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Flugreise ins Gsieser Tal, 30.01.-02.02.2025

Der Start mittwochs nachmittags warf als erstes die Frage auf, wie es mit der neuen, längeren Baustelle auf der Brennerautobahn laufen wird, wobei meine Annahme selbstredend vom schlimmsten Fall ausging und mein besseres 7/8 selbstredend genau den anderen Fall visualisierte. Pessimilla hatte nicht recht, wir sind sehr gut durchgekommen, wurden herzlich empfangen, bezogen in aller Ruhe die sogenannte Firstkammer in einem mehrere hundert Jahre alten aber sehr gut modernisierten Bauernhaus und kurze Zeit später kam schon etwas Leckeres zum Essen aus der Küche heraus. Mit Futter im Bauch begannen wir zu überlegen und recherchieren, was wir wohl an unserem ersten Tag im Tal tun wollen. Es stellte sich schnell heraus, dass wir gar nicht lange rumsuchen müssen, denn der lokale Startplatz oberhalb der Uwaldalm, den wir schon vom Herbst kennen, ist zumindest was den Wind angeht perfekt. Was wir nicht wissen und so einfach auch nicht herausfinden können ist, wie es um die Schneelage bestellt ist, denn es hat vor unserer Anreise nochmal neu draufgeschneit, die Lawinenwarnstufe ging teilweise auf 3 rauf und der Startplatz ist über der Baumgrenze auf etwa 2250m. Gleichzeitig wissen wir, dass der Weg zur Uwaldalm über einen Fahrweg führt und das Gelände bis dorthin und zum Startplatz hoch nirgendwo steil ist. Wir haben uns dazu bevor wir losgingen noch mit dem Besitzer der FeWo besprochen, der uns mitteilte, dass vor dem Schneefall der Startplatz, den man von unten sehen kann, komplett abgeblasen und eine schneefreie Grasfläche zu sehen war. Kann also nicht so wild sein und es kommt noch dazu, dass der Lawinenlagebericht am nächsten Tag von einem Rückgang der Gefahr spricht und eher nördliche Lagen betroffen sind, was ebenfalls für den Startplatz nicht gilt. Also starten wir mit unserem leichten Hike&Fly-Zeug zu Fuß gleich an der FeWo ohne Ski und ohne Schneeschuhe und schauen mal, ob wir überhaupt oben ankommen und dann sehen wir weiter. Das Schlimmste was passieren kann ist, dass wir wieder zu Fuß runtergehen müssen und Zeit spielt keine Rolle.
Im unteren Teil des als Rodelbahn präparierten Fahrweges haben wir ein wenig mit vereisten Stellen zu tun, doch es geht immer irgendwie dran vorbei und weiter oben lässt sich der gewalzte Weg auf einigermaßen festem Schnee ganz gut ohne Hilfsmittel gehen bis wir die Uwaldalm erreichen, wo wir eine kleine Pause einlegen und was essen. Bis hierher haben wir schon bemerkt, dass relativ wenig Schnee liegt. Es kamen uns zwar Leute auf Ski entgegen, die den Fahrweg abrutschen, doch im Gelände abfahren ging überhaupt nicht. Der präparierte Weg endet an der Alm, ab jetzt geht’s auf einem Wanderweg weiter und als wir eine getretene Spur hinter der Alm sehen, sind wir etwas erleichtert, dass wir nicht selbst suchen und spuren müssen. Trotzdem ist es ziemlich mühselig, denn die Spur haben Schneeschuhgänger getreten und wir brechen immer wieder fast bis zur Hüfte ein, dort wo es den lockeren Schnee in Mulden zusammengeweht hat. Das ist ziemlich nervig und sehr anstrengend, weil es gar nicht so einfach ist, sich mit dem schweren Rucksack hinten drauf immer wieder aus den tiefen Löchern zu befreien, um gleich mit dem nächsten Fuß wieder einzubrechen. Quatschi im Kopf meldete sich irgendwann, ob es überhaupt Sinn ergeben würde, sich hier durchzuwühlen, denn der Startplatz wird nicht anders aussehen. Soweit das von unten erkennbar ist, gibt es dort keine Spuren. Nur frischen Schnee. Aber weil die Windfahne bereits von der Alm aus zu sehen ist und der Anstieg „nur“ noch etwa 250 Höhenmeter sind, wühlen wir weiter, bis wir den Wanderweg ins flache Gelände hinein verlassen müssen, um zum Startplatz zu gelangen. Überraschenderweise ging es ab da wieder einfacher, denn der Powder lag nur etwa 20cm hoch auf Gras. An der Windfahne angekommen, setzen wir uns erstmal hin, trinken was und beobachten, wie die Situation so ist. Der Wind ist nicht stark, dreht aber immer wieder mal auf Rückenwind, weil die Strömung