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Eiskletterkurs bei Christoph Garber, 7.-9.2.2020, www.bergskifuehrer.at

Der Manuel fragte schon im Herbst 2019 ob wir nicht Lust hätten, dass wir zusammen mit ihm und seiner Frau einen Eiskletterkurs belegen. Mmmhhh.... Eisklettern. Mein erster Gedanke dazu: Brauchen wir das? Welchen Mehrwert bringt uns diese Investition im Sinne von, welche neue Fähigkeiten können wir erwerben, die uns bei unseren Bergabenteuern neue Möglichkeiten eröffnen? Einen konkreten Vorschlag für die Umsetzung unterbreitete er ebenfalls schon. Ein Kinderwochenende im Januar. Gut. Damit war die Sache für mich zunächst erledigt. Ein Kinderwochenende hat immer Vorfahrt.


Das Ende der Fahnenstange? Fehlanzeige. Meine Frau und ich besprachen das Thema. Wäre schon äußerst Interessant, mal so ein Eisgerät zu benutzen. Anwendungsfälle sind uns sofort eingefallen, wo wir uns einig waren, dass uns ein wenig Kenntnis hinsichtlich Steileis weiter bringen würde. Gleichzeitig kam das Signal vom in Frage kommenden Bergführer Christoph, dass er terminlich einige Flexibilität zu bieten hat. Da es wohl sonst keine Interessenten für seinen ausgeschriebenen Kurs gab und das Grüppchen nur aus uns vieren bestand, konnten wir den möglichen Termin einfach dahin schieben, wo es allen passt. Etwas abgedroschen aber wahr: Machen ist tausendmal cooler als wollen. Das Herz blieb kurz stehen, als wir mal die Kosten überschlugen. Eine kleine FeWo in der Hauptsaison im Zillertal, das Honorar für den "Trainer", fehlende, aber notwendige persönliche Ausrüstung. Ups. Alle kleinen Bausparer schon gekündigt. Blöd. Wir sagten trotzdem zu. Wird schon gehen. Das letzte Hemd hat keine Taschen. Es soll das erste ganze Februarwochenende werden.
Die Ausrüstungsliste kommt. Meine Frau hatte sowieso vor, dieses Jahr vor der Hochtourensaison in voll steigeisentaugliche Schuhe zu investieren. Dann findet das jetzt eben früher statt. Der nächste logische Schluss: Sie braucht Steigeisen für diese Schuhe. Also, gleich zwei Paar. Eins für sie, eines für mich. Steileistauglich. Letzte Info vorm Start von Christoph: Wir sollen auch das Skitouren-Geraffel einpacken.



Der Start naht. Die Wetterprognose ist ein Traum. Das Eis leider nicht. Das sonst so gut mit Eisfällen bestückte Zillertal ist nahezu vollständig grün. Christoph bemüht sich, passende Spots zu finden. Und so startet der erste Tag im relativ neu angelegten, künstlichen Fall in Oberried im Ötztal. Aufregung. Wir lernen Christoph und seine Freundin kennen, die ebenfalls noch nie im Steileis geklettert ist. Ich hatte ihm vorab einen Link auf meine Seite geschickt. Zum einen wollte ich ihm ein Bild davon vermitteln, was wir so an Touren gemacht haben und was wir so können. Hilft vielleicht bei der Auswahl der Ziele. Zum anderen lag mir daran, ihn über mich und meine Transidentität zu informieren. Seine Reaktion war mir wichtig, weil ich keine Lust gehabt hätte, 3 Tage meiner Zeit mit jemandem zu verbringen, der auch noch von mir bezahlt werden möchte, der mich ablehnt. Frau weiß es vorher nicht. Also informiere ich rechtzeitig, damit keine vor allem für mich unangenehmen Situationen entstehen. Habe ich so schon genug. Aber: Alle Sorge ist unnötig. Auch ich werde herzlich empfangen. Sowohl von Christoph als auch von seiner Freundin. Christoph schrieb im Vorfeld schon, dass er sich darauf freue, mich kennen zu lernen. Seine Aufgeschlossenheit und seine Vorbehaltlosigkeit bestätigen das bei unserem ersten Treffen. Ich bin beruhigt.



