex und Manuel zu holen und als wir oben angekommen sind, entscheiden die beiden, nochmal runter zu fliegen. Es dämmert bereits als sie starten, doch der Landeplatz ist noch einwandfrei erkennbar. Astrid und ich bringen die beiden Autos nach unten, sammeln die zwei anderen ein und dann wird es höchste Eisenbahn, um noch zu Öffnungszeiten in den einzigen kleinen Supermarkt auf dem Weg zur FeWo zu kommen, denn heute kochen wir selbst und haben noch nix da. Wir schaffen’s gerade so und so kommt am Abend eine leckere Gemüse-Tajine auf den Tisch. 

Sonntagmorgen. Heute geht’s nicht so früh los, denn der Wind wird erst ab etwa Mittag gut anstehen, sagt die Burnair App. Die ursprünglich sonnige Vorhersage hat sich ein wenig verschlechtert und wir müssen immer wieder mit einem wolkenverhangenen Startplatz rechnen. Deswegen starte ich in meinen ersten Abgleiter eine gute Stunde später als am Vortag. Danach ist erstmal wieder Parawaiting, weil der Startplatz immer wieder mal im Nebel liegt, was jedoch nur wenige vom Starten abhält. Der Himmel ist gut gefüllt zwischendurch und als mal so ein ganzer Pulk in einer Wolke verschwindet, kann ich nicht mehr hinsehen. Mich hätte es nicht gewundert, wenn es zu Kollisionen gekommen wäre, doch es ging gut aus. Erst am fortgeschrittenen Nachmittag starte ich erneut, versuche, an der Hangkante etwas von dem Aufwind abzubekommen, doch ich stochere so ein bisschen im Nichts herum. Kein Steigen. Ich bemerke jedoch, dass inzwischen ein relativ starker Talwind eingesetzt hat und entscheide mich dazu, auf mehr oder weniger direktem Weg zum Landeplatz zu fliegen. Die Flugstrecke beträgt inklusive einer halbwegs großzügigen Landevolte so um die 4,5km was bei einem Höhenunterschied von knapp 800 normalerweise auch mit einem Anfängerinnenschirm komfortabel ausreicht. Bei Gegenwind zum Landeplatz sieht die Sache allerdings anders aus. Wenn der Schirm nur noch mit 10-15km/h vorwärts fliegt, geht die Höhe ziemlich schnell aus. Als ich am Landeplatz ankomme, fliege ich direkt in eine kurze Landeeinteilung ohne Positionskreise, lande dann auch gleich ganz sanft und informiere Astrid über Funk über die Windverhältnisse am Landeplatz. Mangels Funk kann ich die anderen beiden leider nicht informieren und so landet Manuel bei einem seiner Flüge einen Landeplatz früher am Campingplatz und Alex muss leider das angrenzende Bohnenfeld nehmen, weil sie gar nicht mehr vorwärts kam. Damit war sie allerdings nicht die einzige. Ein weiterer Flug geht sich an diesem Tag noch aus. Meine Landungen sind super. In fünf Flügen keine Popolandung. Ich lerne so langsam auch, was mir mein Variometer so anzeigt und ich beginne damit, die Informationen für meine Flüge zu nutzen. Natürlich nur in sehr kleinen Schritten, aber immerhin. Nachmittags traf noch ein Spezl von Alex und Manuel, Christian, ein. Er fliegt schon recht lange und gibt seine Erfahrungen immer wieder auch insbesondere an Manuel weiter, der in den vergangenen Monaten hin und wieder mit ihm fliegen gewesen ist. Ein angenehmer Mensch, wenngleich ich sein Pinzgauerisch kaum verstehe. 
Für heute Abend ist Pizzaessen auf dem Plan. Gut und einfach mit einem Becher Bier dazu. Ich weiß nicht woran das liegt, dass Pizzerien in Deutschland häufig nur so Gummifladen mit ein bisschen irgendwas hinbekommen. Ist es so schwer, eine knusprige, fein belegte Pizza mit Geschmack zu zaubern? Anscheinend schon. An diesem Abend ist es gelungen. Gemütlich ist’s zwar nicht, eher ein Takeaway-Lokal, aber die Pizzen sind sensationell lecker. Ein kleiner Laden neben dem kleinen Supermarkt in Travesio. Gut gesättigt fahren wir alle zu unserer FeWo, wo Alex und Manuel und jetzt auch Christian mit ihren Bussen einfach hinterm Haus über Nacht stehen können. Wir trinken noch ein Bier, quatschen und schauen die Wetterprognose für den nächsten Tag an. Die Sonne soll endlich mal rauskommen und, wenn die Prognose zutrifft, soll es auch einen moderaten Aufwind mit eventuell ein bisschen Thermik ab etwa Mittag geben. Das wäre ja mal was. Alle meine letzten fünf Flüge bestanden nur aus Starten, Runterfliegen und Landen. Das wird ein bisschen langweilig mit der Zeit, denn auf so einem ruhigen Flug ist halt auch nicht viel zu tun. Manchmal rolle und nicke ich zwar mal oder ziehe die Ohren ein, doch mal oben bleiben, bisschen schauen müssen, wo es weiter rauf geht und mal in Thermiken ein- und ausfliegen würde die Sache sehr viel spannender machen.