von vorne von der über der Schneefläche abkühlenden und nach unten abfließenden Luft gestört wird. Das ist ein hartes Kriterium, denn mit leichtem Rückenwind in kalter Luft auf einer geschlossenen Schneedecke vorwärts laufend starten zu müssen, ist für mich ein No-Go. Weil die Windfahne sich aber immer wieder dreht, auch Nullwindphasen vorbeikommen und wir den sehr leicht startenden Pi3 dabei haben, beschließen wir, die Flinte nicht ins Korn zu werfen, uns schonmal eine Startbahn zu trampeln, was zwar ein bisschen dauert und anstrengend ist, doch wir haben Zeit und dann die Lage neu zu bewerten. Gesagt, getan, etwa eine Stunde dauert die Aktion, zwischendurch kommen zwei niederländische Schneeschuhmenschen vorbei und fragen neugierig, was wir da machen und wünschen uns anschließend viel Glück bei unserem Vorhaben. Als eine uns angemessene Laufstrecke einigermaßen von der Schneeauflage befreit ist, sodass wir zumindest einigermaßen den Untergrund sehen können und ein paar Trockenanläufe später befinden wir, dass es klappen kann. Bauchi sagt, keine Zweifel, zumindest, was den Start und das Fliegen angeht, aber natürlich ist klar, dass Frau auf dem rutschigen, unebenen Untergrund es nicht so einfach haben wird, ohne zu stolpern den Schirm aufzuziehen und ins Fliegen zu kommen. Bei kalter Luft und bestenfalls Nullwind ist die gesamte Anlaufstrecke notwendig, um vom Boden weg zu kommen. Wir wissen allerdings auch, dass der Druck im Schirm, der sich während des Startens aufbaut, helfen wird, um das Gewicht etwas von unseren Füßen zu nehmen. Das Ende der Laufstrecke markiert gleichzeitig die Abbruchmarke, falls der Schirm bis dahin nicht fliegt, sodass Zeit zum Abbruch bleibt, bevor das Gelände steiler wird. Eki Maute kommt mir in den Sinn, der uns beim Sicherheitstraining ein paar Worte übers Bauchgefühl mitgegeben hat. „Es mal zu versuchen“ ist beim Fliegen keine Option. Wenn Frau nicht sicher weiß, dass sie starten kann, oder vielleicht sogar Angst vor einem Startversuch hat, sollte sie es sich gut überlegen, ob Starten sinnvoll ist. Ich höre ein zweites Mal in mich hinein, bevor ich mit den Startvorbereitungen beginne. Ich habe weder Angst noch Zweifel. Ich weiß, dass ich hier starten kann. Mir wird erneut bewusst, dass wir das Stadium der Anfängerinnen wohl verlassen haben, denn noch vor einem Jahr wäre ich hier unter diesen Bedingungen nicht gestartet.
Wir entscheiden, dass ich zuerst aufziehe, denn ich bin auf einem Fuß etwas instabil und insgesamt koordinativ nicht so gut drauf, wie Astrid, weswegen es ihr unangenehm wäre, wenn ich hier alleine stünde, weil irgendetwas unvorhersehbares passiert ist. Ich lege aus, hänge mich ein, visualisiere meinen Abflug, behalte die Möglichkeit des Abbruchs im Sinn und beobachte gleichzeitig die Windfahne. Als die still nach unten hängt und nur noch ein winziger Hauch von der Seite zu spüren ist, ziehe ich mit Impuls auf, merke, dass die Kappe gerade hochkommt, beschleunige so gut es geht, lege mein Gewicht nach vorne in die Tragegurte und spüre bald den Druck in der Kappe, der mich tragen wird. Noch bevor ich das Ende der Anlaufstrecke erreicht habe, weiß ich, dass ich fliegen werde. Ein sehr geiles Gefühl. Und ich weiß außerdem, dass Astrid das genauso hinbekommen wird.

Boahhh…. Ich fliege wieder. Kurz nach dem Start sehe ich die beiden niederländischen Schneeschuhmenschen auf unserem Aufstiegsweg, die bald die Alm erreichen, winke ihnen, doch sie sehen mich nicht, da sie mit dem holprigen Weg beschäftigt sind. Als ich die Bäume an der Alm überfliege, gibt es sogar ein klitzekleines bisschen Steigen, doch das war so kleinräumig und schwach, dass ich nicht ernsthaft an Eindrehen gedacht habe, um zu versuchen, weiter Höhe zu machen. Ich fliege trotzdem eine Kurve, allerdings geht es mir dabei nur darum zu sehen, ob Astrid in der Luft ist und ja, sie ist. Fein. Dann hat ihr Start auch geklappt und, das Wichtigste für heute, es ist ihr Geburtstagsflug, was mich ganz schlimm freut, denn es ist nicht selbstverständlich, dass so etwas genau an so einem Tag tatsächlich funktioniert.
