Zweites Sicherheitstraining 2025, 03.09.-07.09.25
Nachdem wir meine Mädels, die im August zwei Wochen bei uns gewesen sind, zurück ins Saarland gebracht hatten, noch am gleichen Abend zurückfuhren, um bereits am nächsten Tag mit unserer mobilen Ferienwohnung in das Abenteuer Matterhornbesteigung starten zu können, verbrachten wir die erste Nacht der Reise am Oberalppass. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ein massiver Wetterwechsel ab Mitte der Woche ab, was uns dazu veranlasste, unsere Akklimatisationstour einen Tag vorziehen zu müssen. Die Zeit musste etwas gerafft werden, die geplante Wanderung am Oberalppass ließen wir sein, unternahmen stattdessen eine kleine Tour auf das etwa 3000m hohe kleine Furkahorn, verbrachten die folgende Nacht am Furkapass, fuhren von dort durch bis nach Saas-Fee und starteten den Hüttenzustieg zur Mischabelhütte, wo wir unseren lieben Freund und Nachbarn Thomas trafen. Er hatte sich spontan zum Nadelhorn angeschlossen und war so schnell unterwegs, dass er vor uns an der Hütte eintraf. Teilweise auch dadurch verursacht, dass Astrid und ich uns ob der missachteten Öffnungszeiten der Tourist-Info in Saas-Fee etwa zwei Stunden die Zeit vertreiben mussten, bis wir die Saas-Tal-Card ausgestellt bekamen, womit wir die Hannig-Bahn kostenfrei benutzen konnten. Die ist inzwischen so teuer geworden, dass wir das Warten in Kauf nahmen.
Eigentlich wollten wir zwei Nächte auf der Mischabelhütte bleiben, um unsere Akklimatisierung an die Höhe zu unterstützen, doch nachdem wir im eisigen Wind etwa 100 Höhenmeter unterm Gipfel des Nadelhorns aus Vernunftgründen unseren Besteigungsversuch zu dritt abgebrochen hatten und an der Hütte zurückgewesen sind, hatten Astrid und ich so einen Durchhänger, dass wir sehr in Zweifel gerieten, ob das Matterhorn so überhaupt Sinn macht. Dort würde sehr sicher zu den eisigen Temperaturen und dem Wind auf jeden Fall noch eine nicht unerhebliche Menge Neuschnee hinzukommen. So beschlossen wir, ebenfalls von der Hütte abzusteigen, keine zweite Nacht zu bleiben und hatten innerlich irgendwie mit dem Horu abgeschlossen. Bis wir zurück am Camper waren und Robert, unser Bergführer sich meldete. Er war relativ zuversichtlich, dass wir die Tour machen können, ein bisschen Schnee sei kein großes Problem, es sei ja auch noch eine Woche, bis wir Gipfeltag hätten, da könne viel passieren und wir warten einfach mal ab, wo sich das Wetter wirklich hin entwickelt. Meistens ist es dann doch nicht so schlimm, wie prognostiziert. Das war Mittwochnachmittag. Astrid und ich setzten aus dem Saas-Tal heraus erstmal um auf einen kleinen privaten Stellplatz in Brig-Ried, der bezahlbar war, um den nächsten Tag, der mit Dauerregen vorhergesagt war, auszusitzen. Auch schön. Einfach mal ausschlafen und nicht irgendwo hinmüssen. Tja, der am Vortag noch so zuversichtliche Robert klingelte uns donnerstagsmorgens aus dem Bettchen mit der Botschaft, dass alles doch anders kommt, denn die Ausläufer des Hurrikans Erin ziehen über den Alpenhauptkamm, teilweise das Wallis, das Tessin, Nord- und Südtirol, Trentino, usw. werden in den nächsten Tagen kleine Weltuntergänge erleben, die Schneefallgrenze sinkt unter 3000m, am Matterhorn wird es wahrscheinlich fast einen Meter Neuschnee geben, die Tageshöchsttemperaturen werden sich um die -15°C bewegen, wenn der Wind moderat bleibt. Viel zu schlechte Bedingungen, um an dem Berg ein wenig rum zu probieren, dafür ist die Unternehmung deutlich zu teuer. Wenn wir in Summe fast 6k € dranhängen, dann sollte es auch eine gute und realistische Chance auf den Gipfel geben und das war zu diesem Zeitpunkt sicher nicht gegeben, also war die Konsequenz, dass wir einvernehmlich Roberts Vorschlag folgten, die Tour abzusagen und, wenn wir neu planen, einen Zeitpunkt früher im Jahr zu wählen.
Die in mir aufgekeimte neue Motivation fürs Bergsteigen erlosch in wenigen Sekunden, als ich da lag und gar nicht so richtig einschätzen konnte, ob ich jetzt traurig oder erleichtert sein soll und vor allem beschäftigte mich sofort der Gedanke, was wir denn jetzt mit dem restlichen Urlaub anfangen sollen? Mein Bauch sagte, wir können auch zu Hause im Regen sitzen, dafür wäre es nicht nötig, unsere Knete für Stell- und Campingplätze in der Schweiz auszugeben, doch, wie üblich, formten sich bei meinem besseren sieben Achtel bereits ganz andere Pläne. Während die Pessimilla in mir sich mit einer kompletten Exitstrategie beschäftigt, stellt Astrid fest, dass wir erstmal hier, wo wir sind, morgen einen Flug machen könnten und dass uns ein kleines Stück südwärts die nächsten Tage möglicherweise doch die Sonne begegnen könnte, wogegen sich mein Quatschi im Kopf zunächst wehrte. Warum noch weiter wegfahren, das Wetter ist überall blöd? Sogar das Mittelmeer war kurz im Gespräch. OK, Mittelmeer war für mich entschieden übertrieben, allerdings kann ich mich mit dem Gedanken anfreunden, zunächst in kleinen Schritten zu denken und mal zu schauen, ob sich in der Gegend um Brig ein Flügchen ausgehen könnte. Auf dem Weg zu Fuß zum kleinen Volg-Markt besichtigten wir den offiziell gesperrten Landeplatz mitten im Ortsteil Ried und trafen dort auch auf den Besitzer der unmittelbar angrenzenden Flugschule, der uns eröffnete, dass er selbst die Sperrung veranlasste, weil es ziemlich Stress mit dem Landwirt gibt, dem die Wiese gehört. Da wir jedoch nur zu zweit seien, sprach er uns die Erlaubnis aus, ausnahmsweise hier landen zu dürfen, damit sich unsere logistischen Probleme in Grenzen halten, wenn wir am Startplatz Rosswald losfliegen, denn der alternative reguläre Landeplatz in Bitsch wäre für einen Fußmarsch deutlich zu weit weg. Wir behalten das mal im Kopf, doch die unteren Startplätze, die mit der Rosswaldbahn erreichbar sind, machen einen schwierigen Eindruck, da beide schmale, steile Waldschneisen sind und der Wind 100%ig passen muss. Weiter oben soll es wohl auch Startmöglichkeiten in einem geeigneteren Gelände geben, doch dazu hätten wir unser Zeug ziemlich weit bergauf schleppen müssen, wozu wir beide keine Lust hatten, unter anderem deswegen, weil die Wahrscheinlichkeit, starten zu können, nicht besonders groß war. Auf der Suche nach Alternativen stießen wir auf den Startplatz Riederalp auf der gegenüberliegenden Talseite, für den die Bedingungen besser vorhergesagt waren, der mit der Seilbahn gut erreichbar ist und zudem der Landeplatz Bitsch gehört, der auf jeden Fall nicht gesperrt ist und wir nicht Gefahr laufen, für irgendwelche Auseinandersetzungen der Zündfunke zu sein.