Der letzte Tag ist ein Montag. Der 3. Oktober und wie Frau sich vorstellen kann, sind Start- und Landeplatz fest in deutscher Hand. Die tschechische Flugschule sowie die meisten Österreicher sind abgereist. Leer ist es dennoch bei Weitem nicht. Auch die Dracheflieger:innen aus der Schweiz sind noch da. Der erste Flug ist erneut einfach nur ein „Starten, Landeplatz erreichen, landen“-Flug für alle. Der zweite Flug ist dann allerdings anders. Ich erwische ein wenig Aufwind, fliege aber nicht konsequent genug, um ihn weiter auszunutzen, was Astrid hingegen viel besser gelingt. Ich sehe sie irgendwann weit über mir als ich weiter unten noch vor dem Hang entlang kratze. Sie erwischt zusätzlich einen Thermikbart, der mir zwar auch im Variometer angezeigt wird, doch zwischen mir und dem Bart liegt leider eine Felskante. Sie schafft es, einige Runden darin zu drehen und weiter hoch zu kommen. Das freut mich für sie. So macht fliegen gleich viel mehr Spaß. Von allen anderen weiß ich zu dem Zeitpunkt nix und nach ein paar Mal am Hang kreuzen geht mir so langsam die Höhe aus. Der Flug dauerte trotzdem doppelt so lange als alle anderen vorher, was ich für mich auf jeden Fall als ein äußerst positives Erlebnis abspeichern kann. Die Landung ist Zucker und dann warte ich auf die anderen. Astrid kommt gute 10 Minuten nach mir zum Landen. Alex folgt und auch Katrin ist schön geflogen und kommt zum Landen. Nur von den anderen beiden wissen wir so gut wie nichts. Christian meldete sich zwar zwischendurch per Telefon und meinte, Manuel würde wohl zum Landen kommen, weil er abgesoffen ist, doch am Himmel ist nichts von ihm zu sehen. Kontakt herstellen geht wegen des fehlenden Funks auch nicht und so sitzen wir ewig rum und warten ins Ungewisse. Astrid und ich hatten uns eine Startzeit fürs Heimfahren gesetzt und mit der Warterei wird schnell klar, dass sich für uns kein dritter Flug mehr ausgeht, wenn wir nicht erst spät in der Nacht nach Hause kommen wollen. Blöd. Diese elend langen Auffahrten in diesem Fluggebiet können richtige Showstopper sein. Als es dann auf 14Uhr losgeht, wo wir eigentlich die Heimfahrt starten wollten, und immer noch nix von den beiden anderen gekommen ist, schlage ich vor, dass wir Alex und Katrin halt einfach nochmal hochfahren. Dann haben wenigstens sie alle Möglichkeiten, weil alle anderen Autos außer unserem, am Startplatz stehen, auch wenn das für uns einen wesentlich späteren Start bedeutet. Der Shuttlebus ist, wie die Tage zuvor, ein eher zufälliges Ereignis. 
Unser Auto ist bloß bereits für die Heimfahrt gepackt, also räumen wir es soweit leer, dass außer der Fahrerin noch zwei mit Schirm mitfahren können und Astrid startet mit den beiden nach oben, während ich auf der Landewiese mit unserem Zeug bleibe. Immerhin scheint die Sonne und ich breite mir eine Yogamatte aus, mache es mir bequem und schaue mal nach dem Weg. Eine knappe Stunde später ist Astrid wieder da und wie vermutet, sind Christian und Manuel oben Top gelandet. Wir haben umsonst gewartet. Priml. Zeug wieder ins Auto und los. Wenigstens gibt’s auf der Fahrt nicht mehr ganz so viel Stau und Zirkus, wie auf dem Hinweg. Mit Stopp im Supermarkt und an der Tankstelle schaffen wir es, gegen 22 Uhr an unserer Holzhütte im Ostallgäu zurück zu sein. Bereits auf der Fahrt stellte ich mir die Frage, ob so weit fahren für so wenig fliegen schlau ist. Diese geplanten Fliegeausflüge haben im Grunde den gleichen Charakter, wie die Kurse während der Ausbildung. Ob fliegen geht, weiß Frau erst, wenn sie da ist und inhaltlich ist es dann irgendwie immer das gleiche. Der Betrieb am Start- und Landeplatz in Meduno ist identisch mit dem an einem fliegbaren Sonntag am Tegelberg, obwohl es hieß, Meduno sei etwas weniger stark frequentiert, wie z.B. das nahegelegene Bassano. Dann weiß ich schon, wo ich sicher nicht zum Fliegen hinfahre. So besonders attraktiv ist die Kulisse darüber hinaus auch nicht. Da hat’s mir im Hochgebirge im Wallis besser gefallen und dort ist das Fliegen an sich sehr viel anspruchsvoller. Ein paar schöne Tage waren’s trotzdem, gelernt habe ich auch viel und -mir besonders wichtig- alle Landungen gingen ohne Stolperer oder Bodenkontakt mit den Extremitäten aus. Und wir starteten mehrmals erfolgreich per rückwärts aufziehen. Und ich durfte ganz viel Freizeit mit meinem Lieblingsmenschen bei den Dingen verbringen, die uns beiden Spaß machen.

Flugreise nach Meduno in Italien, 29.09.-03.10.2022

Kurz nachdem wir unsere Fluglizenzen zugesandt bekommen haben, fragten Alex und Manuel, ob wir Ende September zum Fliegen nach Meduno mitkommen wollen. Sie hätten über ihren Verein in Saalfelden die Info bekommen, dass es dort ganz fein zum Hangsoaren sein soll aber gleichzeitig nicht so überlaufen ist wie Bassano. Eine ganze Woche konnten wir dafür nicht freinehmen, doch 2 Tage, um das eh schon lange Wochenende zu verlängern, waren drin. Wir lernen ein neues Fluggebiet kennen. In Italien.

Nachdem wir unsere Flugprüfung bestanden hatten und unsere Lizenz wenige Tage später in den Händen hielten, waren wir ein bisschen stolz, es trotz einiger Unwägbarkeiten doch noch vor dem Frauenfliegen in Lenk geschafft zu haben. Von der Veranstaltung hörte ich das erste Mal, als ich mit Katrin Ganter in Kontakt kam. Schuld war Erika Dürrs Podcast ulligunde (p)lauscht, in dem wir beide in jeweils einer Folge zu hören sind (meine Folge ist im Blog verlinkt) und so bestand der Wunsch, daran teilzunehmen schon eine ganze Weile. Der Pferdefuß war einfach nur, ob wir bis dahin unsere Lizenz haben. Diese Frage war ja nun beantwortet, weswegen wir quasi unmittelbar nach der bestandenen Prüfung die Anmeldungen auf den Weg brachten.
Einige weniger gute Erfahrungen im Hinblick auf meine Transidentität, wenn ich meinen kleinen Kosmos zu Hause verlasse, ließen in mir ein paar Zweifel aufkommen, ob es eine gute Idee ist, an so einem Event teilzunehmen, wo mehr oder weniger ausschließlich Frauen anzutreffen sein werden, von denen ich nicht weiß, wie sie zu dem Thema eingestellt sind. Es gibt ja wirklich radikale feministische Exemplare, die sich nahezu bedroht fühlen von Menschen wie mir, die mir den Aufenthalt ganz schön vermiesen könnten. Mein Kopf schon wieder. Ich nehme zu Katrin Kontakt auf, um ihre Meinung dazu zu erfahren. Ich solle einfach kommen und mir keine Gedanken machen. Es wird gut.