Bei etwa 850 Höhenmetern in kalter Luft dauert so ein Flügchen nicht so wahnsinnig lange. Die nächste Herausforderung besteht darin herauszufinden, wo der Wind in Bodennähe herkommt, um daraus abzuleiten, wie eine sinnvolle Landeeinteilung aussehen kann. Ich bin zwar noch relativ hoch, doch ich behalte mal meine Geschwindigkeit über Grund im Auge, um zu sehen, in welcher Richtung ich schneller bin, denn der Wind ist so schwach, dass ich es nicht fühlen kann. Anschließend fliege ich einen Vollkreis, um mein Vario dabei zu unterstützen, entsprechende Informationen sammeln zu können. Mmmhhh…. es ist nicht ganz eindeutig. Direkt in der Nähe der zum Landen auserkorenen schneebedeckten Wiese hinter einem Hof ist der kleine örtliche Skilift, auf dessen unterer Stütze ein Windsack hängt. Der ist allerdings noch zu weit weg, als dass ich irgendetwas erkennen könnte. Als wir zu Fuß unten losgegangen sind, zeigte der einen sehr schwachen Bergwind an, doch jetzt haben wir bald 5 Stunden später und die Sonne hat auch ein wenig geschienen. Sicher ist bloß, dass es fast keinen Wind gibt, insofern bin ich jetzt nicht besonders beunruhigt. Erstmal noch ein bisschen fliegen, die Umgebung genießen, denn es fühlt sich, wie immer, wie ein Privileg an, so etwas überhaupt tun zu dürfen und zu können. Alle Bergspitzen um mich herum sind weiß, was für ein Panorama. Überm Ort fliege ich nochmal zwei Vollkreise, die Windfahne auf der Skiliftstütze tut wenig bis nichts und als Landen dann unausweichlich wird, entscheide ich mich dazu, talseits vom Skilift die restliche Höhe abzubauen und von der Piste weg in den Endanflug zu gehen, um niemandem in die Quere zu kommen und ich selbst nicht über Lift und Piste nachdenken muss. Als mein erster Fuß den Boden berührt und ich mit dem typischen Geräusch durch die Harschdecke breche, verstehe ich in einer zehntel Sekunde, dass Laufen nicht funktioniert. Ich beginne, wie ein Storch hüpfend Löcher in den Harschdeckel zu stanzen so schnell meine Beine eben können, doch das reicht natürlich nicht, der Pinguin wird unausweichlich, ist aber nicht so schlimm, denn mit dem Gehüpfe habe ich es schon fast ganz geschafft, die Geschwindigkeit auf Null zu bekommen und kippe quasi nach vorne um, als mein Schirmchen ebenfalls Bodenkontakt hat. Dass die Oberfläche angefroren sein könnte, hatte ich überhaupt nicht auf dem Radar, ist aber nix passiert.
Ich raffe mein Zeug zusammen und mache Platz für Astrid, die sich ebenfalls schon auf Höhe des Skiliftes befindet und ein paar Sekunden später in ihren Endanflug einbiegt. Sie setzt als erstes auf ihrem Protektor auf, erstmal schlau, doch dann versucht sie, mit dem Stehenbleiben des Schirms auf die Füße zu kommen, bricht ein und kippt mit einem lauten Lachen genauso nach vorne um, wie ich. Das Wichtigste: Wir sind beide wohlbehalten wieder am Boden, sind dort gelandet, wo wir es geplant hatten, Haltungsnoten gibt es keine, Spaß hat’s gemacht. Der Aufstieg war ein wenig schwierig oben raus, wir haben gute Entscheidungen getroffen, sind schön geflogen, haben uns ein Landebier verdient und weil die Zeit doch schon einigermaßen fortgeschritten war, bis wir alles zusammengepackt haben und zu Fuß zurück an der Fewo sind, gehen wir nahtlos zum gemütlichen Teil eines tollen Tages über.

Am nächsten Tag würde fliegen ab der Uwaldalm wieder funktionieren, doch erneut den nicht ganz so spannenden Fahrweg bis zur Alm hoch zu latschen, hat uns nicht so richtig angemacht. Von Lotte und Stefan, die wir beim Sicherheitstraining kennenlernen durften, wissen wir, dass es ganz in der Nähe gerade über die Grenze nach Osttirol ein weiteres Fluggebiet gibt: Sillian. Weil ab Mittag Wolken reinziehen werden, sind wir nicht traurig, dass wir mal die Bahn benutzen können, weil sich damit vielleicht mehr als ein Flug ausgeht und wir haben die Chance, ein weiteres neues Gebiet zu sehen.
Wir fahren nach Osttirol. An der Talstation auf etwa 1100m Seehöhe angekommen, erschrecken wir ein wenig, denn außer einer künstlich hergerichteten weißen Schlange, auf der ab und zu jemand mit Ski runterkommt, ist’s grün auf den südseitigen Hängen. Gut, fürs Fliegen brauchen wir keinen Schnee. Hauptsache, die Bahn fährt. Wir parkieren direkt am nahegelegenen, sehr großzügigen Landeplatz, auf dem sich jedoch ein paar zugefrorene Seen, Millionen angetaute Maulwurfshügel und gefrorene Schneeplacken befinden und der von einem Entwässerungskanal umflossen wird. Platz ist trotzdem genug, doch es gibt Stellen, wo es schlau ist zu landen und welche, wo Frau nicht die Füße hinsetzen sollte, weswegen wir einen Flecken nahe der Hütte der ortsansässigen Flugschule auswählen, auf der es neben einem großen Windsack Infos zur Landung gibt, andere Menschen sind erstmal keine da. Heute nehmen wir unsere neuen B-Schirme mit rauf, denn der große relative Höhenunterschied zwischen Start- und Landeplatz und die ruhige Luft, die wir erwarten, laden dazu ein, ein paar Manöver zu üben. Mich treibt nämlich unter anderem die Frage um, ob die angelegten Ohren wirklich nicht von alleine aufgehen, so wie einige Menschen, die ebenfalls den Theta fliegen, das berichteten, ganz entgegen dem Zulassungsbericht für meine Flügelgröße und mein Startgewicht, der beim Hersteller einsehbar ist. Ich hatte mich im Vorfeld schonmal schlau gemacht, was in dem Fall zu tun ist, um die Situation auflösen zu können und so habe ich mindestens 2 Pläne