So geht’s am nächsten Morgen nach Ver- und Entsorgung der Kabine zur Landeplatzbesichtigung, die mich gleich wieder zweifeln lässt, ob’s eine gute Idee ist, hier zu fliegen. Bauchi findet den Landeplatz, der von einem Fluss, einer Eisenbahn, mehreren Stromleitungen, einem Photovoltaikpark und Wald umzingelt ist, ziemlich spooky. Es ist die einzige Landemöglichkeit im Gleitwinkelbereich, es gibt keine Fluchtmöglichkeiten, dafür aber jede Menge Talwind, wenn’s blöd läuft. Glücklicherweise landen zwei Mädels gerade als wir dastehen und uns nicht sicher sind, und wir erkennen beide, dass die Wiese nicht so klein ist, wie sie scheint. Bezüglich Talwind gibt uns eine der beiden den Tipp, die Windstation in Visp zu checken, denn wenn dort die Windgeschwindigkeiten beginnen, größer zu werden, dauert es etwa 20 Minuten bis der Talwind den Landeplatz erreicht, was für eine sichere Landung in Bitsch ab Riederalp genügt.
Mit dieser Information relativieren sich die Zweifel und wir entscheiden raufzufahren, wobei ich klar sagen muss, dass ich beim Thema Wind die Bremse bin. Astrid ist da etwas toleranter und zuckt im Gegensatz zu mir nicht gleich zusammen, wenn die Bäume rauschen. Das Auto lassen wir stehen, wo es ist, wir nehmen die Eisenbahn, um zur Talstation der Seilbahn zu kommen, denn die ist nur eine Haltestelle weiter und, in Deutschland völlig undenkbar, Astrid kann über die SBB-App für uns beide sowohl die Fahrt mit der Eisenbahn einkaufen als auch mit der Seilbahn und beides ist so getaktet, dass man nahtlos von einem Transportmittel ins andere umsteigen kann und der Preis ist überraschend niedrig. Oben angekommen, sind es nur wenige Meter zum Traumstartplatz Riederalp (Achtung: Es gibt auch Riederalp West, dort waren wir nicht), der geradeso aus den Wolken ist, was mich wundert, denn von unten sah es so aus, als läge alles noch unter einem Wolkenband, das sich am ganzen Grat entlang zieht. Der Wind ist perfekt, wir fackeln nicht lange, machen uns fertig und starten zügig, nachdem wir den Live-Wind an der Wetterstation Visp gecheckt und für gut befunden haben. Viel Thermik ist wenig, der Höhengewinn hält sich in Grenzen, doch wir hatten im Voraus schon besprochen, dass der Fokus darauf liegt, überhaupt zu fliegen und es gab keine Erwartungshaltung an die Dauer, wobei die relative Höhe von etwa 1200 Höhenmeter selbst einen Gleitflug strecken können. Leider habe ich die Landung wieder mal ziemlich verkackt, überraschender Weise war am frühen Nachmittag immer noch Bergwind, und bombte ein, aber wenigstens mitten im vorgesehenen Landefeld und ich konnte auf meinen eigenen Füßen vom Platz gehen.
Nach einer kurzen Mittagspause starten wir von dort in Richtung Simplonpass. Wir haben uns dazu entschieden, nach Italien zu fahren, weil es dort die nächsten 2-3 Tage schön sein soll, und übernachteten am Pass, wo es Stellplätze gibt. War allerdings nicht der ruhigste Ort, aber ich konnte am Simplon-Adler, einer riesigen Steinfigur, noch Handpan spielen, bevor Regen reinzog. Am nächsten Morgen tuckerten wir den Berg wieder runter nach Italien, bogen kurz vor Domodossola ins Valle di Vigezzo ab und erreichten noch am Vormittag den Ort Santa Maria Maggiore. Bis dahin dachte ich, dass dieser Name nur mit einer Kirche in Rom verknüpft ist, jetzt weiß ich es besser und außerdem lerne ich, dass dieser Ort fast alle Schornsteinfeger Norditaliens ausbildet. Wir checken in einem kleinen Camperstellplatz hinterm Landeplatz ein und machen uns später auf den Weg zu Fuß quer durch den Ort zur Seilbahn, um vielleicht noch einen Flug machen zu können. Die Windprognose sah gut aus. Oben angekommen, kommt Astrid mit einer Gruppe Schweizer Pilot:innen ins Gespräch, die bereits einige Stunden am Startplatz trotz vordergründig guter Bedingungen abwarteten. Sie sind wankelmütig geworden, weil das einheimische Fliegevolk geschlossen wieder mit der Bahn runtergefahren ist statt zu starten und sie waren gerade dabei, es den Einheimischen gleich zu tun. Die Ursache, die wir selbst ebenfalls übersehen hatten, war ein Nordföhn mit über 6 hPa vor dem die Locals warnten, weil es durchaus vorkommt, dass der kalte, starke Wind vom Simplonpass her durchbrechen kann und mindestens für extrem schwierige und gefährliche Landesituationen sorgt. Upsi. Wir gehen trotzdem weiter zum oberen Startplatz, Piana di Vigezzo 1 bei BurnAir, wozu etwa 100 Höhenmeter aufgestiegen werden müssen, um uns wenigstens den mal angeschaut zu haben. Es gibt einen Startplatz direkt unterhalb der Bergstation, Santa Maria SO, doch der taugt uns nicht so gut, weil wieder durch eine Waldschneise gestartet werden muss. Die Startbedingungen oben erscheinen perfekt zu sein, etwa 10km/h von vorne, ein paar Thermikwolken, Sonne, der Landeplatz ist zu sehen und ohne den Hinweis auf den Nordföhn, den wir in unseren Apps tatsächlich bestätigt fanden, wären wir ziemlich sicher gestartet, doch das lassen wir schön, denn ob’s funktioniert hätte, wüsste Frau erst hinterher, wenn sie noch lebt.