Dann zur Sache, Baby. Wir sortieren, was an Material vorhanden ist. Nahezu unser gesamter kleiner Bergsportladen ist mitgefahren. Die Lücken schließt Christoph aus seinem Sortiment. Am Ende sind alle mit der nötigen Ausrüstung versorgt. Lediglich unserer Freundin Alex fehlen steileistaugliche Eisen. Doch fürs Erste sollten es auch Hochtoureneisen tun. Wir wackeln zum überwiegend künstlich angelegten Fall, der sich im Klettergarten in Oberried befindet und richten uns ein. Nach einer kleinen Einweisung und einer Überprüfung des Sitzes der Steigeisen, hängt Christoph mehrere Seile fürs Toprope-Klettern ein. Und dann die Frage, wer zuerst möchte. Ich zögere nicht. Ich halte es kaum noch aus, herauszufinden, wie sich das anfühlt und klettere als erste los. Die Tage vor dem Kurs hielt meine Neugier der Versuchung nicht stand, mal nach Lehrvideos in YouTube zu schauen. So hatte ich zumindest theoretisch eine Idee davon, wie frau Füße und Hände zu benutzen hat und wie die Körperhaltung sein sollte. Nun. Ihr kennt vermutlich den Unterschied zwischen Wissen und Tun. Das Eis in meiner ersten Route ist leicht nach hinten geneigt und nicht senkrecht. Des Weiteren ist es mit Millionen Löchern von meinen Vorgängern und Vorgängerinnen durchsetzt, was die Sache eigentlich leichter macht. Trotzdem ist es erstmal gar nicht so einfach, geschickt, nur mit der wirklich nötigen Wucht so ins Eis zu treten, dass frau a) sich nicht die Zehen verballert und b) entspannt und sicher steht. Es genügt, wenige Millimeter mit den Frontalzacken ins harte Eis einzudringen. Entgegen dem Gefühl tut frau sich dabei leicht, wenn sie die Ferse etwas hängen lässt. Gleiches gilt für den Umgang mit den Eisgeräten. Der richtige Schwung und das richtige Ziel für den Schlag sind der Schlüssel zum Erfolg. Mir als gelernte Dachdeckerin ist das zumindest mit der rechten Seite gar nicht so schwer gefallen. Links war und ist natürlich eine kleine Herausforderung. Ob das Eisgerät richtig sitzt und gebissen hat, merkt frau sofort nach dem Schlag, der aus dem Handgelenk kommen sollte. Ein gut sitzendes Eisgerät fühlt sich an, wie ein einbetonierter Griff. Insbesondere beim Nachsteigen merkte ich schnell, dass die Eisgeräte gar nicht so hart reingeballert werden müssen. Sind Einschlaglöcher vorhanden, ist es ratsam und sehr kraftsparend, dort die Eisen einfach einzuhängen oder bestenfalls mit wenig Wucht die Spitze minimal zu versenken. Christoph pendelte immer wieder zwischen den Seilschaften hin und her und gab Tipps. So hatten wir alle reichlich Gelegenheit, erste Geh- oder besser gesagt Kletterversuche zu unternehmen. Erste, für uns spektakuläre, kleine Erfolge stellten sich ein. Dass ich mir zweimal mit den neuen, äußerst scharfen Steigeisen in meine fast neue Hardshell-Hose und in der Folge in mein Bein getreten bin, versuchte ich zu verdrängen. Ein bisschen Flicktape wird die Löcher in der Hose schließen. Das emotionale Erlebnis die Löcher in der Seele. Außerdem finde ich, darf man dem Zeug ansehen, dass es nicht nur zum Weißwurstessen auf dem Viktualienmarkt verwendet wird.
Tag 1 in Oberried geht mit einer Vorführung zum Standplatzbau im Eis und einmal nachmachen zu Ende. Die Ärmchen schmerzen und krampfen. Hände und Füße sind kalt und schmerzen. Aber schee wars. Und gelernt haben wir auch was. Nämlich, dass frau Eisgerät und Steigeisen vertrauen kann, wenn sie richtig sitzen, wie sich gutes Eis und weniger gutes Eis anfühlt, wie ein Standplatz effizient und sicher hergestellt werden kann, was uns auch beim alpinen Mehrseillängenklettern zu Gute kommt und dass Hochtoureneisen im steilen Eis nicht wirklich taugen. Christoph hat noch ein Paar etwas abgelaufene Monozackeneisen rausgekramt, auf das ein Petzl Körbchen passt. Das hat er nochmal am Abend nachgefeilt und am nächsten Tag hatte auch Alex griffige Krallen an den Füßen.