Ursprünglich hatten wir vor, erst freitags zu Hause loszufahren, doch nachdem wir einen Blick aufs Programm geworfen hatten, verlängerten wir die gebuchte Ferienwohnung um einen Tag nach vorne, damit wir die Anmeldung und das Freitagsvormittagsprogramm nicht verpassen. Hieß auch, donnerstags nach der Arbeit starten und spät am Abend an der FeWo ankommen. Wir hatten ein wenig Mühe, das unbeleuchtete alte Häuschen ohne erkennbare Hausnummer bei Dunkelheit und Regen zu finden, doch so viel Auswahl gab es nicht und nach einer kurzen Suche zu Fuß im Dunkel fanden wir den Eingang. Über die Unterkunft war ich ein klein wenig entsetzt und hatte große Lust, für die nächsten Nächte etwas anderes zu suchen. Das Mobiliar war aus den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts, das Licht in der Küche bestand aus einer nackten Industriehallennoenröhre und es gab kein Internet. Gemütlich geht definitiv anders. Die Suche nach was anderem endete sehr schnell, denn zum einen gab’s fast nix mehr und was zu haben war, lag preislich in einem für mich unerreichbaren Universum. Eine Alternative hätte noch sein können, sich im Massenlager im Kurs- und Sportzentrum in Lenk, kurz Kuspo, unterzubringen, wie viele der anderen Teilnehmerinnen, aber dazu hätte ich meine Komfortzone sehr weit verlassen müssen. Na ja, wird schon irgendwie gehen. Die erste Nacht in einem schlimm knarzenden Bett, in dem frau fast hätte seekrank werden können, war nicht erholsam. Noch am Abend kam eine Planänderung des Programms per Telegram-Nachricht, dass wegen des regnerischen Wetters alles erst 3 Stunden später startet. Mit fliegbarem Wetter rechnete niemand an diesem Tag und so wurden auch die eigentlich für den Abend geplanten Vorträge kurzerhand auf den Nachmittag vorgezogen. Darüber war ich nicht traurig. Es machte möglich, dass wir an diesem regnerischen Freitagmorgen ohne Eile in den Tag starten konnten mit einer heißen Dusche, lecker Frühstück, Zeit, um noch ein paar Dinge im Coop zu beschaffen, weil wir uns die Option offenhalten wollten, im Zweifel selbst zu kochen, statt das inkludierte Abendessen im Kuspo einzunehmen, und dann tuckerten wir nach Lenk, wo ab 11 Uhr die Anmeldung startete. Ich fand’s ein bisschen aufregend, als ich mich das erste Mal unter all die Frauen wagte, einen Grund dafür gab es jedoch nicht, wie ich sehr schnell bemerkte. Als erstes trafen wir noch am Parkplatz auf Katrin, die einen lustigen bunten Rock aus lauter Tüllstreifen trug. Wir lernten später, was es damit auf sich hat. Und dann ging’s zur Anmeldung, wo reges Treiben herrschte. Das zweite uns bekannte Gesicht tauchte auf, Vreni. Vergangenes Jahr trafen wir uns zufällig am Hündlekopf, wo wir sie beim Aufstieg begleiteten und uns die gute halbe Stunde sehr angeregt unterhielten. Einfach so. Wir blieben über Facebook lose in Kontakt und wir erfuhren lange vor dem Event, dass sie auch dort sein wird. Im Gegensatz zu uns nimmt sie aber nicht einfach nur teil, sondern ist ganz ordentlich in Organisation und Koordination mit eingespannt, weswegen sie an der Anmeldung hinter dem Tisch steht. Die erste herzliche Umarmung folgt. Volle lieb. Nach dem Scannen unseres QR-Codes auf dem Ticket, füllen wir noch eine Teilnahme am Gewinnspiel mit aus, es gibt einen Groundhandling-Schirm zu gewinnen, und werden von der lieben Frau vom Nova-Stand mit kleinen Präsenten überhäuft. Der Wahnsinn. Damit ist der Teil Anmeldung erledigt, doch es ist noch so viel Zeit übrig bis die Begrüßung stattfindet. Zufällig haben zwei Frauen von der Firma ParaCyclage hier schonmal ihren Verkaufsstand provisorisch eingerichtet. Sie sind auf die Idee gekommen, dem hochwertigen Tuch ausgemusterter Schirme ein zweites Leben zu schenken, indem sie lauter coole Sachen daraus schneidern. Vom kleinen Geldbeutel, über eine „Ich-verliere-mein-Smartphone-nicht-beim-Fliegen“-Schnur bis hin zu gefütterten Kapuzenjacken, Taschen, Umhängebeutel, Windjacken, mit Ärmel, ohne Ärmel, mit Kapuze oder ohne. Wir stöbern, finden natürlich auch was und lernen, dass die beiden später ihren Stand zum Landeplatz umziehen werden, wo sie uns quasi die ganzen 3 Tage zur Verfügung stehen. 
Als wir bemerken, dass die Wolken sich ein wenig verzogen hatten und sogar die Sonne mal blinzelt, gehen wir ein wenig vor die Tür und sind sofort in Gespräche verwickelt. Es gibt bezüglich mir, so nahm ich das bis dahin wahr, überhaupt keinerlei Aufregung. Das ist toll. Ein paar neugierige Blicke gibt’s schon, doch ich sehe den Menschen normalerweise an, ob es Neugier oder Unverständnis bzw. Ablehnung ist. Letzteres ist aber allen hier völlig fremd. Später und im Verlauf der nächsten Tage gibt es einige Frauen, die ganz interessiert auf mich zu kommen und mehr über mich erfahren wollen und wir quatschen viel und lange über alles mögliche.