Eine kleine Pause in der Sonne am Starthang gönnen wir uns bevor wir zurück zu Bahn gehen und runterfahren und zu Fuß zurück zum Stellplatz wackeln mit einem kleinen Stopp im Supermarkt. An diesem Nachmittag packe ich meine Handpan aus, wir sitzen in der Sonne, ich spiele ein wenig, Astrid besorgt uns von der Bar am angrenzenden Golfplatz zwei Aperol Sprizz. Es könnte eine schlimmer treffen. Der nächste Tag soll super werden zum Fliegen und so brechen wir an einem schönen, sonnigen Sonntagmorgen erneut auf zum Startplatz und sehen in unseren Apps, dass es tatsächlich gute Chancen auf einen schönen Flug gibt. An der Bergstation angekommen, ist der dortige Startplatz gut besucht, wir beobachten einige Starts, befinden allerdings, dass wir uns nicht in die Menge stellen wollen, sondern wieder die 20 Minuten weitergehen zum oberen Platz, wo wir nach Eintreffen ganz allein sind. Sehr gut. Wir sind früh dran und warten daher noch ein wenig, denn es könnten sich passable Thermiken bilden und als wir immer mehr Schirme sehen, die unten gestartet sind und sich halten können, entscheiden wir zu starten. Direkt nach dem Abheben merke ich jedoch, dass sich bestätigt, was ich bei den anderen Pilot:innen in der Luft bereits beobachtete, die Luft ist ziemlich bockig und ich fühle mich von der ersten Sekunde an nicht wohl. Jedes Steigen schüttelt mich gut durch, die Kappe raschelt permanent, ständig ändert sich der Druck auf den Steuerleinen, ich funke Astrid, wie es mir geht und dass meine Ambitionen, hier lange zu fliegen, gerade auf Null gegangen sind. Apropos funken. Wir haben unsere Motorola T82, für die es keine geeigneten Headsets mit Finger PTT gibt, gegen sehr günstige Retevis R24, das Stück für kaum 15€, mit Finger PTT gewechselt und obwohl diese Funken technologisch uralt sind, ist die Sprachqualität um Lichtjahre besser als mit dem Motorola und der Sprechknopf am Finger ist ein echter Gamechanger, weil nichts mehr losgelassen werden muss, um sich mitzuteilen. Ich biege in Richtung Landeplatz ab, mir reicht’s, und nach etwa 20 Minuten in der Luft setze ich im Landefeld auf. Im Bereich des Landeplatzes gab’s eine Konvergenz aus den beiden Talwinden, die den Anflug etwas ruppig werden ließ, doch ein ordentlicher Gegenwind etwas tiefer erleichtert mir das seitliche Hineindriften, verlangsamt den Endanflug so, dass ich kurz vor Mittag relativ sanft auf den Boden zurückkomme, wo sich bald auch Astrid einfindet. Der Wind macht uns das Einpacken schwer, er nimmt seit unserer Landung konstant zu und die nach uns Landenden haben gut zu tun, sich nicht den Hals zu brechen. Für mich steht fest, dass ich nicht nochmal rauf möchte. In wenigen Minuten zu Fuß zurück am Stellplatz stellt sich die Frage, was wir nun weiter unternehmen wollen? Der nächste Tag soll wieder ein Regentag werden und auch die Tage danach ist mit viel Fliegen hier wenig, was in meinem Kopf schon wieder für nach-Hause-fahren-Phantasien sorgt. Umso weniger populär ist in der Folge Astrids Vorschlag, einmal quer fast 400km durch Norditalien nach Bassano umzusetzen, weil es dort am nächsten Tag super zum Fliegen aussieht. Bassano taugt mir nicht zum Fliegen, weil es dort immer brechend voll mit vielen Pilot:innen ist, von denen viele weder starten können, noch Hangflugregeln kennen, und dann auch noch eine so lange Fahrt, unter 5-6 Stunden mit dem Pickup geht sich das nicht aus, und alles ergibt nur Sinn, sagt mein Quatschi, wenn wir sofort aufbrechen und nicht bis zum nächsten Tag warten. Z’fix. Ich komme erst recht in eine Zwickmühle als Astrid darauf besteht. Ich könne ja heimfahren, sie nimmt dann den Zug nach Bassano, weil sie auf keinen Fall nach Hause will, wo wir tun, was wir immer tun. Na dann, ich lenke ein, getrennte Wege zu gehen ist keine Option für mich, also handele ich gegen meine Intuition, bestehe darauf, dass wir sofort einpacken und aufbrechen, damit wir nicht erst mitten in der Nacht dort ankommen und versuche, mich innerlich auf eine mindestens 6 Stunden Fahrt vorzubereiten, die es dann auch braucht. Es geht aus dem Tal hinaus zurück nach Domodossola, einmal volltanken, Stau, Mailand, Stau, Brescia, Stau, Verona, Vicenza, Bassano del Grappa und in Semonzo auf den Camper-Stellplaz am Garden Relais, wo wir am nächsten Tag, ein Montag, der erste September, unmittelbar in ein Fliegetaxi steigen können. Wir kennen uns ein wenig aus, weil wir schon zweimal hier gewesen sind, Astrid organisiert per WhatsApp zwei Sitzplätze im Regis-Taxi am nächsten Morgen um 10Uhr, gegen halb elf sind wir am Startplatz Bepi und starten ziemlich genau um 12Uhr. Meine Vorurteile sehe ich alle wieder bestätigt, viele haben Schwierigkeiten zu starten, brauchen 2,3,4,5 und mehr Anläufe bis sie mit Glück rauskommen, wir helfen ein wenig, wo wir können, doch wir sind nicht die Mamas und wollen selbst auch irgendwann mal in der Luft sein. Ich starte als erste, bin sofort in der Luft, finde Thermik und Hangwind, steige schnell gute 500 Höhenmeter und gehe in einer Thermik in eine Warteposition, von wo aus ich sehen kann, wann Astrid in der Luft ist und zeige ihr gleichzeitig an, wo es hoch geht. Wir sind die einzigen weißen Thetas, ich bin nicht zu übersehen. Über mir ist niemand mehr. Sie hilft einem Piloten, der es so gar nicht gebacken bekommt, noch zweimal und kommt dann endlich selbst beim ersten Aufziehen sauber raus und beginnt, sich nach oben zu schrauben. In der Zwischenzeit bin ich beinahe auf 1500m, habe den Startplatz um fast 700m überhöht, und muss vor ein paar Wolken flüchten bis ich mit Astrid zusammen kreisen kann. Die Funke kommt wieder ins Spiel, es ist so unglaublich angenehm, wenn wir uns während des Fluges austauschen können und so versuchen wir, ein klein wenig Strecke zu machen. Ich bin bis dahin bloß schon soviel mit leerem Magen gekreist, dass es mir nach einer guten halben Stunde so übel wurde, dass ich Sorge hatte, abladen zu müssen, weswegen ich nach Besprechung mit Astrid ins Flachland zum Landeplatz abbog. Dort gab’s zwar auch ein flächiges Steigen in großen Teilen, doch das konnte ich ohne Abstiegshilfen benutzen zu müssen per Langsam-machen des Schirmes gegen den Wind überwinden und setzte endlich mal wieder mit einer schönen Landung etwa eine weitere halbe Stunde später am Garden Relais auf, wo Astrid kurze Zeit später ebenfalls einlandete. Bis auf die Übelkeit war’s ein toller Flug und weil es ein wenig thermisch ist, verteilte sich der Pulk über eine größere Höhe und es gab keine Probleme mit plan- und regellosen Pilot:innen. Vom lauten Stellplatz am Garden Relais ziehen wir um zum kleinen Campingplatz Santafelicita auf der gegenüberliegenden Seite des Ortes, wo es deutlich stiller und entspannter zuging und weil wir uns nach dem Regentag dienstags, der folgte, nochmal zwei schöne Fliegetage Mittwoch und Donnerstag mit Streckenpotential ausmalten, checkten wir gleich für den bis dahin geplanten Rest des Urlaubes ein, bezahlten im Voraus und ließen es uns am Abend im L’Antica Abbazia, einem sehr guten Restaurant direkt am Campingplatz, gut gehen und feierten ein bisschen den schönen Flug. Ich muss zugeben, die Strapaze mit der weiten Fahrt auf die andere Seite Italiens hat sich in dieser Hinsicht auf jeden Fall gelohnt.
Wie wir einigermaßen spontan zum Sicherheitstraining kamen, das diesem Beitrag den Titel verliehen hat.
In der Nacht beginnt es zu regnen und das bleibt mit wenigen Lücken bis zum Nachmittag des nächsten Tages so. Eine Lücke nutzen wir, um ein paar Besorgungen im Alimentari zu machen, ansonsten hocken wir in der Kabine, vertreiben uns die Zeit mit Daddeln und Flugplanungen bis Astrid auf irgendeinem Kanal die Info reingespült bekommt, dass am nächsten Tag am Idrosee ein Women-only Sicherheitstraining der Flugschule Sicher Fliegen mit Jojo startet. Jojo ist toll. Sie hat mit Zylle zusammen das XC Seminar im Mai gemacht, an dem wir teilnahmen und das für uns der Schlüssel zum B-Schein gewesen ist. Wir checken den Termin auf der Homepage der Flugschule, tatsächlich, ein kleiner Kurs, maximal 8 Teilnehmerinnen…. und …..es sind noch zwei Plätze frei. Das ist Karma.