in der Hosentasche für diesen Fall. Wir kaufen zwei Tageskarten und steigen in die Gondel. An der Bergstation angekommen, müssen wir wieder ein Stück zu Fuß über die Piste absteigen, um mit einer Sesselbahn bis zum Startplatz raufzufahren, was aber im präparierten Schnee einigermaßen ging und viel Skibetrieb ist wenig. Vom Sessellift aus schauen wir in der Gegend rum, um etwaige Windsäcke zu erspähen, die Auskunft darüber erteilen könnten, wo genau der oder die Startplätze sind, denn in Skigebieten ist das bei Skibetrieb nicht immer das gleiche, wie im Sommer. Normalerweise, zumindest ist das in Deutschland so, ist starten auf einer Piste und das damit verbundene vorherige Schirmlauslegen in der Regel verboten. Bis kurz vorm Ausstieg haben wir jedoch nur einen Windanzeiger entdecken können, was uns etwas unsicher machte, ob der Startmöglichkeiten, denn laut Karte sollte es 3-4 Plätze von hier aus geben, aus denen je nach Wind gewählt werden kann. Astrid hat eine neue Idee: Wir fragen einfach den Menschen, der oben den Ausstieg aus der Bahn betreut, vielleicht kann er uns helfen, denn andere Piloten sind keine in Sicht. Gesagt, getan, wir springen vom Sessel runter und Astrid klopft beim Bahnpersonal an. Der stutzt kurz, ist aber voll freundlich als er versteht, was wir von ihm wollen und meint, wir können einfach auf der Piste auflegen, die direkt neben der Bergstation runterläuft und superbreit ist, das würden alle machen, die hier fliegen wollen. Jetzt stutze ich. In D wäre das ein völliges No-Go und unter Strafe verboten. Aber wenn das sogar jemand vom Personal empfiehlt, sagen wir natürlich nicht nein. Für den Start auf der Piste steht der Wind perfekt, es sind nur ganz wenige Skifahrende da, die dann sogar stehen bleiben, um uns nicht zu behindern und natürlich, um zu schauen, was wir da machen und wir versuchen uns etwas am Rand zu halten, legen hintereinander aus, um nicht mehr Platz zu okkupieren als nötig, denn zwei Thetas nebeneinander würden dann doch fast die ganze Breite der Piste blockieren. So können alle, die nicht schauen wollen, einfach großräumig an uns vorbei rutschen. Die Piste ist noch frisch präpariert, fest und gut zu erlaufen, obwohl es schon Mittag ist, was mir persönlich supergut taugt, denn Anlaufen im schneebedeckten, unebenen Gelände, wie gestern an der Uwaldalm, ist nicht so mein Ding.
Wir entscheiden, dass Astrid als erste startet und als sie aufzieht und mit wenigen Schritten perfekt davonzieht, gibt’s Applaus und Jubelschreie aus der Menge, sogar vom Bahnwart, der extra vor die Tür gekommen ist und für ihn wahrscheinlich einfach ein wenig Abwechslung bedeutet. Gleich im Anschluss ziehe ich ebenfalls auf und fliege mit wenigen Schritten davon. Fein, wieder in der Luft. Die für den frühen Nachmittag angekündigten hohen Wolken sind während unserer Bahnfahrt nach oben und unseren Startvorbereitungen überraschend schnell reingezogen und sorgen dafür, dass die Sonne nicht mehr wirklich durchkommt. Schade, mit Sonne wär’s schöner gewesen, doch das eigentliche Thema ist der Luftmassenwechsel, den wir beide daran spüren, dass es trotz wenig Wind und keiner Sonne in verschiedenen Höhen relativ ruppig zugeht. Aber es ist alles noch im grünen Bereich, ich überfliege zunächst den oberen Teil des Skigebiets, biege dann nach rechts ab um mit möglichst viel Höhe ins Haupttal einzufliegen, denn ich möchte ja noch ein paar Dinge ausprobieren.
Mit rund 850 Metern über Grund finde ich, ist genug Höhe da, um mit dem Ohren anlegen zu beginnen, trete den Beschleuniger halb, greife die Griffe der Steuerleinen in Steghaltung, packe rechts und links die äußerste A-Leine und ziehe sie zu mir rein. Der Widerstand ist klein, die Flügelenden klappen sofort ein, ich trete den Beschleuniger ganz und schaue, was passiert. Wie erwartet, passiert erstmal wenig, denn der Schirm fliegt ganz stabil geradeaus weiter, ich bin mit der höheren Flächenbelastung und dem Fuß im Beschleuniger etwas schneller, weswegen die Windgeräusche zugenommen haben, doch ansonsten ist alles Paletti. Ich schaue nach oben. Die Öhrchen sind symmetrisch eingeklappt und flattern vor sich hin. Bevor ich übers Ausleiten nachdenke, fliege ich übers Körpergewicht noch ein paar Kurvenansätze, um das auch gemacht zu haben und dann kommt der spannende Moment. Ich gehe halb aus dem Beschleuniger raus, führe gleichzeitig die A-Leinen nach oben und schaue mir an, was der Schirm tut. Nun, er tut nix, die Öhrchen bleiben eingeklappt und es schaut einen Moment so aus, als hätte sich eine Seite auch in den Leinen verhängt. OK, ich fliege immer noch stabil geradeaus, bin viele hundert Meter überm Boden, kein Grund zur Panik und ich habe einen Plan, was zu tun ist. Ich gebe auf einer Seite einen kurzen aber deutlichen Impuls auf die Steuerleine und sehe sofort, dass die Aktion in der Kappe angekommen ist, denn auf dieser Seite beginnen sich die Luftzellen von innen nach außen zu füllen, das Öhrchen zuckt noch ein paar Mal und die Seite ist wieder offen. Gut, das war jetzt nicht so schwierig. Auf der anderen Seite braucht’s 2-3 solcher Impulse, bis sich das Öhrchen überlegt, sich zwischen den Leinen hindurch einen Weg zu suchen, um sich anschließend öffnen zu können. Als ich sehe, dass auch diese Seite öffnen wird, gehe ich aus dem Beschleuniger raus und bin ein bisschen happy, dass ich das hinbekommen habe. Ein bisschen Herzklopfen inklusive.