Bei der Begrüßung, die dann sogar draußen stattfinden kann, weil es grad nicht mehr regnet, erklärt Katrin, was es mit dem lustigen Rock auf sich hat. Er ist nämlich eine Art Wandertrophäe für dieses Wochenende, bei dem die Trägerin nach eigenem Ermessen den Rock an Menschen weitergeben darf/soll, wenn sie der Meinung ist, jemanden gefunden zu haben, der diese Ehre aus welchen Gründen auch immer verdient. Eine witzige Idee. Es folgt noch ein Maori-Tänzchen, um besseres Wetter zu bewirken, und ein Gruppenfoto von allen Anwesenden ist noch zu schießen, bevor wir in den Nachmittagsteil mit einigen sehr interessanten Vorträgen einsteigen. So spricht Fatemeh aus dem Iran über die Zustände im Land und ihre Bemühungen, die sie seit Jahren unternimmt, um für Frauen mehr Rechte zu erlangen und die Schranken in den Köpfen abzubauen. Sie ist eine der ersten Frauen dort, die überhaupt mit dem Gleitschirm auf Strecke gingen und gehen, was erstmal nicht selbstverständlich ist und in der Männerwelt sehr skeptisch betrachtet wird, bis hin zu dem Spruch „Sie sei dann wohl gar keine richtige Frau, wenn sie so etwas tut“. Da braucht’s noch viel Aufklärung und Hartnäckigkeit. 
Vera spricht über ihre Leidenschaft fürs Filmen und Fliegen und hat es als erste Frau geschafft, solche Großveranstaltungen wie die Red Bull X-Alps als feste Kamerafrau begleiten zu dürfen. Frau muss einfach dranbleiben und nie aufgeben, um die eigenen Träume wahr werden zu lassen. 
Und dann war da noch Flavia. Eine sportliche junge Frau, die Skirennen fuhr und nach einem schweren Unfall die Diagnose Querschnittslähmung bekam. Sie springt auf ihren eigenen Beinen vor den Zuhörenden herum und erzählt ihre Geschichte, wie sie in kleinen Schritten während der letzten Jahre irgendwann wieder aus dem Rollstuhl heraus auf die Ski drauf kam und heute ein fast normales Leben führen kann. Sehr beeindruckend. Die Botschaft der Vorträge ist eindeutig: Gib nicht auf und tue, wonach dir ist, egal, was die anderen sagen, sei dir genug und bleib unbequem. Der bis dahin sehr inspirierende Nachmittag wird damit fortgesetzt, dass wir zu Fuß ein paar hundert Meter weiter zum Landeplatz an der Metschbahn-Talstation gehen, wo Apero (der schweizerische Begriff für den Appetithappen vor dem eigentlichen Essen inklusive des Austauschs von Informationen und Neuigkeiten zwischen den Teilnehmenden) und diverse Kaltgetränke bereitstehen, insbesondere sind viele, viele Gläser mit Aperol Spritz vorbereitet. Die Sonne lässt sich sogar blicken, was die Sache sehr viel angenehmer macht, denn hier in Lenk, so scheint es, ist der Herbst bereits in vollem Gange. 
Ich inspiziere den Landeplatz und finde erstmal, dass es einer der kleinsten ist, die ich bisher zum Landen zur Verfügung hatte. Er ist praktisch auf allen Seiten so begrenzt, dass es wenig bis keine Ausweichmöglichkeiten gibt, ganz besonders dann, wenn der übliche Talwind eingesetzt hat. Höhe abbauen, sprich die Position, findet laut Info in der burnair App über einer bewohnten Fläche statt, was ich eigentlich immer sehr merkwürdig finde, aber häufig vorkommt. Nun ja. Heute spielt das erstmal keine Rolle, wir nehmen 1,2,3 Aperol Spritz, knabbern am Apero, lernen einige andere Teilnehmerinnen kennen mit denen wir uns vorzüglich unterhalten und so vergeht die Zeit bis zum Abendessen wie im Flug. Ich nehme wahr, so mitten in der großen Gruppe an Frauen stehend, dass meine Transidentität niemanden anhebt und ich so akzeptiert werde, wie ich bin, eine Frau unter anderen Frauen. Das tut richtig gut, ehrlich gesagt. So ein Gefühl kommt nicht so häufig um die Ecke.
Als wir in Richtung Kuspo aufbrechen, wo das Abendessen auf uns wartet, hat sich’s die Sonne wieder anders überlegt. Auf dem Weg beginnt es richtig zu regnen. Das tut dem supernetten Gespräch mit Heidi und Sina aber keinen Abbruch und wir suchen uns ein Plätzchen am gleichen Tisch, um während des Futterns weiter zu babbeln. Kurz bevor sich der Abend aufzulösen beginnt, kommt Judith zu mir rüber und überreicht mir den „Rock der Ehre“ sinngemäß mit den Worten, sie hat sich den Podcast mit mir bei Ulligunde (p)lauscht angehört und ich mit meiner Geschichte hätte es auf jeden Fall verdient, diesen Rock für eine Weile tragen zu dürfen. Ich weiß in dem Moment gar nicht so richtig, was ich sagen soll, nehme ihn dankend entgegen und schlüpfe rein. Auch wenn er ehrlich gesagt etwas albern wirkt, so ist der Sinn dahinter ein klarer Fall und es wäre mir nie in den Sinn gekommen, das Tragen abzulehnen. So sind Astrid und ich dann gut gelaunt mit viel neuem Input in unsere urselige Unterkunft gefahren. Mit der hatte ich mich inzwischen versöhnt, denn wie sich herausstellt, werden wir dort wirklich nur zum Schlafen und Frühstücken sein. 