Zu diesem Zeitpunkt verknüpfen wir Langleitungstussies auch die Übernachtung von Ines bei uns zu Hause letztes Wochenende, die sich auf dem Weg zu einem Sicherheitstraining am Idrosee befand und wegen der superlangen Anreise aus dem Rheinland eine Zwischenübernachtung benötigte, wozu wir ihr unser Häuschen zur Verfügung stellten.
Boahh… eine neue Zwickmühle. Eigentlich müssen wir freitags um 18Uhr meine Mädels im Saarland abholen, weil Kinderwochenende ist, doch der Kurs geht über 5 Tage von Mittwoch bis Sonntag. Geld ist kein Problem, denn wir fahren seit zwei Wochen wie ein Geldtransporter mit den Honoraren der Bergführer fürs Matterhorn durch die Gegend, aber das Kinderwochenende ist ein Thema. Doch dann überlege ich, dass meine Mädels ehrlich gesagt schon groß sind. Ich frage sie einfach nach ihrer Meinung, erkläre unsere Situation und höre, was sie dazu zu sagen haben, denn sie sind die wichtigen Menschen, um die es in der Sache geht. Nach kurzer Abstimmung höre ich von beiden, dass sie fein damit sind, wenn wir fliegen gehen und wünschen uns viel Freude dabei. So einfach kann es sein. Jetzt ist nur die Frage offen, ob wir zwei Tage Streckenfliegen in Bassano gegen 5 Tage Sicherheitstraining mit Nervenkitzel tauschen wollen? Astrid telefoniert erst mit Jojo, die sich schlimm freuen würde, wenn wir dabei wären, und mit Roman, dem die Flugschule gehört, ob die zwei Plätze wirklich noch frei sind und ja, sind sie, Start des Kurses sei am nächsten Tag um 13Uhr am Miralago im Schulungsraum. Fertig mit Überlegen, wir fahren zum Sicherheitstraining, auch wenn ich keine Ahnung habe, was ich dort fliegen soll und der Gedanke an zerstörte Flugzustände mich im Moment mental überfordert, doch wir könnten auch einfach eine schöne Zeit haben. Wir dürfen fliegen, müssen aber nicht, wenn uns nicht nach Action zumute ist. Women-only bedeutet nämlich auch, dass alles erlaubt ist und wenn das mal nicht fliegen ist, ist’s genauso gut. Naja, ein bisschen naiv, rückblickend betrachtet, denn in Wahrheit, hat keine einzige der starken Frauen auch nur einen einzigen Flug nicht gemacht.
Am nächsten Morgen packen wir in Bassano zusammen, machen uns auf den Weg zum Idrosee, sind pünktlich zu Beginn des Kurses im Schulungsraum und, Überraschung, Hannah und Steph, die ebenfalls schon am XC Seminar im Mai teilnahmen, sind auch da, d.h. 5 von 8 kennen sich schon. Das ist witzig. Die Wetterprognose sieht so gut aus, dass wir annehmen dürfen, jeden Tag fliegen zu können, was wir bisher in unseren beiden anderen Trainings hier ganz anders erlebten. Es ist warm, die Sonne scheint, es gibt sehr guten Kaffee, superleckeres Eis und die weltbesten Pistaziencroissants. Bloß der Campingplatz ist proppevoll und hat keine Ecke mehr für uns, doch das ist einfach zu lösen, weil wir bereits von Bassano aus gecheckt hatten, dass wir am Camperstellplatz am Landeplatz bleiben müssen und in weiser Voraussicht in Bassano bereits ver- und entsorgt hatten und insbesondere den Wassertank fast ganz füllten, um 4-5 Tage autark sein zu können.
Zunächst gibt es ein wenig Bürokratie, Zettel sind auszufüllen, zu Schwimmweste und Funk gibt’s eine kurze Einweisung, für den größeren Teil der Teilnehmerinnen ist’s das erste Sicherheitstraining, es folgt eine K-Prüfung für alle Gurtzeuge, womit sichergestellt wird, dass alle ihren Retter finden und ziehen können, ein paar Menschen stellen sich vor: Anja ist am Startplatz, Leonie fährt den Bus, Roman fährt das Boot, Robert ist an der Kamera und natürlich Jojo, die uns am Funk bei unseren Manövern begleitet. Die Teilnehmerinnen stellen sich vor, erzählen etwas über ihre Ziele und Erwartungen zum Training und ich gewinne zu diesem Zeitpunkt den Eindruck, dass wir alle gar nicht so weit auseinanderliegen bezüglich unserer fliegerischen Fähigkeiten, es gibt keine Überflieger und keine bloody beginners. In unseren anderen Kursen war das anders, wo manche noch vor dem ersten Flug von Strömungsabrissen faselten und andere Mühe hatten, überhaupt zu starten. Gefällt mir gut. Allerdings bin ich seit unserer Entscheidung zur Teilnahme fürchterlich aufgeregt, weil ich immer ein wenig Panik vorm Manöverfliegen habe. Es kann so viel schiefgehen und die Ursache ist immer die Pilotin. Erstmal folgt die Landeplatzbesichtigung, zu der wir unsere mobile FeWo schonmal mitnehmen, weil wir später sowieso dort stehenbleiben werden. So, wie es mir am Anfang ging, als ich den Landeplatz noch nicht kannte, ging es auch einigen anderen, weil er zunächst relativ klein erscheint, von Bäumen und See begrenzt wird, es keine Ausweichmöglichkeit gibt, Berg- und Talwind sehr stark werden können, Thermik und/oder Konvergenzen manchmal noch dazu kommen. Trotz dieser Eigenschaften habe ich ihn jedoch stets getroffen, auch wenn es manchmal herausfordernd war. Jojo bietet an, auch bei der Landung zu unterstützen, für jene, die das wollen, um die Schwelle ein wenig zu senken. Fand ich toll. In der Vorstellungsrunde habe ich nämlich auch meine Landeprobleme angesprochen und fand mich damit nicht alleine. Bei mir ist’s nicht die Landeplatzgröße, sondern das Timing im Endanflug, das nicht passt und mir sehr häufig harte Aufschläge auf dem Popo beschert.
Als der Landeplatz abgehakt ist, ist der Nachmittag bereits so weit fortgeschritten, dass wir im Anschluss für den Abendflug auffahren, den Startplatz besprechen und dann auch alle zum ersten Flug starten, der jedoch noch kein Training ist. Der Südost steht gut an, wir schaffen es, ein wenig am Starthang zu soaren und zaubern so einen superschönen ersten Flug in den Sonnenuntergang hin. Den ersten Abend beschließen wir mit einem gemeinsamen Abendessen im Restaurant Miralago.
Donnerstagsmorgens fliegen wir die ersten Trainingsflüge, bei denen Astrid und ich zunächst uns bekannte Manöver wählen, B-Stall, Big Ears (also wirklich große Ohren mit jeweils zwei A-Leinen auf jeder Seite), Spirale, Rollen und Nicken, denn es ist immer gut, diese zu festigen und sich Tipps für Verbesserungen geben zu lassen, weil gerade das Rollen bei mir bis dahin negativ besetzt gewesen ist. Zum einen wird mir beim Rollen so schnell schlecht, wie bei keinem anderen Manöver, das ich bisher geflogen bin und ich hatte im letzten Training die Erfahrung machen müssen, wie schnell das Manöver blöd werden kann, wenn man den jeweiligen Außenflügel nicht stützt, was mich damals in Bruchteilen von Sekunden in einen Spiralsturz katapultierte. Deswegen stand dieses vermeintlich einfache Manöver die ganzen Tage in diesem Training auf der ToDo Liste und ich glaube, ich bin an der Baustelle ein ganzes Stück weitergekommen. Astrid fliegt dabei bereits richtige Wingover, d.h. sie kommt mit ihrem Körper bei der Pendelbewegung über die Schirmmitte hinaus, und die Richtungswechsel schauen bei ihr richtig rund aus.