Jetzt wird es spannend. Tag 2 startet am Parkplatz der Gletscherbahn in Hintertux mit leichtem Muskelkater. Ansage von Christoph am Vorabend: Komplette Skitourenausrüstung, Eiskletterausrüstung inkl. Bergschuhen und sämtliche Seile mitnehmen. Den Rucksack habe ich kaum vom Boden weg bekommen. Krass. Der Plan: Wir fahren mit der Bergbahn bis zum Tuxer-Ferner-Haus zwei Stationen, steigen dort auf die Ski, rutschen kurz nach der Bergstation ins Gelände -Christoph hat sich vorher informiert, dass die steile Rinne hinsichtlich Lawinen kein allzu großes Risiko darstellt-, lassen an der oberen schwarzen Platte vorbei laufen bis wir an einen Eisfall linker Hand stoßen, wo wir dann unseren Kurs fortsetzen können. Tja, die ersten Meter auf der Piste mussten genügen, um sich an das Mordsgewicht auf dem Rücken zu gewöhnen. An der Kante von der Piste ins Gelände kamen mir ernsthaft Zweifel, ob ich das schaffe, abzufahren. Selbst ohne Zusatzgepäck hätte ich eher Abstand genommen. Wer eisklettern will, muss wohl auch ziemlich gut Skifahren können. Christoph gab Anweisungen hinsichtlich der Route und der Sammelpunkte und rutschte los. Dicht gefolgt von seiner Freundin. Gott und Göttin auf Ski. Priml. Ich fasse mir ein Herz, schiebe über die Kante und sinke in den weichen Powder, der sich fantastisch fahren ließ. Ich war wirklich überrascht. Klar war es wackelig ob des deutlich verschobenen Schwerpunktes. Irgendwie brachte ich es aber zusammen, sturzfrei zum ersten Sammelpunkt zu kommen. Ein klein wenig Stolz breitete sich aus. Noch vor wenigen Jahren völlig undenkbar. Es folgt die beschriebene Rinne. Sie ist nicht so schmal und steil, wie befürchtet. Wir queren einzeln und nach wenigen Schwüngen ist das steilste Stück auch schon durch. Kein Grund, Panik zu bekommen. Noch eine letzte steilere Querung und wir erreichen ein breites, relativ flach geneigtes Tal mit allerfeinstem Pulverschnee. Ein Traum, wenn die tonnenschwere Last nicht gewesen wäre. Kurz darauf kommt das Ziel des heutigen Tages in Sicht. Eine steile Schneerampe führt hoch in ein etwas eingeschnittenes Tälchen, dessen Zierde ein kräftig eisblau gefrorener Wasserfall ist. Wir sind völlig alleine und es sah nicht so aus, als sei in den letzten Tagen jemand zum Klettern hier gewesen.
Das Skifahren mit dem schweren Gepäck hat mich etwas geschafft. Hilft aber nix, wir müssen uns geeignete Plattformen graben, um unser Zeug lagern und in die Bergstiefel und auf die Steigeisen steigen zu können. Alles kalt. Viel Schnee. Etwas Spindrift. Steiler Hang. Wir lassen unsere LVS-Geräte am Körper und eingeschaltet. Man weiß ja nie. Von oben kann nix kommen, doch in dem kurzen Hang etwas loszutreten, hätte auch schon gereicht. Es hat jedoch alles gehalten. Christoph hat die Lage richtig eingeschätzt. Er begann auch sogleich, zwei Topropes einzuhängen, was recht zeitaufwändig war. Denn es lag viel Schnee und bröseliges Eis rum. Die Kursteilnehmer hielten derweil eine kleine Samba-Faschings-Parade außerhalb der Falllinie ab, um nicht festzufrieren. Aber dann. Das Klettern an fast jungfräulichem bestem Eis begann. Die Routen so lang, wie die Seile erlaubten. Ganz schön lässig. Christoph hat zwischenzeitlich noch eine Route mit einem 80m Seil eingerichtet, die weiter oben in ein zart wasserüberronnenes Steilstück reichte. Reichlich Gelegenheit, die eigene Technik zu verbessern. Schön zu sehen war, dass Alex mit den anderen Steigeisen mit Monozacken deutlich besser im Eis zurecht kam. Leider wurde es im Verlauf des Tages ziemlich zapfig. Und weil außer uns wohl seit Tagen niemand