Am nächsten Morgen sagt der Wetterbericht, dass es eventuell ab Mittag mit Fliegen was werden könnte, allerdings hat es in der Nacht bis auf etwa 1700m runter geschneit und der Morgen schaut eher schon winterlich als herbstlich aus. Kalt ist es auch, doch der Wind soll gut werden. Für den Vormittag konnte Bernie Hertz von Burnair gewonnen werden, der über seine Anwendung bzw. App referierte, die nach meinem Empfinden wirklich neue Maßstäbe in Sachen Werkzeuge fürs Fliegen setzt. Wir nutzen die App bereits seit Beginn unserer Ausbildung, da seiner Zeit Chris Geist die Verbreitung stark vorantrieb. Zu Recht. Bernie redete fast 3 Stunden lang über alle Funktionen, doch es wurde nicht langweilig. Selbst für uns nicht, wo wir dachten, wir wüssten schon ein paar Dinge. Da hat er echt was cooles geschaffen. Gegen Mittag werden plötzlich alle ein bisschen nervös und es kommt Aufbruchstimmung auf. Judith beginnt damit, Tickets für die Seilbahn zu verkaufen, die wir für einen vergleichsweisen kleinen Preis bekommen können. Ich gehe davon aus, die Betreiber der Metschbahn gaben sie zu einem Sonderpreis fürs Frauenfliegen heraus, was ich wirklich sehr nett finde, mal abgesehen davon, dass an diesem Samstag praktisch niemand außer den Fliegefrauen hochgefahren ist. Doch die Bahnbetreiber taten, glaube ich zumindest, noch mehr. So ließen sie die Toiletten an der Talstation extra für uns etwas länger auf, damit wir freitags und samstags während des Aperos eine Anlaufstelle haben. Zurück zum Fliegen. Astrid und ich wollen noch grad mit Bernie reden, weil mein neues Skytraxx sich nicht über einen WLAN Hotspot mit meinem Telefon verbinden konnte, doch seine Anwesenheit allein genügt anscheinend, denn es gelang auf Anhieb. Inzwischen hege ich die Vermutung, der technische K.O. liegt daran, dass es bei uns zu Hause von keiner Sorte irgendein Mobilnetz gibt. Mitten in Deutschland. Als das dann quasi geklärt ist, machen wir uns auf zum Landeplatz, schließen uns nochmal kurz der Landeplatzeinweisung durch Tomoko an, bevor wir uns in die Fliegerklamotten gepackt mit Schirm und Gurtzeug in die Bahn setzen. Mit jedem Meter nach oben wird’s weißer und kälter, was aber erstmal kein Problem darstellt. Nachdem wir oben aus der Gondel gefallen sind, wackeln wir dem Pfad nach zum Startplatz und wir merken unterwegs, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, wo wir starten könnten. Der erste Platz ist etwas matschig und ich habe das Gefühl, der Wind steht dort nicht so gut an (ein Problem deutscher Pilotinnen ;-)). Wir entscheiden, zum nächsten, etwas höher gelegenen Startplatz zu gehen, wo die Windfahne gerade perfekte Startbedingungen anzeigt. Das Feld der hinaufkommenden Pilotinnen entscheidet in der Masse anders und geht zum erstgenannten Startplatz. Bei uns allerdings mit dabei ist Christina aus Berlin. Sie hat erst vor wenigen Tagen ihre Lizenz bekommen und steht sozusagen unmittelbar vor ihrem ersten Alleinflug. Das ist eine hohe Hürde, wie Astrid und ich selbst aus jüngster Vergangenheit wissen, doch wir hatten das Glück, bei Sonnenschein in einem uns bekannten Gebiet diesen Schritt gehen zu können. Christina hat ihre Ausbildung in Tirol und in den Vogesen gemacht. Bei dem Wetter in Lenk ist das demnach eine echte Herausforderung. Ich verliere sie jedoch zunächst aus den Augen, als ich mich auf meine Startvorbereitung konzentriere.
Weil genug Platz ist, beginnen Astrid und ich damit, uns startfertig zu machen, Schirm aus dem Rucksack, Rucksack auf links drehen, denn das ist gleichzeitig unser Gurtzeug, Variometer ans Bein, Helm auf, alles, was nicht zum Fliegen gebraucht wird, ins Gurtzeug zurück und dann suchen wir ein Plätzchen, wo wir im Schnee auslegen können. Just in dem Moment, wo ich praktisch startfertig da stehe, dreht der Wind und kommt jetzt von der Seite, sodass ich im Lee stehe. Susi, eine erfahrene Pilotin, die quasi gleich hinter mir auslegen will, weißt mich darauf hin und hilft mir (neben noch einer ganz lieben mir leider Unbekannten), meinen Schirm an einer geeigneteren Stelle wieder startklar zu machen. Da hab‘ ich wieder gedacht, einen Typen hätten frau wahrscheinlich explizit um Hilfe bitten müssen. Hier passiert das fast magisch von alleine. Aber nun ist alles tipptopp, ich ziehe auf und bin nach wenigen Schritten in der Luft. Was ich am Morgen noch für undenkbar hielt, ist nun da. Obwohl Schnee und später Graupel am Startplatz das Bild bestimmen, so sind die Luft und er Wind einwandfrei für zumindest einen Abgleiter. Ich schwebe raus, es gibt ein paar Wildschutzgebiete zu berücksichtigen, die nicht so dicht überflogen werden sollten, doch da bin ich gleich drüber und so hoch, dass es keine Rolle spielt. Fühlt sich gut an. Der Flug ist erwähnenswert ruhig und dauert wegen des großen Höhenunterschieds zwischen Start- und Landeplatz so lange, dass ich auch einfach mal in Ruhe in der Gegend rumschauen kann. Dabei fallen mir zwei Dinge auf: Frau sollte unbedingt auch in der Gegend rumschauen, denn es starten unentwegt weitere Pilotinnen und es wird wichtig, vor Kurven mal einen Blick über die Schulter zu werfen, ob der neue Weg überhaupt frei ist und ich bemerke, dass ich völlig verkrampft in meinem Gurtzeug sitze. Seit Monaten wundere ich mich, dass ich nach dem Fliegen immer Muskelkater im Bauch, in den Oberschenkeln und vor allem in den Fußhebern habe. Das liegt daran, dass ich während der gesamten Flugzeit bei allen meinen bisherigen Flügen immer unterbewusst meine Beine und Füße aktiv hochziehe. Schön, dass mir das nun mal auffällt. Ich versuche mich aktiv zu entspannen. Sehr ungewohnt. Ich habe fast das Gefühl, vorne aus dem Gurtzeug zu rutschen. Doch das nächstgrößere hatte sich damals beim Aussuchen viel zu groß angefühlt und bei beiden reichte die Beinauflage bis maximal Mitte Oberschenkel bei mir. Ich kenne das Problem auch von Autositzen. Da habe ich bei einigen Modellen häufig das Gefühl, nur vorne auf der Kante zu hocken. Doch aus dem Gurtzeug fallen ist nicht möglich, es sei denn, ich hätte es nicht richtig verschlossen, was mir beim Startcheck hätte auffallen müssen. Einfach weiter aktiv loslassen. Es geht. Zumindest bis ich an meine Landeeinteilung komme. Landen ist nach wie vor mein Schmerzthema. Aktuell herrscht wegen der fehlenden Sonneneinstrahlung Bergwind, weswegen eine Rechtslandevolte angebracht ist, deren Endanflug von der Talstation der Bergbahn und vom Parkplatz weg führt und wenigstens eine Ausweichmöglichkeit bietet, wenn frau sich mit der Höhe sehr verschätzt haben sollte. Ich fliege solange in der Gegend rum, bis ich in der Position mit ein oder zwei Kreisen auskomme, behalte während des Peilens auf die Landewiese immer auch mein neues Spielzeug, das Skytraxx 2.1, im Auge, weil ich ein Gefühl dafür bekommen möchte, was während der Landeeinteilung ganz passable Höhen über Grund in Zahlen sind. Landen hängt natürlich von ein paar mehr Faktoren ab, als nur von der Höhe, doch ich möchte trotzdem wissen, was gute Anhaltspunkte sind, wenn so ein Ding schonmal an Board ist. Außerdem fand ich es ganz hilfreich als es darum ging, zu wissen, wo der Wind herkommt. Ich tue mich häufig schwer damit, während der Landeeinteilung die Windfahnen zu finden und deren Verhalten zu interpretieren, wobei es meist an erstgenanntem scheitert, weil die Dinger einfach oft von oben nicht oder nur schwer zu sehen sind. Ein Plus für die Technik. Mit etwa 25 Meter über Grund biege ich in den Endanflug ein, treffe den Landeplatz komfortabel und hätte bloß ans Laufen denken sollen, dann wäre es gut geworden. Irgendetwas ist in mein Hirn eingebrannt, was mich dazu veranlasst, mit hartnäckiger Dummheit auf beiden Füßen zu landen. Wenn frau mit ein paar km/h aber ankommt, sollte sie laufen können nach dem Aufsetzen und nicht versuchen, stehen zu bleiben. Also da gibt es noch viel Potenzial für Verbesserungen. Wir hatten allerdings zu dem Zeitpunkt auch fast keinen Wind mehr. Mit etwas Gegenwind geht stehenbleiben sogar meist. Egal. Der erste Flug fürs Wochenende war ein Erfolg. Astrid landet wenige Minuten hinter mir und wir entscheiden, gleich nach dem Zusammenpacken wieder hochzufahren. Bis zum Apero und Aperol Spritz ist noch viel Zeit übrig.