Andere Mädels aus der Gruppe haben natürlich auch so ihre Baustellen, an denen sie zu feilen beginnen, angefangen von sich zu trauen, mal richtig an den Leinen zu ziehen bis hin zu den ersten Gehversuchen in Sachen Spirale, einem sauberen B-Stall oder wirklich großen Ohren. Alle sind da ganz mutig unterwegs und es ist eine Freude zuzusehen, wie vom ersten Flug an Wachstum einsetzt und eigene Grenzen verschoben werden. Im Gegensatz zu Männergruppen freut Frau sich hier für jede andere, die mit Mut und Spaß die eigene Komfortzone dehnt, ohne mit Angst fliegen zu müssen. Es finden keine Schwanzvergleiche statt, um es mal plump aber für alle verständlich auszudrücken. Es kommt nicht darauf an, ob Frau einen Fullstall fliegt oder nickt, was ehrlich gesagt, gar nicht so einfach ist, wie es sich anhört. Das ist keine pauschale Verurteilung der Männer, wir haben tolle männlich identifizierte Menschen, mit denen wir gerne fliegen, doch in Haufen mit genügend Testosteron wird es schnell unerträglich für mich.
Mit den ersten beiden Flügen haben Astrid und ich unsere bisherige Grenze erreicht und der nächste logische Schritt sind etwas anspruchsvollere Manöver, zu denen es nach der Videoanalyse am Nachmittag die erste Theorie gibt, wie Stallpunkt ertasten, zuerst einseitig dann beidseitig mit Blick auf das Trudeln im Ansatz, was in unserem vorangegangenen Training „Verhänger-Öffnungs-Tool, oder kurz VÖT“ genannt wurde. Was dabei passieren kann, wenn Frau es übertreibt, haben Astrid und ich mit Michis anschließendem Retterabgang damals gelernt, entsprechend groß ist mein Respekt davor. Außerdem besprechen wir die Klapperspirale, im landläufigen Gebrauch auch „Hermann“ genannt, die Astrid und ich schon seit dem letzten Training im Kopf haben, uns damals aber nicht trauten zu fliegen. Jetzt ist das anders. Nach Videoanalyse und Theorie ist dann auch schon wieder Zeit für den Abendflug, zu dem ausnahmslos alle mit rauffahren, der allerdings nicht ganz so lange dauert, wie am Vortag, weil weder nennenswerte Thermik vorhanden ist, noch steht der Wind fürs Hangsoaren gut genug an. Macht aber nix, ist trotzdem ein Traum, an den sich erneut ein gemeinsames Abendessen anschließt.
Freitagsmorgens starten wir schon um 6:30Uhr, weil nicht sicher ist, wie lange heute fliegen möglich ist. Die prognostizierten Druckdifferenzen mahnen zur Vorsicht, es wird im Tagesverlauf Nordföhn geben, der über Nacht anhält und der auf keinen Fall unterschätzt werden darf. Ein großer Tag ansonsten. Zwei Flüge gehen sich vormittags aus, Astrid und ich sind mutig, beginnen den ersten Flug damit herauszufinden, wo der Punkt ist, an dem bei unseren Schirmen die Strömung abreißt, indem wir erst auf einer Seite, dann auf der anderen und zum Schluss beidseitig die Bremsen entschlossen soweit herunterziehen bzw. drücken bis der immer größer werdende Steuerdruck abrupt endet, dieser butterweich wird und der Schirm aufhört zu fliegen. Reißt Frau in dem Moment entgegen aller Reflexe die Hände hoch bis hinauf an die Leinenschlösser und dem Schirm damit sagt, er soll wieder anfahren, passiert relativ wenig. Die Kappe entlastet kurz, entleert sich dabei auf der gestallten Seite oder auch ganz und füllt sich im Idealfall ohne nennenswerte Deformation beim Anfahren sofort und fliegt wieder. Tut Frau das nicht, bricht ziemlich schnell die Hölle los. Bei uns geht so weit alles gut, wir sind fürs Trudeln im Ansatz gerüstet. Es folgt der zweite Flug. Ich habe nur den Hermann auf’m Zettel, weil mir das ziemlich sicher reichen wird. Mit Jojo am Funk verabredete ich, dass ich mich nach dem Manöver entscheide, ob noch was geht, und wenn nix mehr geht, klappe ich das rechte Öhrchen als Zeichen für sie einmal kurz ein. Vor mir fliegt Teresa dieses Manöver, dessen Ablauf ich über Funk mitbekomme. Lief super. Keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten. Ob mir das hilft, kann ich nicht sagen, jedenfalls hängt die Hose zwischen den Knöcheln als ich starte und mich auf den Weg in die Trainingsbox über Wasser mache. Jojo meldet sich, meine Position sei gut für die Klapperspirale, ich können loslegen. Eigentlich wollte ich zuerst die rechte Seite klappen und mich dorthin fallen lassen, weil ich im letzten Flug zum Schluss eine Spirale nach rechts flog und die linke Hand auf jeden Fall noch wissen müsste, dass sie außen ist, doch auf dem Weg in die Box kam mir ein anderer Gedanke. Wenn es die Bedingungen zulassen, lasse ich nach dem Start gerne die Steuerleinen los, Hang loose hat Eki das genannt, versuche mich kurz zu entspannen bevor es losgeht und greife dabei immer 2-3 Mal zur Griffschlaufe des Retters, der sich auf der rechten Seite meines Gurtzeugs unter meinem Popo befindet. Da kam mir die Idee, dass es klug sein könnte, die Klapperspirale genau anders herum einzuleiten, denn dann wäre mein Retter auf der Seite des Systems, das nach außen rotiert und ich stellte mir vor, dass der Retter auf der offenen Seite tendenziell besser aufgehen müsste, wenn der worst case eintritt. Also schwenke ich um, klippe meine linke Steuerschlaufe an den Tragegurt, spanne meinen ganzen Körper an, mache mich im Gurtzeug fest und ziehe beherzt die gesamte linke Eintrittskante über 3 A-Leinen zu mir runter, lehne mich auf die geklappte Seite und halte fest, die rechte Hand ist ganz oben. Dann warte ich auf die Reaktion, doch es passiert erstmal nix, mein Schirm fliegt trotz der sehr großen Deformation weiter geradeaus. Ja, ist ein toller Schirm, doch das war jetzt nicht Ziel der Übung. Jojo weist mich an, den Klapper nochmal zu öffnen und es nochmal von vorne zu versuchen. Ich führe die gehaltenen Leinen wieder hoch, der Flügel öffnet sofort, anscheinend muss ich noch etwas entschlossener handeln und so beginne ich von vorne, strecke mich so weit nach oben, wie es geht, greife mit links alle 3 A-Leinen dieser Seite, ziehe sie mit viel Schwung zu mir nach unten, fast 70% der gesamten Schirmfläche klappt ein, ich lasse mich in das Gurtzeug zurückfallen und dann bemerke ich, dass der Schirm in eine Rotation über die deformierte Seite startet. Zuerst ganz langsam, so als ob der Schirm nachfragen würde „bist du sicher, dass du das willst?“, doch ab einem gewissen Punkt, so nach 1-2 Runden, geht die Luzi ab, die Rotation wird so schnell, wie in einer Spirale, allerdings ist der Drehpunkt zwischen mir und meinem Schirm, d.h. ich als Pilotin werde in eine Rückwärtsrotation gezwungen, so, wie wenn ich einen SAT fliegen würde. In dem Moment, in dem meine Rückwärtsfahrt beginnt, rutscht mir das Herz in die Hose, weil ich dieses Gefühl bisher nicht kannte und es sich zunächst ziemlich unangenehm anfühlte. Mein Gehirn geht aus, ich starre auf die rotierende Kappe, verliere völlig die Orientierung, vergesse aber nicht, dass meine rechte Bremse die Ausfahrt ist. Jojo am Funk findet’s klasse, dass ich es geschafft habe, die Klapperspirale einzuleiten und sagt mir an, dass ich nun die rechte Bremse mit Gefühl dazunehmen soll. Ich beginne zu ziehen und staune, wie schnell dieser Zustand sich dadurch verlangsamt, der Drehpunkt in die Kappe wandert, ich wieder vorwärts fliege und erst als der Schirm beginnt, in eine neue Rotation über die offene Schirmseite zu kippen, verstehe ich, dass ich die rechte Bremse wieder nachgeben kann und das Höllenkarussell ist zu ende. Als ich wieder stabil geradeaus fliege, lasse ich den gehaltenen Klapper los, der Schirm öffnet und die Show ist vorbei. Das war das Abgefahrenste, was ich bisher mit meinem Schirmchen veranstaltet habe. Sehr geil. Ich hab‘ allerdings ganz schön Puls und als Jojo sich für das nächste Manöver meldet, ziehe ich das rechte Öhrchen kurz ein, sie lacht und wünscht mir einen schönen Flug und eine gute Landung.