Bevor ich zu meiner nächsten Übung übergehe, genieße ich mal noch ein wenig den Flug, obwohl es immer wieder ganz schön wackelt, was ich, wie oben beschrieben, den sich verändernden Luftmassen zuschreibe. Ein weiterer Schirm ist in der Luft, allerdings ist er weit weg und kaum zu erkennen, ich habe ihn eher zufällig entdeckt, als ich nach Astrid Ausschau hielt, die einige sehr dynamische Kurven fliegt. Das bringt mich dann auch wieder zurück zu meinem Thema, denn als ich eine große freie Fläche unter mir erreiche, die ich extra anflog, um unter mir keine Hindernisse zu haben, begann ich damit, wie im Sicherheitstraining bei Eki mit meinen Händen zu reden. Ich spreche ihnen ihre Rolle für das nächste Manöver zu, du bist innen, du, andere Hand, bist außen und schreibt euch das gut hinter die Ohren, vergesst es nicht, egal, was als nächstes passiert. Ich schaue mich nochmal um, dass auch wirklich niemand in der Nähe ist, noch zweimal Pressatmung, Körper im Gurtzeug verspannen, dann belaste ich den inneren Tragegurt, führe die Außenhand ganz nach oben und ziehe gleichzeitig die Innenhand mit der Steuerleine nach unten. Viel Zug brauchts nicht, der Theta weiß sofort, was ich von ihm will und es dauert keine halbe Umdrehung, bis das Karussell Vollgas gibt, die Geräuschkulisse explodiert und ich mit 14m/s in Richtung Boden fliege, Holla die Waldfee, das ging schnell. Im Gegensatz zu meiner allerersten Spirale, wo ich nicht so genau wusste, bis wohin ich ziehen soll und es dabei deutlich übertrieb, ließ ich es dieses Mal mit etwas mehr Gefühl angehen, sodass ich nicht gleich ganz auf 0° eingedreht bin, sondern, die Eintrittskante im Auge behaltend, innen wieder nachließ, als ich für meinen Geschmack genug Neigung hatte und die Kappe auch sofort reagierte. Die Beschleunigung steigerte sich nicht weiter und nach 2-3 ganzen Umdrehungen war’s für mich dann auch gut, ich will ja nicht, dass mir spontan das Essen aus dem Gesicht fällt. Genauso schnell, wie der Theta in die Spirale zog, leitet er auch aus, wenn die Pilotin das Kommando dazu gibt, Innenhand hoch, ein angemessener Bremsimpuls auf die Außenhand und sobald der Schirm die Kreisbewegung verlassen und die enorme Energie, die nach so einer Aktion im System steckt, durch Steigen abbauen will, innen wieder nachziehen, um die Energie gezielt kontrolliert durch ein, zwei weitere Kreise abzubauen. Die Ausleitung ist nicht so einfach, wie die Einleitung, es kommt ziemlich auf’s Timing an, um nicht aus der Kurve zu fliegen, wie ein besoffener Spatz, oder sich im schlimmsten Fall durch eine falsche Reaktion die Strömung abzureißen. Bei mir passt dieses Timing definitiv noch nicht, dafür bin ich bisher zu wenige Spiralen geflogen, doch immerhin gab es nur ein moderates Steigen und in der Folge war auch das anschließende Vorschießen der Kappe überschaubar.
Und weil es so schön war und ich immer noch genug Höhe hatte, wechselte ich noch einmal die Seiten und drehte in der anderen Richtung in die Spirale. Schließlich soll es keine Schokoladenseite geben. Die Aufzeichnung mit der Garmin Uhr sagt mir später, dass ich mit etwa 85km/h außen um meinen Schirm geflogen bin. Ein schnelles Karussell.

OK, dann jetzt landen. Wo ist der Landeplatz? Ich hatte ihn zwar beim Rausfliegen ins Tal bewusst gesehen, doch nach den zwei Karussellfahrten muss ich mich erst neu orientieren und ich bin immer noch mit so viel Höhe unterwegs, dass alles unter mir klein wirkt. Ich sehe Astrid ein Stück unter mir, die sich offensichtlich auch so langsam auf die Landung vorbereitet und am Ende fliege ich ihr einfach nach, fliege die Volte, wie wir es bei der Landeplatzbesichtigung besprochen hatten, wobei ich den geplanten Aufsetzpunkt nicht erreiche, ihn überfliege und etwas weiter hinten in den Maulwurfshügeln auf einer Eisplatte ausrutschend in den Schlamm stolpere. Priml. Erstmal alles eingesaut. Inklusive der neuen beheizbaren Handschuhe.
Kurze Zeit später landet auch der andere Pilot, den ich aus der Ferne in der Luft gesehen habe, und ich muss ein kleines Bisschen in mich hineinschmunzeln, als ihm genau das gleiche passiert, wie mir. Ich bin keineswegs sensationslustig, sondern glaube ja immer, ich sei zu blöd, um schön landen zu können, doch solche Ereignisse sagen mir, dass alle schonmal eine Landung verkackt haben, was mich ein wenig beruhigt. Solange ich auf zwei Beinen selbständig das Feld verlassen kann, ist nicht so viel falsch gelaufen.