hier geklettert ist, mussten wir permanent auf Eisschlag achten. Die eine oder andere Hand, den einen oder anderen Arm oder auch den einen oder anderen Kopf hat es erwischt. Hat ordentlich gescheppert, passiert ist aber nicht wirklich was. Eisschlag gehört zum Eisklettern dazu. Frau muss sich eben halbwegs aus der Falllinie halten. Alles schick. Nur Vorsteigen hat sich an dem Tag noch niemand aus der Gruppe getraut. Gegen Ende, immer die Uhr im Auge behaltend, wegen der letzten Bahn, hatte ich unter Anleitung Gelegenheit, selbst einen Stand und selbst eine Eissanduhr mit langer Schraube und Fädelhaken herzustellen. Hat auf Anhieb geklappt, was mich freute. Als die Zeit dann etwas knapp wurde, zogen wir uns aus dem Eis zurück, Christoph baute die Seile rückstandslos ab, wir packten zusammen und stiegen wieder auf die Ski. Letztes Ziel für heute: Die Sesselbahn zum Sommerberg, von wo aus wir mit der Gondel nach unten fliegen konnten. Eine Talabfahrt mit dem schweren Gepäck auf schlechten, vereisten Pisten haben wir uns erspart. Wäre für mich der Horror geworden. Kurz vor dem Sessel gelangten wir auf die Piste und Christoph meinte: "Jetzt beginnt der gefährliche Teil des Tages.". Mit dem schweren Gepäck ging's zwischen den Pistenskifahrern hindurch zum Sessel.
Ganz schön geil. Mühselig, aber geil. Das gesamtalpinistische Erlebnis dieses Tages war jeden Schweißtropfen und jede Zitterpartie auf Ski wert. Und ich bin auch ein klein wenig stolz drauf, mit allen Herausforderungen klar gekommen zu sein. Gerade, was die Fahrt mit den Ski angeht. Allerdings trat ich mir beim Abbauen am Eis schon wieder ein Loch in die neue Butze. Wieder Flickstunde. Das Loch in meinem Oberschenkel hat zum Glück keine Zicken gemacht, worüber ich mich ehrlich gesagt etwas wunderte. Aber besser so, wie anders.
Noch offen: Was tun wir am letzten Tag. Auf dem Parkplatz der Gletscherbahn angekommen, zogen Christoph und seine Freundin los, um in Frage kommende Spots im Zillertal zu erkunden, solange es noch Licht gibt. Wir machten uns derweil auf den Weg in unsere Ferienwohnung und besorgten uns unterwegs noch Futterzutaten und Bier. Bier muss sein nach so einem Tag. Abends besuchten uns die beiden Eiserkundungsaspiranten, um zu besprechen, wo es am letzten Tag hin geht. Kurze Antwort: Nicht ins Zillertal. Kein geeignetes Eis vorhanden. Alternativ: Gries im Sellrain, Baffl-Fall. Ein beliebter Ort und angesichts der wenigen möglichen Spots wahrscheinlich nicht einsam. Somit hieß es, früh dran sein. Mit einer Stunde Fahrzeit dazu, noch früher dran sein. Packen startete damit schon abends. Die Abfahrt soll um 7 Uhr sein. Die FeWo war noch abzuwickeln und das ganze Zeug musste in den Autos verstaut sein, da wir nicht mehr zurück kommen würden. Nachdem unsere Vermieterin die Kiste mit den Semmeln versemmelte, fiel das Frühstück mehr oder weniger aus und wir konnten wie geplant starten.



Tag 3 kann beginnen: Der Aufstieg von der Bushaltestelle am oberen Ortsende von Gries bis zum Eis war ein wenig mühselig, da rutschig und steil. Die Early-Bird-Methode lohnte sich. Wir waren erstmal alleine. Zwei kurze und ein längerer Wasserfall standen zur Auswahl. Christoph hängte in alle drei jeweils ein Toprope ein. Das Klettern begann. In der Zwischenzeit gesellte sich ein weiterer Bergführer mit 4 Gästen hinzu. Lustigerweise befand sich unter der anderen Gruppe ein ehemaliger Arbeitskollege meiner Frau. So kam es, dass sich nicht nur die Bergführer kannten, sondern auch Teile der Gäste. Nach kurzer Abstimmung konnten alle Seile untereinander benutzt werden.