Die übernächste Pilotin hinter mir ist Astrid. Jojo hatte sich gewünscht, dass wir mit unseren weißen Thetas bei den Trainingsflügen nicht direkt hintereinander starten sollen, weil wir ihr sonst das Leben schwerer machen würden, weswegen wir immer darauf achteten, dass mindestens eine andere Pilotin zwischen uns fliegt. Astrid hat ebenfalls den Plan, ihre erste Klapperspirale zu fliegen, was sie auch tut und auch sie ist völlig geflashed ob des krassen Gefühls der Rückwärtsrotation und wie schnell und relativ einfach dieses Manöver unter Kontrolle gebracht werden kann. Übrigens entschieden wir uns für diese wild erscheinende Figur wegen des praktischen Nutzens, es zu kennen, denn ein sehr großer Anteil der unkontrollierten Abstürze von Gleitschirmfliegenden startet mit einem großen Verhänger in freier Wildbahn, besonders in thermischer Luft kommt das nicht so selten vor. Diesen Verhänger simulieren wir mit dem großen Klapper, den wir bewusst ziehen und halten. Wird in freier Wildbahn nicht oder zu spät auf so eine Störung reagiert, beginnt der Schirm nicht selten mit so einer Rotation, wie wir sie erlebt haben und wenn dieser Fall eintritt, sind die Chancen, die Situation in den Griff zu bekommen, deutlich größer, wenn Frau erkennt, was passiert und in der Folge aktiv und kontrolliert ausleiten kann. Zumindest ist das die Theorie.
Die Sinkwerte sind allerdings extrem hoch, bei unseren Manövern zwischen 18 und 23 m/s, d.h. bei fehlender Höhe kann es auch schlau sein, nicht zu experimentieren, sondern gleich den Retter zu ziehen. Erleben wollen wir das nicht, doch jetzt ist ein Werkzeug mehr im Koffer und Spaß macht’s ehrlich gesagt auch.
Es macht so viel Spaß, dass ich dieses Manöver nun jeden Tag einmal fliege und dabei beginne, die Orientierung zu behalten, die Menge der Rundfahrten zu kontrollieren und beim letzten Mal sonntags sogar völlig pendelfrei gezielt ausleite, ohne über die offene Seite einzudrehen. Auch Astrid und zwei weitere Pilotinnen machen das so und bei allen verschwand der erste Schreck und verwandelte sich in ein „wie geil ist das denn bitte“ Manöver.
Freitagsnachmittags wird der Wind ziemlich stark, einen Abendflug können wir nicht machen, doch für alle, die möchten, und das tun alle, treffen wir uns für eine Groundhandling-Session am Landeplatz, nachdem die Videoanalyse und die Theorie abgehalten sind. Einen anderen Menschen treffen wir dort, der mit seinem Flügel regelrechte Kämpfchen im Wind führt, denn der Wind ist nicht laminar, wie sonst, sondern rauscht mit teilweise ziemlich krassen Böen durchs Gelände, wahrscheinlich mitverursacht durch etwaige Föhndurchbrüche. Nix für mich. Auch die anderen Pilotinnen lassen ihr Zeug verpackt und so sitzen wir in der Sonne, genießen die Pause, ich packe meine Handpan aus und spiele ein wenig, bis mein Repertoire erschöpft ist. Leider hat sich die Windsituation bis dahin nicht verändert, die Schirme bleiben im Packsack. Stattdessen nehmen wir ein Bier am Kiosk, der sich zwischen Landeplatz und Strand befindet und quatschen schön. Ich muss das an der Stelle loswerden: Ich bin so froh, in dieser Gruppe sein zu dürfen, es tut unendlich gut als Frau akzeptiert zu werden, denn das ist keineswegs selbstverständlich in der heutigen Zeit. Balsam für meine lange geplagte Seele. Menschen, die diese innerliche Diskrepanz nicht kennen, und das sind die meisten, werden das vielleicht nicht verstehen. Doch es gibt auch nix zu verstehen, es genügt, es zu akzeptieren und mich als Mensch zu behandeln und zu respektieren. Niemand hat auch nur den kleinsten Nachteil dadurch, mich einfach sein zu lassen.
Der Samstag. Es könnte der beste Flugtag der Woche werden, wenngleich der Nordföhn noch in meinem Gedächtnis hängt und ich das auch äußere als wir uns morgens zum Briefing treffen. Jojo hat das auf dem Schirm, wir werden das beobachten, doch sie denkt, das ist für den Idrosee mit seinem eigenen „Klima“ kein Problem heute. Wir fahren rauf. Für Astrid und mich steht heute im ersten Flug trudeln im Ansatz auf dem Programm, d.h. der Ablauf ist erstmal mit dem Ertasten des Stallpunktes gleich, allerdings bleibt Frau für einen kurzen Moment im Strömungsabriss, bis der Schirm etwa 90° rückwärts weggedreht hat und führt dann erst die Hände sehr zügig nach oben. Die Gefahr dabei ist, dass der Schirm beim Wiederanfahren ziemlich schnell vorschießen kann, wenn der Strömungsabriss über 90° hinaus gehalten wird und dann passieren ziemlich sicher Dinge, die wir nicht wollen. Es bleibt also aufregend, denn wir reden über Bruchteile von Sekunden, die über ein cooles Manöver oder einen Retterabgang entscheiden. Vorsorglich packe ich, wie bereits am Vortag vor dem ersten Hermann, alles, was nicht nass werden darf einschließlich meines Varios, in meinen Snozzle-Bag, in dem ich sonst den Schirm hab‘, denn der ist wasserdicht. Und dann geht’s los. Nach Erreichen der Trainingsposition über Wasser und meiner vorangegangenen mentalen Vorbereitung auf das, was kommt, zögere ich nicht, bremse leicht beidseitig an, drücke eine Seite über den Bremswiderstand hinaus bis die Strömung abreißt, behalte dabei meinen Schirm im Auge und als er beginnt zu entleeren und abzudrehen, reiße ich beide Hände wieder hoch und lasse sie oben. Der Schirm kommt nach der einseitigen 90° Rückwärtsfahrt zügig nach vorne, doch er fliegt dann auch einfach wieder.