Astrid hat sich bei diesem Flug nicht so richtig wohl gefühlt, wie sie sagt, denn es war für ihren Geschmack sehr unruhig, was ein wenig unerwartet für sie war.
Wir packen zusammen und sind uns einig, dass wir trotzdem nochmal rauffahren, wenngleich die Wolkendecke immer dichter wird und langsam runterkommt, doch die Tageskarte bietet uns natürlich auch die Möglichkeit, einfach wieder herunterzufahren, sollte es nicht mehr zum Starten sein. Nach dem Umstieg in die Sesselbahn ist’s aus der Ferne betrachtet tatsächlich nicht mehr so eindeutig, ob Wolken und Nebel den Startplatz bereits erreicht haben, doch oben eingetroffen, ist alles noch safe, der Wind hat etwas gedreht, passt aber noch für unseren Pistenstartplatz, den wir nun in umgekehrter Reihenfolge wieder belegen. Dieses Mal starte ich als erste, muss ein wenig seitwärts unterlaufen, komme aber ansonsten gut raus und merke relativ schnell, dass die Luft noch ein bisschen unruhiger ist als beim ersten Flug. Astrid kommt sofort nach mir rausgestartet und wir fliegen zunächst wieder an der Piste entlang, queren mit viel Höhe über den Sessellift und halten Kurs aufs Tal, wobei ich soviel Sinken habe, dass ich daran zu zweifeln beginne, ob ich noch über die letzten Bäume vorm Taleinschnitt drüber komme. Am Ende klappt es komfortabel, weil es dann irgendwo unterwegs doch noch ein bisschen Steigen hat und ich mir vorab bereits eine Scharte im Gelände ausgesucht hatte, über die ich auch mit weniger Höhe drüber gekommen wäre. Astrid berichtet später, dass es ihre genauso ging.
Auf irgendwelche Manöver habe ich bei diesem zweiten Flug keine Lust mehr, mir ist kalt und die Luft ist auch mir inzwischen zu aufregend, weswegen ich mich einfach dazu entscheide, so geschmeidig, wie möglich, ein wenig Strecke zusammenzufliegen und dann das Augenmerk auf eine saubere Landung lege, was auch deutlich besser gelingt, als beim ersten Flug. Wir legen zusammen, schnacken noch ein wenig mit einem Einheimischen Piloten, der kurz vor uns gelandet ist und zu Fuß nach Hause gehen kann und dann brauchen wir nur noch einen Supermarkt und Kaffee/Kuchen bevor es zurück ins Gsieser Tal geht.

Der nächste Tag, Samstag, ist laut Vorhersage nicht zum Fliegen. Es soll stark bewölkt sein und ein bisschen schneien und so beginnen wir den Tag etwas später, machen nach dem Frühstück eine längere Yoga-Session, gehen später nochmal zu Fuß raus, um an die frische Luft zu kommen und lassen den Tag einfach gemütlich an uns vorbeigleiten. Schließlich haben wir auch so etwas wie Urlaub. Es darf auch mal ein fauler Tag sein. Für Sonntag schaut es schon wieder deutlich besser aus, mit Sonne und Wind aus Nordwest, weswegen wir uns für den auf dem Heimweg liegenden Kronplatz entscheiden, um zu fliegen. Unsere Abreise beginnt jedoch erstmal damit, dass wir vor lauter Schnacken mit den Vermietern vergessen, den Zimmerschlüssel zurückzugeben, was uns erst am Kronplatz auffällt. Da es noch nebelig ist, fahren wir kurzerhand wieder zurück, geben den Schlüssel ab und eine gute Stunde später scheint am völlig überfüllten Kronplatz dann auch die Sonne und es wird geflogen. An eine Tageskarte ist hier nicht zu denken, die kommt auf fast 80€ pro Kopf, also entscheiden wir von vorne herein, dass eine Auffahrt genügt und wenn starten geht, dann wird’s halt nur ein Flug bevor wir nach Hause aufbrechen. Oben angekommen fällt uns als erstes auf, dass es keinen Wind aus Nordwest gibt. Falls doch, ist der so schwach, dass er von der sich über dem Kronplatz abkühlenden Luft, die nach Norden den Berg hinunter abfließt, deutlich überlagert wird. Nach Norden direkt in Richtung Landeplatz starten ist also auf jeden Fall nicht. Allerdings tummeln sich einige fliegende Menschen am Startplatz nach Süden, der sich auf der breiten Piste befindet. Dort sind wir im vergangenen Jahr schonmal gestartet, haben es jedoch mit dem Pi3s damals nicht geschafft, über den Grat zurück auf die Nordseite zu fliegen, weil wir einfach zu viel Sinken hatten und nach St. Vigil ausweichen mussten, was mit einer anschließenden Odyssee verbunden gewesen ist, um mit den Seilbahnen wieder zurück auf den Kronplatz zu kommen. Eine ziemlich nervige Angelegenheit, wenn Frau keine Ski an den Füßen hat. Deswegen war ich sehr zögerlich, es dieses Mal wieder mit dem Südstartplatz zu versuchen, denn Bahnfahren ging ohne enorme Kosten nicht und mit dem Bus außen herum fahren zu