Eine voll nette Pilotin aus dem Wallis, an deren Name ich mich leider nicht erinnere, leistet uns in der Gondel nach oben Gesellschaft. Sie fragt noch, ob es ok für uns ist, wenn sie ihren Dialekt spricht und wir als weltgewandte Tussies stimmen selbstredend zu, doch das ging mindestens für mich nach hinten los. Ich hab‘ wenig bis nichts verstanden, aber es war sehr lustig. Astrid lachte Tränen über ihre Stories. Gut gelaunt steigen wir oben aus, es graupelt etwas mehr. An unserem ersten Startplatz steht die Windfahne irgendwie für uns nicht gut, also biegen wir ab und erreichen auf schlammigen Pfaden den Startplatz direkt unterm Bergrestaurant. Ich entdecke Christina wieder. Sie konnte sich bisher nicht durchringen zu starten und hat in der Zwischenzeit den Startplatz gewechselt. Meinem Bauch gefällt die Wetterentwicklung zu diesem Zeitpunkt nicht, obwohl die Flugbedingungen objektiv betrachtet nicht schlechter geworden sind. Nach kurzer Abstimmung mit Astrid, wollen wir zunächst nicht auslegen. Ich möchte mich zu nichts zwingen oder mich selbst überreden müssen. Die Bahn fährt fürs gleiche Geld auch in die andere Richtung und auf den Bauch zu hören hat sich bewährt. Weil es aber noch früh am Nachmittag ist, bleiben wir trotzdem oben und beobachten das Treiben. Astrid erkennt, dass es für einige hilfreich wäre, wenn sie unmittelbar vorm Starten irgendeine Information hätten, wie es um den schwachen Wind steht. Sie schnappt sich den Windanzeiger, den wir tags zuvor von Nova geschenkt bekamen und stellt sich mitten auf dem Startplatz mit Finger und Band in der Luft auf, damit alle gut sehen können. So bleibt sie dann fast 2 Stunden stehen und ist sehr vielen eine gute Hilfe. Das Bild, das von ihr in dieser Position entsteht, ist nach meinem Empfinden eines der prägendsten dieser Veranstaltung. Ich für meinen Teil beginne damit, den anderen beim Auslegen zu helfen, damit sie nicht so viel im Schlamm rumspringen müssen und schonmal ihre Leinen sortieren können während ich mit dem Schirm beschäftigt bin. So kommt mir unter anderem Susis Schirm unter die Finger. Wir erkennen uns wieder, schnacken kurz und sie freut sich um die Hilfe. 
Andere beginnen, es mir gleich zu tun und helfen den Pilotinnen am Startplatz. Trotz so vieler Menschen hier, die zum Fliegen hinaufgekommen sind und trotz der etwas unkomfortablen Bedingungen, läuft es völlig tiefenentspannt. Kein Testosteron. Keine Bullen, die mit großen Hörnern breitbeinig laufen müssen. Dann ist’s wohl einfacher?
Entschuldigung. Ich habe Vorurteile.