Jojo meldet sich und schlägt vor, wenn es mir gut geht, könne ich das gleiche auf der anderen Seite nochmal tun. Das mache ich. Dieses Mal bleibe ich jedoch einen winzigen Tick länger im Strömungsabriss, der Schirm dreht einseitig fast 180° rückwärts und schon ist Zirkus als er vorschießt. Ich fange nicht ab, weil ich so schnell überhaupt nicht blicke, was Phase ist, und außerdem würde eine zu schnelle Reaktion die Situation eher verschlimmern als verbessern, also lasse ich die Hände oben, schaue fast waagerecht in meine entlastende Kappe, bei der anschließend die Front komplett einklappt. Upsi. Nicht gut. Der Schreck hält nicht lange an, denn ich habe einen tollen Schirm, der genauso schnell wieder öffnet und nachdem ich durchgependelt bin, fliegt er einfach wieder. Alter, das hätte schiefgehen können. Neues Trainingspotential. Ich beruhige mich wieder, bringe mich zurück auf Achse und höre Jojo, die als nächstes Manöver eine weitere Klapperspirale vorschlägt, sofern ich bereit dazu bin. Bin ich und entscheide mich für die gleiche Seite, wie gestern, ziehe links einen großen Klapper, lasse mich auf die geklappte Seite fallen und los geht die Fahrt. Wenn Frau weiß, was passiert und wie es sich anfühlt, ist’s gar nicht mehr so schlimm. Ich behalte die Orientierung und leite etwas kontrollierter als beim ersten Mal aus. Fein. Danach ziehe ich mein Öhrchen ein, denn das war für einen Flug genug Spannung. Jojo wünscht mir eine schöne Landung.
Apropos Landung. Dabei habe ich ebenfalls Fortschritte gemacht, denn ich glaube nun zu wissen, warum ich gerade bei Nullwind so häufig einschlage: Ich fange den Schirm zu spät ab und lasse ihm damit keine Zeit, die Fahrt vor dem Aufsetzen zu verlangsamen. Wenn die Füße schon fast das Gras berühren, ist’s zu spät und der Kopf ruft, das ist zu schnell, heb die Beine hoch und dann geht’s fast ungebremst in den Boden. Ziehe ich jedoch aus einem ungebremsten Endanflug zwei Sekunden früher an den Steuerleinen, hat der Schirm die nötige Zeit, langsamer zu werden, die Energie in einem leichten Steigen abzubauen und ich komme fast, wie eine Feder auch bei Nullwind auf meinen Füßen auf. Timing ist das Schlüsselwort. Danach habe ich nur noch die allerletzte Landung im ganzen Training verkackt, wobei ich jedoch die Ursache kenne.
Astrid, Vreni und Teresa fliegen an diesem Morgen ebenfalls die Manöver Trudeln im Ansatz und nochmal den Hermann. Auch sie machen die Erfahrung, dass der Schreck beim Hermann sich in Spaß verwandelt hat und kommen mit breitem Grinsen zum Landen. Ein Fest. Die anderen Mädels fliegen tolle Spiralen, ertasten die Stallpunkte ihrer Schirme, rollen und nicken, wie die Wahnsinnigen, ziehen B-Stalls und üben sich in den Big Ears. Das ist fantastisch. Immerhin ist es so, dass manche aufgrund diverser Umstände vergleichsweise wenig zum Fliegen kommen und unter dieser Prämisse machen alle enorme Fortschritte, überwinden ihre Hürden und wachsen an ihren Manövern. Das freut mich außerordentlich für alle.
In meinem zweiten Flug belasse ich es beim Nicken, denn das hatte ich bis dahin in diesem Training überhaupt noch nicht geflogen, danach ziehe ich das Öhrchen wieder ein, weil es mir vom Kopf her genügt und Jojo verabschiedet mich in einen schönen Restflug. Auf dem Weg in meine Landeeinteilung teste ich, wie es um meine Leitlinienacht bestellt ist. Auch so ein Manöver, das häufig unterschätzt wird, denn es ist nicht so einfach, zügig hintereinander auf Achse zwei Kreise in jeweils unterschiedliche Richtungen zu fliegen und beim Übergang nicht bis Timbuktu zu pendeln.
Die Bedingungen sind so gut an diesem Vormittag, dass wir ein drittes Mal rauffahren, allerdings entscheiden Astrid und ich uns für einen Freiflug ohne Training. Astrid findet auch, dass es mit Training für heute reicht, immerhin haben wir Urlaub und es darf auch mal ein gechillter Flug sein. Absolute Zustimmung von Anja, die den Startplatz managed, und Jojo unten am Strand. Finde ich toll, dass Frau sich für so eine Entscheidung nicht rechtfertigen muss, sondern es einfach tun kann, ohne dass jemand was dazu zu sagen hat.
Beim darauffolgenden Start erkenne ich eine weitere Lücke in meinen Fähigkeiten: rückwärts aufziehen. Das mache ich sehr selten und entsprechend wenig routiniert bin ich darin, gerade mit dem neuen Schirm, der sich zwar prinzipiell leicht starten lässt, aber wegen seiner Streckung und der fast doppelten Anzahl an Zellen im Vergleich zum Pi3 doch anders verhält. Noch eine kleine Seitenwindkomponente und es geht viel schief, aber ich komme mit Gewürge raus auch wenn’s nicht schön und unkontrolliert ist.
Es ist bereits halb eins am Nachmittag, die Luft ist nicht mehr ruhig, Thermik setzt so langsam ein, auch ein Grund, warum ich mich für einen Freiflug entschieden hatte. Es bietet die Möglichkeit zu versuchen, ein wenig länger zu fliegen. Richtig gut geht’s nicht, doch es genügt, um die Airtime im Vergleich zu den Trainingsflügen fast zu verdoppeln und auf dem Weg in meine Landeeinteilung, die ich über Land mache, um die Trainierenden überm See nicht zu stören, baue ich weitere Achten ein, die in der Aufzeichnung mit der Garmin-Uhr tatsächlich fast perfekt ausschauen. Saubere Kreise, einmal rechts der gedachten Achse, einmal links mit identischem Durchmesser und einem sehr kleinen Übergang und pendelfrei. Hab‘ ich in der A-Schein-Prüfung nicht geschafft.
Nach einer Pause treffen wir uns, wie jeden Tag nach den Flügen, im Schulungsraum, schauen gemeinsam die geflogenen Manöver an, besprechen diese ausführlich und sind uns einig, dass wir am nächsten Morgen, dem letzten Tag, keine neuen Manöver mehr probieren, sondern stattdessen alle bis dahin geflogenen festigen wollen. Manche haben sich inzwischen des Öhrchens bedient, um zu signalisieren, dass es genügt, doch die gewählte Seite sorgte für einen Lacher, denn ich hatte immer das rechte Öhrchen als „ich bin fertig“ verwendet, eine andere Pilotin zog das linke ein und wir einigten uns darauf, dass links bedeutet „mmmhhh… naja, vielleicht möchte ich zu einem weiteren Manöver überredet werden.“.