müssen, hätte den gesamten restlichen Tag gekostet. Allerdings sind wir mit unseren Thetas da. Die gleiten wesentlich besser. Mit ihnen müsste der Sprung über den Grat auch ohne Steigen zu schaffen sein, was ein Tandempilot uns dann auch zeigt. Gleichzeitig haben wir mitbekommen, dass es einige Pilot:innen gibt, die nach Süden starten, über einer Skihütte im Wald einen Thermikbereich ansteuern, in dem sie ordentlich Höhe machen, um dann zum Startplatz zurückzufliegen und Top zu landen und das Spiel von vorne beginnen. Wir sprechen kurz mit jenen Menschen, die uns versichern, es gäbe zwar nicht so viel Thermik, doch sie reicht auf jeden Fall, um soviel Höhe zu gewinnen, dass wir auf die Nordseite zum Landen fliegen können. Immer noch ein bisschen verunsichert, ob uns das gelingen kann, den so etwas haben wir bis dahin nie gemacht, beschließen wir, es zu versuchen, denn die Ausfahrt, in St. Vigil zu landen, gibt es auf jeden Fall als sichere Landemöglichkeit. Und so machen wir uns startbereit, dass hier alle auf der Piste starten, scheint überdies niemanden zu stören, obwohl wir vom letzten Jahr im Kopf hatten, dass ab und zu die Pistenpolizei vorbeikommt und das Starten einstellt. Heute ist davon nix zu sehen. Ich starte als erste, auf der breiten, festen Piste ist das auch mit Schnee zu Fuß recht komfortabel, und fliege in Richtung Süden, wo ich bald die besagte und gutbesuchte Skihütte sehe und schon auf dem Weg dorthin an Höhe gewinne. Im Bereich der Hütte versuche ich, den Thermikbart zu lokalisieren und darin meine Kreise zu drehen, was mir allerdings nicht gut gelingt. Astrid meinte später, ich fliege meine Kreise viel zu groß, die müssten viel enger sein, wobei ich beim Fliegen eher wahrnehme, dass ich in engeren Kreisen viel mehr Sinken generiere, weil ich so viel an den Steuerleinen zupfen muss. Irgendwie ist das für mich nicht logisch und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass meine Kreise größer sind als die der anderen. Aber egal. Das Ergebnis spricht eher für Astrids Theorie, denn sie fliegt in sehr kurzer Zeit mehr als 100 Meter über mir, während ich mich über den Baumwipfeln abmühen muss, um nicht noch weiter zu sinken. Das hat dann auch nicht lange gedauert, bis ich die Lust verlor und sehr ein Auge darauf hatte, auf jeden Fall noch den Grat nach Norden überfliegen zu können und rechtzeitig abzubiegen, bevor mir die Höhe dafür ganz ausgeht. Während ich so vor mich hinkratze, beobachte ich zwei Schirme unter mir, die an einer Geländekante in der Nähe der Hütte deutlich Steigen generieren und schnell auf meine Höhe hochkommen. Nun, dann ist das wohl ein guter Platz, um weiter zu kämpfen, denke ich, und steuere auf diesen Bereich zu. In der ersten Kurve merke ich bereits, dass es an der Stelle ganz schön ruppig zu geht, was mir beim Beobachten der beiden Schirme nicht aufgefallen ist. Aber ist ja erstmal nicht schlimm, ich drehe weiter, bis ich auf einmal beim Drehen in Richtung Hang ganz krass durchgeschüttelt werde und dabei merke, wie meine linke Flügelseite plötzlich komplett den Druck verliert. Mein Herz bleibt stehen. Und meine Kappe bleibt auch fast stehen, ich pendele unterm Schirm nach vorne und zum Glück erinnere ich mich an die Theorie im Sicherheitstraining, meine Hände schießen sofort nach oben, mein Blick folgt und ich sehe, dass mein linker Flügel fast vollständig kollabiert ist, sich aber bereits wieder Zelle für Zelle mit Luft füllt. Ich bemerke außerdem, dass mein Schirm auf jeden Fall noch geradeaus fliegt und nicht beginnt, in irgendeine Rotation überzugehen, was ein gutes Zeichen ist. Was mir auch an mir gefällt ist, dass keine Panik ausbricht, weil ich mit Hände hoch auf jeden Fall einen etwaigen Strömungsabriss verhindert habe, sehe, dass mein Schirm fliegt und ich jetzt bloß noch abwarten muss, ob die Kappe beim Fahrtaufnehmen nach vorne schießt, um sie dosiert zurück zu bremsen, was ich dann auch tue und innerhalb weniger Sekunden ist wieder Ruhe eingekehrt. Erst danach kommt bei mir das Bewusstsein, dass das auch hätte schiefgehen können, obwohl ich bis heute darüber grübele, was diese Situation ausgelöst hat, bei der von 7m/s Steigen bis 4,5m/s Sinken innerhalb von 10 Sekunden alles dabei war. Astrid hat das Ganze von oben beobachtet und ihr ist auch fast das Herz stehen geblieben, doch eine eindeutige Erklärung, was zu diesem Kollabieren geführt haben kann, hat auch sie nicht.