Nach einer Weile gesellt sich Heidi zu mir. Wir hatten gestern schon ein bisschen gequatscht. Ich weiß, dass sie unter anderem als Fluglehrerin unterwegs ist. Wir analysieren die Starts und ich lerne erneut mit gespitzten Öhrchen. Ich mag Heidi. Ein entspannter Mensch. Zeitlich nähern wir uns so langsam der Apero-Zeit. Mein Bauch hat sich inzwischen umentschieden und ist positiv. Fliegen geht und als ich kurz zu Astrid rüber sehe, stimmen wir uns wortlos ab, dass wir nicht mit der Bahn runterfahren, sondern fliegen. Der Andrang ist inzwischen deutlich weniger geworden. Wir legen aus, auch wenn es mich ein wenig schmerzt, meinen weißen Pi3 auf Schnee, Schlamm und Kuhscheiße auszubreiten, aber es tritt ja niemand drauf. Er liegt einfach nur da bis ich meine Leinen sortiert hab und freut sich dann auf’s Abheben mit mir. Rede ich mir ein. Überraschend für mich legt Christina neben mir ebenfalls aus. Sie will es versuchen. Cool. Nach so langer Zeit des Wartens hätte ich damit nicht mehr gerechnet. Sie startet kurz hinter mir. Flug #2 wartet für Astrid mit einer Überraschung auf, denn ein paar Sonnenstrahlen genügen offensichtlich, eine kleine Thermik zu erzeugen, die sie erwischt und kurz nach oben trägt. Sie berichtete, dass ihr Skytraxx das ebenfalls mitbekommen hat und ihr zeigte, wohin sie wie fliegen muss, um drin zu bleiben. Das tut sie dann auch, kreist ein oder zweimal hoch, was sie aus dem Häuschen bringt. So macht fliegen noch viel mehr Spaß. Und so kommt sie etwas später als ich zum Landen, obwohl sie vor mir gestartet ist. Sehr geil. Christina schwebt ebenfalls kurz nach uns ein und landet schön.

Pünktlich mit unserer letzten Landung startet praktisch der Apero und die Aperol-Spritz-Bar ist hergerichtet. Auch eine Leistung, für so viele Mädels pünktlich mindestens 100 Kaltgetränke parat zu haben. Manche üben sich noch ein wenig im Groundhandlen, die meisten anderen gehen zum eher gemütlichen Teil über. Die Sonne blinzelt immer mal wieder durch und beim Quatschen verfliegt die Zeit. Wir finden neue Gesprächspartnerinnen. Unter anderem Fatemeh. Mich würden die Länder des nahen Ostens schon irgendwie interessieren. Gerade der Iran soll sensationell schön sein und von Meer bis hohen Bergen alles bieten, was unsere Herzen höher schlagen lässt, mal abgesehen von dem wahrscheinlich super leckerem Essen, was dem Ganzen die Krone aufsetzen könnte. Doch bisher ging ich davon aus, dass solche Länder für mich tabu sind solange streng religiöse Fanatiker, in der Regel alte weiße Männer in lustigen Kleidern, an der Macht sind und selbst danach weiß niemand, wie die teilweise radikale Bevölkerung so tickt. Weil ich nicht bereits am Flughafen gesteinigt werden will, dachte ich gar nicht weiter drüber nach, ob das mal ein Ziel sein könnte. Fatemeh berichtet völlig überraschend, dass Transidentität überhaupt kein Problem sei im Iran. Normalerweise würde das mindestens toleriert und ich würde wahrscheinlich weitgehend in Ruhe gelassen. Das Killerkriterium hingegen ist unsere gleichgeschlechtliche Beziehung. Darauf reagieren Polizei und öffentliche Stellen allergisch, weil es schlichtweg verboten ist und wir uns strafbar machen würden. Einreisen ginge also, solange wir die Finger voneinander lassen. Bei aller Überraschung wäre das für mich trotzdem das Ausschlusskriterium. Aber gut zu wissen.

Wir tingeln weiter, kaufen nochmal was bei ParaCyclage ein, Astrid probiert bei Neo aus, wie sich so ein Liegegurtzeug anfühlt und wie Frau da so rein und raus kommt. Es geht überraschend einfach und auch das drin „liegen“ sei entspannt. Man müsse die Beine nicht aktiv oben halten und auch so etwas, wie der Beschleuniger ist leicht zu finden und zu treten. Ein Leichtgurtzeug für Bergsteigerinnen läuft uns über den Weg und wir lernen, dass es dafür sogar Protektoren gibt, wenn fliegen ohne nicht in Betracht kommt. Sehr interessante Rucksäcke dürfen wir begutachten. Sehr leicht, trotzdem geräumig und mit allem ausgestattet, was Frau braucht, wenn sie zum Bergsteigen geht und dann runterfliegen will. Wie üblich gibt es das Damenmodell in schön und das Herrenmodell, das aufgrund meiner Geometrie notwendig wäre, in semischön. Doch dann passiert etwas super cooles. Claude, die den Stand betreut, kommt auf mich zu, wir sprechen kurz über mein Thema, sie versteht und bietet an, einfach mal nachzufragen, ob es möglich ist, dass ein Herrenmodell in den Damenfarben hergestellt werden kann. Das würde mich begeistern. Bin sehr auf die Rückmeldung gespannt. Denn nach meinen bisherigen Flugerfahrungen ist ein „Mountaineering&Fly“ nicht mehr so unwahrscheinlich, wie bisher angenommen.
Als die Apero-Zeit sich dem Ende zu neigt, helfen wir noch ein wenig, die Stände in den „Nachtmodus“ zu versetzen, tuckern dann zurück zum Kuspo, wo das Abendessen mit Grillgut auf uns wartet und verbringen den Abend erneut mit guten Gesprächen, lernen noch mehr coole Mädels kennen und sinken voll mit neuen Eindrücken ins Bettchen. Der schönste Tag der Woche wartet auf uns.