Für heute steht noch ein Abendflug und ein gemeinsames Essen auf dem Programm, zu dem sich jeweils alle anschließen. Heute Abend neben der Flugschule Freiflug mit am Startplatz ist eine slowenische Flugschule mit zwei Bussen voller Pilot:innen, die den Startbereich okkupierten, den wir sonst benutzten, was einen ganz schön wuseligen Eindruck am Startplatz schafft als wir eintreffen. Im Gegensatz zu den Trainingsflügen, bei denen einzeln in größeren Abständen gestartet wird, sind die Abendflüge durch einen vollen Startplatz und einen vollen Himmel geprägt, bei dem ich immer hoffe, mit möglichst wenig anderen gleichzeitig am Landeplatz einzutreffen. Mit einem gefüllten Werkzeugkoffer kann Frau das natürlich auch ein Stück weit beeinflussen. Ein großer Teil der anderen Flugschulen ist bereits in der Luft und es zieht sich dann doch etwas auseinander und am Ende ist es sogar so, dass wir Mädels fast allein in den Thermiken in Startplatznähe rumfliegen und aufdrehen, weil die meisten Pilot:innen sich auf den Weg über den See zum Landen gemacht hatten. Wieder mal ein Traum mit dem Theta in dieser herrlichen Kulisse zu fliegen. Kleinstes Steigen genügt, um wenigstens nicht zu sinken und verschafft Zeit, sich die Spots herauszusuchen, an denen es richtig nach oben geht. Astrid trifft es anfangs nicht so gut, doch ich sehe ihr von weit oben zu, wie sie sich zurückkämpft und es bis ganz nach oben schafft. Sensationell. Vor unserem XC Seminar im Mai mit Jojo wäre das nahezu undenkbar gewesen.
Die Landung wird ein wenig speziell, denn es hat an diesem Abend immer noch viel Wind aus Süd. Ein Grund, warum wir mit Starten relativ lange warteten und erst als Roman von unten rückmeldete, dass es sich so langsam in Richtung 20km/h beruhigt, zogen wir auf. Beim Thermikfliegen um den Startplatz herum war der Wind kein Thema, doch als ich über den See raus bin, blies es schon ganz ordentlich, sodass ich teilweise mit dem Segel im Wind nur noch einstellig Vorwärtsfahrt machte, was gleichzeitig eine hervorragende Gelegenheit bietet, driften zu üben, denn genau so bin ich am Ende von der Seite in den Landeplatz und in meinen Endanflug eingebogen und supersoft aufgesetzt. Landen mit mehr Wind hat mir noch nie Probleme gemacht, ganz im Gegensatz zu Nullwind. Nach der Landung kommt Roman auf Astrid und mich zu, wir wären die ganzen Tage noch nie mit dem Boot zurück zum Miralago gefahren, er würde das gerne ändern und sich freuen, wenn wir das heute schaffen. Oh ja, da hab‘ ich Lust drauf. Wir bitten ihn zu warten, bringen unsere Flugzeuge zum Camper, richten uns ein klein wenig fürs letzte gemeinsame Abendessen her, kommen dann zurück zum Landeplatz und steigen mit den übrigen Pilotinnen ins Boot und lassen uns im Sonnenuntergang von Roman zum Restaurant fahren. Schon toll, irgendwie. Er ist voll ein netter Mensch, hatte sich die ganzen Tage nur selten blicken lassen, um unsere Frauenrunde nicht zu stören, stand jedoch gleichzeitig permanent im Boot zur Verfügung, falls es nötig wird, eine von uns aus dem Wasser zu fischen.
Als wir alle zusammen im Restaurant saßen, gab es noch eine kleine Überraschung für Roman uns sein Team. Wir hatten ein wenig Geld gesammelt und, ich glaube, Teresa hat es in einen Gutschein zum Essen im Miralago umgewandelt, den sie nun mit ein paar Worten des Dankes und der Anerkennung zusammen mit einem Glas Honig von Ines‘ Bienen überreichte. Eine kleine Geste, um zu zeigen, was sie alle für einen tollen Job machen.
Am letzten Tag starten wir erneut sehr früh, um 6:30Uhr sollen wir alle im Schulungsraum sein, damit wir den Vormittag so gut es geht ausnutzen und fliegen können und es hinten raus nicht so spät wird, da die meisten danach eine mehr oder weniger lange Heimreise vor sich haben, so wie wir auch. Zwei sehr feine Flüge gehen sich für alle aus, ich fliege erneut die Klapperspirale, dieses Mal auf die andere Seite, ziehe mit Freude die halbe A-Ebene runter, halte fest und starte damit das Karussell und die Rückwärtsfahrt, während ich jede Sekunde genieße. Es gelingt mir sogar, das Manöver pendelfrei zu beenden, ganz kontrolliert. Eine kleine Sensation. Auch Astrid fliegt das Manöver nochmal perfekt und hat großen Spaß daran. An diesem Morgen sehe ich nur Grinsekatzen am Landeplatz und es ist fast schon schade, dass diese Zeit zu Ende geht. Im letzten Flug beenden wir die Trainingstage mit Rollen und Spiralen und ich glaube, dass bei mir so langsam der Groschen beim Rollen rutscht und es allmählich runder wird und ich die Pendelbewegungen kontrollieren kann, was vor dem Training sicher nicht der Fall war. Astrid zaubert letzte Wingover in den Himmel, lernt, dass der Außenflügel so langsam mehr Unterstützung braucht, damit er nicht einklappt und landet fein. Wer hätte das Anfang der Woche gedacht, dass unser kleiner Lebenszug uns zu diesem Sicherheitstraining führt, das ist wirklich irre.
Drei von uns acht ziehen am Ende des letzten Fluges den Retter, um auch dieses Gefühl erlebt zu haben und herauszufinden, was danach zu tun ist. Astrid und ich lassen das, denn wir haben keine Möglichkeit, die Woche drauf unsere Sachen wieder trocken zu bekommen. Die Aufnahmen dazu sehen wir uns nochmal gemeinsam an bevor es in die Verabschiedungsrunde geht, bei der jede gerne loswerden kann, was sie beitragen möchte. Viel Dank und Lob höre ich, dem ich mich ohne Einschränkung anschließen kann und als ich dran bin, bedanke ich mich bei der ganzen Gruppe, dass ich als eine etwas andere Frau an diesem Training für women-only teilnehmen durfte und mich äußerst wohl und respektiert fühlte. Solche Begegnungen geben mir Kraft, die es manchmal schon benötigt, um so zu leben, wie ich es tue. Genug davon. Die wichtige Botschaft an die Flugschule von Roman ist, dass wir alle nächstes Jahr wieder am gleichen Format teilnehmen wollen, wenn er es denn wieder anbietet, denn das ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes und unterscheidet sich von gemischten Teilnehmenden, wie Astrid und ich bereits erlebt haben.
Noch ein Bild am Steg mit dem See und der Windfahne im Hintergrund und dann machen wir uns an die Heimreise über den Brenner. Dummerweise müssen wir wieder arbeiten, um uns diese Abenteuer leisten zu können, wenngleich ich für mich sagen kann, ich würde es noch viel länger mit Astrid in der Wohnkabine aushalten. Mir hat in den letzten zwei Wochen nichts gefehlt.
Vielen Dank an der Stelle an meine Kinder, ohne deren Zustimmung keine Teilnahme am Sicherheitstraining stattgefunden hätte.
Und vielen Dank an die Flugschule Sicher Fliegen, die alle Bilder und Videos zum Kurs zur Verfügung stellten.



























