Hüttenwart: "Das Tal trägt seinen Namen nicht ohne Grund".
Im Hintergrund ist bereits zu erkennen, dass das Wetter umschlagen wird.
Die Wolken ziehen weiter nach unten.
Die Felsen verschwinden so langsam im Nebel.
Von meiner Frau aufgenommener Rückblick auf die restliche Seilschaft. Noch kann man alle Teilnehmer sehen.
Wir finden die Hochwilde-Scharte und setzen unseren Weg auf dem Steig zum Gipfel fort. Er ist teilweise versichert.
Vom Nordgipfel herunter ist die Sicht immer noch schlecht. Doch es ist so etwas, wie eine Spur erkennbar. In Verbindung mit einem GPS-Tracking passt das so.
Im Abstieg kommen wir irgendwann wieder unter die Wolken. Die Orientierung ist ab da kein Problem mehr. Auch ohne Spur auf dem folgenden aperen Stück Gletscher.
Es regnet richtig. Aber macht auch irgendwie Spaß. Wir sind nach 12h ziemlich platt.
Vom Weg zum Hochwildehaus zurück fotografiert.
Auf Grund von irreparablen Schäden, verursacht durch den nachlassenden Permafrost, wurde das Haus in der Folgesaison auf unbestimmte Zeit geschlossen. Nach aktuellem Kenntnisstand könnte es sein, dass die Sektion Karlsruhe 2019 einen Neubau beginnt.
Hochwildeüberschreitung, 3480m
Überschreitung Südgipfel-Nordgipfel
Diesen Berg entdeckten wir, als wir auf dem Nördlichen Ramolkogel standen und den Blick das lange Gletscherbecken hinauf gen Süd-Südost richteten. Ein Doppelgipfel. Mit Fels als Gipfelaufbau. Was ist das?
Zeitgleich fragte ein Spezl von mir, ob er mal mit auf Hochtour gehen könne. Er würde gerne erfahren, was das ist und wie sich das anfühle. Unsere Recherche lieferte als Ergebnis, dass es sich um die Hochwilde mit ihren beiden Gipfeln, Nord- und Südgipfel, handelt und dass der Weg unter normalen Bedingungen nicht allzu schwierig ist. Für unseren Spezl, der körperlich fit ist, sollte das machbar sein. Wir beschlossen, ihn dorthin mitzunehmen. Es gibt mehrere Anstiege. Von Süden aus der Texelgruppe heraus ist der Anstieg schnee- und eisfrei über einen versicherten Steig möglich. Wir wählten jedoch den Zustieg von Norden über den Langtalerferner. Als Skitour wird häufig der Anstieg über den Gurglerferner gewählt. Aber es war ja Sommer. Treffpunkt ist Obergurgl. Die Langtalereckhütte ist das erste Etappenziel. Der Weg dorthin zieht sich etwas, ist aber unschwierig und verläuft überwiegend auf einem Fahrweg, der auch als Zubringer zur Materialseilbahn zu Ramol- und Hochwildehaus genutzt wird. Wir verbrachten einen sehr netten Abend auf der fast leeren Hütte und hatten Spaß mit dem überaus netten Hüttenwart. Die Wettervorhersage hatte sich ziemlich verschlechtert. Der Hüttenwart machte uns noch darauf aufmerksam, dass das Langtal seinen Namen nicht ohne Grund trägt. Gut ausgeruht und voller Tatendrang ging's am nächsten Morgen los. Außer uns dreien ist niemand sonst in diese Richtung aufgebrochen. Wenn ich mich recht erinnere, ist generell niemand sonst irgendwohin aufgebrochen.
Dem Umstand geschuldet, dass der Langtalerferner ebenfalls stark abgeschmolzen ist, sind wir eine ganze Weile auf normalen Wanderwegen unterwegs bis wir auf Eis treffen. Steigeisen an. Das Wetter ist noch ok. Obgleich die Wolken langsam nach unten ziehen. Unser Spezl kommt gut mit dem Gehen auf Steigeisen im Eis zurecht. Der erste Aufschwung kommt vorbei. Die Schneeauflage wird dicker. Die Sicht wird schlechter. Ein kleiner Adrenalinstoß durchfährt unsere Seilschaft, als meine Frau in eine Spalte einbricht. Kein Drama. Bergauf zu dritt passiert nicht wirklich viel. Sie befreit sich selbst, als unser Spezl nach Aufforderung etwas Seil nachlässt. Und weiter. Mitten auf dem Gletscher ist die Sicht inzwischen nahe Null. Wir wissen, dass es am östlichen Rand entlang eines Grates irgendwann eine Lücke nahe dem höchsten Punkt des Gletschers gibt. Die Hochwilde-Scharte. Die Kunst besteht darin, diesen Übergang zu finden. Von dort gelangt man auf den versicherten Steig, der von Süden heraufzieht. Also halten wir uns dicht am östlichen Rand, was nicht immer einfach ist. Die Spalten am Rand entlang sind zahlreich und müssen umgangen werden. Es ist recht steil in diesen Bereichen. Die Zeit läuft dahin. Die Suche nach der Hochwilde-Scharte geht nur mühsam unter großer Vorsicht voran und verschlingt eine gute Stunde. Doch wir finden sie, verstauen das Seil und wechseln auf den Steig. Es schneit ein wenig. Der weitere Aufstieg zum Südgipfel ist anstrengend, da steil, endet aber dann auf 3480m. Wir sind völlig alleine. Von Süden her ist ebenfalls niemand unterwegs. Die nächste Herausforderung wartet auf uns: Der Verbindungsgrat zwischen den beiden Gipfeln. Wir fanden wenige Sicherungspunkte, die wir für eine Sicherung mit unserem eigenen Seil verwendeten, und nur wenige kurze Seilversicherungen vor. Bei Nässe und schlechter Sicht nicht ganz ohne. Nach überraschend langer Kraxelei dann der Nordgipfel auf 3458m. Von dort führt ein guter Steig hinunter auf den Gurglerferner, da diese Route vor allem im Winter häufiger begangen wird. Wir klöppelten wieder das Seil zwischen uns und legten Steigeisen an. In einem wenig ausgeprägten Rechtsbogen umgingen wir den Annakogel und gingen zwischen Annakogel und Mitterkamm durch. Mit abnehmender Höhe kamen wir zunehmend wieder unter die Wolken und konnten dann auch wieder was sehen. Von dort geht es schnurgerade auf das Hochwildehaus zu. Es begann zu nieseln. Der Weg zog sich auch nochmal gefühlt endlos bis wir das Hochwildehaus erreichten. Die letzte Stunde regnete es dann richtig.
Als wir in der Hütte eintrafen wurde gerade das Abendessen aufgetragen. Wir waren 12 Stunden unterwegs. Man hatte schon nicht mehr mit uns gerechnet. Dafür bekamen wir eine riesengroße Schüssel Backerbsensuppe für uns alleine. Mit das Beste, was ich in meinem Leben je bekommen habe. Die Hütte war überraschend voll. Man teilte uns das Notlager unterm Dach zu, weil sonst nichts mehr verfügbar war. Das war super. Dadurch entkamen wir der Hektik in den überfüllten Schlafräumen. Den Dachstuhl hatten wir für uns alleine.
Am nächsten Morgen dann der Abstieg über einen steilen Wanderweg zur Langtalereckhütte und von dort zurück nach Obergurgl. Unserem Spezl hat's wahnsinnig gut gefallen und er betonte, er habe zu keiner Zeit das Gefühl gehabt, wir wüssten nicht, was wir tun. Geht unter diesen Bedingungen runter wie Öl.