Astrid: Von oben sah es so aus, als ob nur eine Flügelseite eine stark steigende Luftmasse erwischt hat und dadurch massiv schnell angehoben wurde. Ich dachte im ersten Moment: „wieso rollt Milla denn ihren Flügel so krass auf? Will sie etwa hier in der Thermik Wingover üben?“, und dann klappte auch schon die Flügelseite ein, die nach dem starken Heber durch das Abkippen nach hinten plötzlich den Druck verlor. Dass Milla mein „Stützen!!!“ und das direkt darauffolgende „Hände hoch!!!“ nicht hören kann, wenn ich 200 Meter über ihr fliege, ist mir in solchen Momenten nicht klar. So richtig laut brüll ich das wahrscheinlich auch gar nicht raus. Vielleicht kam es ja per Telepathie bei ihr an. Wobei: sie braucht meine Ratschläge nicht. Sie beherrscht das alles auch ohne mich. Aber wenn meine andere Hälfte in so eine Situation kommt, dann fühle ich mit und gebe Anweisungen, so wie ich sie mir selbst beim Fliegen auch manchmal gebe.
Wieder Milla:
Mir ist nicht bewusst, dass ich etwas grob falsch gemacht hätte, wobei ich gleichzeitig ein bisschen stolz bin, die Nerven behalten und offensichtlich nicht alles falsch gemacht zu haben, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Leider hat mich die Aktion ziemlich viele Höhenmeter gekostet und um sicher auf die andere Bergseite zu gelangen, blieb danach nur noch der direkte Weg über den Grat. Ich gebe Astrid kurz über Funk Bescheid, was ich tue, doch sie hat das schon geblickt und, wie wir das besprochen hatten, folgt sie mir 10 Etagen höher. Überm Grat geht es noch ein letztes Mal ein klein wenig nach oben, danach gleiten wir auf der Nordseite in stille Luft, haben immer noch mehr als 1000 Höhenmeter bis zum Landeplatz, Zeit für ein kleines Bisschen Strecke und Aussicht genießen, denn für etwaige Manöver habe ich keine Motivation mehr, mir hat das spontan das Richtige tun müssen als Manöver genügt. Auf diesem Flug probiere ich übrigens eine neue App auf der Garmin Uhr aus, mit der ich meine Flüge aufzeichnen will, doch die taugt mir nicht. Mal abgesehen davon, dass ich mit der neuen Garmin Fenix 8 ebenfalls nicht wirklich happy bin, weil sie auch bei anderen Aufzeichnungen Strecke und Geschwindigkeit nicht korrekt misst, ganz zu schweigen von Pulsraten, die hinten und vorne nicht passen können. Ganz schön teuer dafür, dass noch nicht mal die Kernkompetenzen funktionieren. Jedenfalls zeichnet die Uhr den Flug nur teilweise auf, wobei immerhin die spannende Aktion dabei war, und bricht die Aufzeichnung später selbständig nach zweidrittel ab. Danach bin ich mit dem Entwickler der App in Kontakt und es heißt, das liegt nicht an der App, sondern die Uhr hat Bugs und ich solle das nächste Softwareupdate abwarten. Das tue ich, doch auch nach 3 weiteren Aktualisierungen der Uhr und zweien der App wird nur Unsinn aufgezeichnet. Leider ist die Auswahl an Fliege-Apps für die Fenix 8 sehr klein und auch die einzige Alternative hat Lücken bezüglich der Strecke über Grund, aber wenigstens zeichnet sie etwas auf und erkennt auch den Start selbständig. Da muss ich wohl noch ein wenig rumprobieren.
Die Landung. Es weht wenig Wind, den Windsack am Winterlandeplatz sehe ich nicht, doch es ist anzunehmen, dass kalte Luft, die von oben nach unten den Berghang entlang fließt, in Bodennähe Bergwind macht, weswegen ich mich für einen Endanflug gegen den Bergwind entscheide. Das bringt zwar mit sich, dass gegen ein leicht ansteigendes Gelände aufgesetzt werden muss, doch das klappt dann schon, allerdings gibt’s wieder gefrorene Schollen zwischen Matsch auf der Wiese. Ein ziemlich aufregender letzter Flug an diesem langen Wochenende. Wegen der fortgeschrittenen Zeit, wir sind oben ganz schön lange rumgestanden, haben die Windverhältnisse an beiden Startplätzen ständig gecheckt und brauchten relativ lange bis zur Entscheidung, dass wir nach Süden starten, und den enormen Kosten für eine Bahnfahrt, ist für uns schnell klar, dass wir nicht nochmal rauffahren, sondern eher zusehen, dass wir es abends noch in unser Stammgasthaus schaffen.
Also, auf nach Hause. Über den Brenner geht’s überraschend gut, es ist viel weniger Verkehr als ich befürchtete und so trudeln wir noch zu normalen Zeiten im Gasthaus ein, wo wir das lange Wochenende ausklingen lassen können.
Unterwegs denke ich immer wieder darüber nach, ob mein Erlebnis mit der eingeklappten Kappe heute irgendetwas mit mir gemacht hat, im Sinne von, ist das für zukünftige Flüge ein Problem in meinem Kopf: Nein, ist es nicht und rückblickend betrachtet wäre ich auch genau an jenem Platz weitergeflogen, wenn mir meine Höhe für den Sprung über den Grat nach Norden nicht ausgegangen wäre, denn dass man so eine starke Thermikblase erwischen kann, ist beim Thermikfliegen wohl Tagesgeschäft. Wenn Frau das nicht mag, muss sie an solchen Tagen am Boden bleiben. Ich für meinen Teil kann sagen, ich möchte damit klar kommen lernen, um noch ein bisschen mehr Spaß am Fliegen haben zu können.

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