Der Sonntag beginnt sofort mit flugfähigem Wetter. Im Kuspo holen wir uns bei Judith zwei Liftkarten ab, bekommen aber nur eine gegen Geld, denn die organisierenden Mädels entschieden, dass Astrids stundenlange Aktion mit der Windfahne im Schnee- und Graupelregen tags zuvor mindestens eine Liftkarte wert ist und sie heute umsonst fahren darf. Das ist ganz schön lieb. Mit den Karten in der Hosentasche geht’s auf direktem Weg zum Landeplatz, wo wir kurz den Wind checken und dann gleich in die Bahn nach oben steigen. Ab Bergstation stapfen wir gleich weiter zum höher gelegenen Startplatz, wo die Windfahne perfekte Bedingungen anzeigt und wir gar nicht lange rumfackeln. Wir sind die ersten, die heute starten. Natürlich ist es noch so früh, dass sich mit Thermik oder Aufwind nichts ausgeht, doch das macht überhaupt nix. Dieser erste Flug in der Sonne mit wahnsinniger Bergkulisse, die endlich mal ganz zu sehen ist, nach zwei Tagen Schlechtwetter, ist sensationell. Schön ruhig, Zeit zum Genießen und Schauen. Ich rolle und nicke mal ein wenig. Bei so viel Höhenunterschied, wo es eh nur runter geht, nutze ich die Gelegenheit und fliege auch noch das Manöver „Ohrenanlegen“. Als wir landen und unser Zeug zusammenraffen, kommt Jutta mit der Kamera vorbei und hält den Moment in einer superschönen Aufnahme von uns beiden fest. Ein Traum. Und gleich wieder hoch. Wir wollen die wenige Zeit nutzen, die uns heute zum Fliegen zur Verfügung steht. Eine lange Heimfahrt steht uns an dem Tag auch noch bevor. Bei den nächsten beiden Flügen wird es immer thermischer und windiger, die Flüge entsprechend unruhiger, doch das hebt mich nicht mehr so an, wie noch vor wenigen Wochen. Astrid gelingt es, eine Thermikblase per Variometer anzusteuern und kreist das erste Mal ein bisschen nach oben. Mir hingegen gelingen die Landungen immer besser, was für mich ein wichtiger Punkt ist. Zwar habe ich irgendwie ziemlich fest im Gehirn verdrahtet, immer mit zwei Füßen gleichzeitig auf zu kommen, was beim Landen mit dem Gleitschirm völliger Unsinn ist, weil das automatisch das Weiterlaufen verhindert, doch ich konnte mich verbessern, was die Landeeinteilung und das Timing fürs Abfangen angeht und manchmal ist mir auch das kurze Weiterlaufen gelungen. Es gab keine Popolandung mehr. Der dritte Flug an diesem Tag ist gleichzeitig unser letzter und wir dürfen sehr positive Erfahrungen zum Abschluss mit nach Hause nehmen, was für die nachfolgenden Flüge von unschätzbarem Wert ist, wie sich zwei Wochen später in Meduno zeigen wird. Es gibt noch etwas, was mich unglaublich freute: Kurz vor unserer letzten Auffahrt redet mich Zora an, ob sie ein Bild zusammen mit mir haben darf. Sie hat einen guten Freund, der nach meinem Empfinden, was sie über ihn berichtet, so ein bisschen auf der Schwelle zu seiner Weiblichkeit steht. Sie möchte ihm zeigen, wie ich damit umgehe, um ihn zu ermutigen, seinen Weg, wie auch immer der aussehen wird, weiter zu gehen. Ganz wichtig: Meine schwarz lackierten Fingernägel müssen gut zu sehen sein. Schaffen wir. Zora und Susi gesellen sich auf unserer letzten Fahrt zu uns in die Gondel und wir quatschen weiter. Susis Nachbar lebt seit kurzer Zeit in seiner richtigen Geschlechterrolle, lerne ich, und er freut sich über seine Fortschritte während seiner Transition Frau-zu-Mann. Aus dem Grund ist Susi auch ein wenig an meinem Leben interessiert und was so meine Erfahrungen im täglichen Leben nach dieser doch einschneidenden Veränderung sind. Ähnliche Gespräche gab es bereits an den Abenden vorher mit ganz verschiedenen anderen Frauen und was mich besonders freut ist, dass sich auch ein paar jüngere Mädels dafür interessierten. Geglotzt und gegafft wurde übrigens überhaupt nicht. Allerhöchstens interessiert geschaut. Das ist ein großer Unterschied.

Danke für dieses tolle Fest und an die vielen lieben Frauen, die sich hier zum Fliegen, zum Austausch, zum Quatschen und Kennenlernen eingefunden haben. Weil die Welt der Pilotinnen trotz stark steigender Zahl an neuen Fliegenden recht überschaubar ist, werden wir sicher einige hier und da an den Startplätzen dieser Welt wieder treffen (zwei Wochen später in Meduno war es nämlich schon soweit. Da ist uns Katrin über den Weg gelaufen).

Frauen Gleitschirm Fest 16.-18.09.2022

Ob wir an diesem Fest teilnehmen können, stand einige Zeit in den Sternen, denn, wie in den Geschichten zur Ausbildung zu lesen ist, gab es da ein paar Hürden wegen Wetter, Verletzung und merkwürdigen Menschen, bis wir endlich unsere Fluglizenz in den Händen hielten. Doch es ging sich alles aus. Unmittelbar nach bestandener Flugprüfung meldeten wir uns an, obwohl ich mir unsicher war, ob ein Mensch, wie ich, auf so einem Fest nur für Frauen tatsächlich willkommen bin. Es soll da ja ein paar radikal feministische Strömungen geben, die Transmenschen als das Schlupfloch für kriminelle Energien ansehen, das dazu genutzt wird, die eigenen Kreise zu infiltrieren. Oder so ähnlich. Mein Kopf schon wieder.

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