Mein Vorsatz für den Tag: Vorsteigen. Nach ein wenig Warmklettern an steilem Eis -einer der kurzen Fälle ist mit WI5 angegeben- war es dann soweit. Der längere Fall hat eine für diesen Zweck gut vertretbare Schwierigkeit und nach ein wenig Einweisung, wo Eisschrauben am besten als Zwischensicherung platziert werden, kletterte ich los. Noch eine Besonderheit beim Eisklettern lernte ich kennen: Mein Eisgerät kann im Vorstieg, wenn es sehr gut geschlagen ist, für die Zeit, die ich zum Eindrehen der Schraube benötige, als Zwischensicherung dienen. Und wenn die Schraube gesetzt ist, hänge ich einfach die Exe aus dem Eisgerät um in die Schraube. Eine wichtige Erkenntnis. Der Kopf dankt es. Und so hakelte ich mich hoch. Einmal eine Schraube rechts. Einmal eine Schraube links. Zack, oben. Das war am Einfachseil. Nachdem alle einmal durch waren, gab es die Gelegenheit, per Halbseiltechnik vorzusteigen, inklusive Übung Nachstieg sichern und anschließend abseilen. Alle Seile aus der Route weg, Doppelseil an den Gurt und nochmal los, bewaffnet mit reichlich Schrauben. Alles immer unter den Augen von Christoph. Obwohl ich fairerweise sagen muss, dass dieser Teil des Eises nahezu Gehgelände ist. Aber egal. Oben angekommen, richtete ich mich im vorhandenen Stand ein und sicherte meine Frau nach oben. Christoph leistete mir dabei Gesellschaft und wir plauderten ein wenig über mich, meine Frau und natürlich ein wenig über mein Anderssein. Für ihn ist es das erste Mal gewesen, mit jemandem wie mir persönlich Kontakt zu haben. Manche, und vor allem die rechten Hornochsen, meinen zwar, es gäbe eine Trans*schwemme und jeder und jede meine, sich irgendwie über Sexualität und Identität abgrenzen zu müssen, doch das ist purer Blödsinn. Es gibt nicht viele Menschen wie mich. Und es sind auch nicht alle gleich. Sie sind genauso unterschiedlich, wie der komplette Rest unserer Laune der Natur. Und ebenso haben Sexualität und Identität absolut rein gar nichts miteinander zu tun. Schwer zu verstehen. Umso mehr freut es mich, auf Menschen wie Christoph zu treffen, die einfach fragen. Ich gebe gerne Auskunft. Und weil ich über 40 und ausgeschämt bin, nehme ich kein Blatt vor den Mund. Gleichzeitig achte ich sehr genau darauf, wann ein guter Zeitpunkt kommt, um zu enden, damit ich niemanden überfordere. Ich hoffe, das gelingt mir. Wenigstens manchmal.
Meine Frau trifft am Stand ein. Gemeinsam richten wir alles fürs Abseilen her. Ich lerne, man kann völlig problemlos mit dem Jul von Edelrid, in dem Fall ein Micro-Jul, ganz geschmeidig abseilen. In der Beschreibung des Juls steht das auch drin, nur gemacht haben wir es nie. Jetzt ist das anders. Ade Achter. Ein Klimperding am Gurt weniger. In die Abalakov-Schlinge eingehängt, geht die Fahrt rückwärts nach unten. Ich hab Spaß. Wir vertreiben uns die Zeit, in der die nächste Seilschaft dieses Spiel wiederholt, mit Topropen in den anderen Routen, bis Kraft und Motivation eindeutig zu verstehen geben, dass wir uns dem Ende zuneigen. Inzwischen hat sich der Spot wieder geleert. Bis auf eine Zweier-Seilschaft sind alle weg. Wir bauen die Seile wieder rückstandslos ab, packen zusammen, machen noch ein kleines Abschlussgruppenfoto und runter.


Beim Sortieren der Ausrüstung am Auto kommt die Idee auf, den Abschluss bei Kaffee und Kuchen im Ort zu begehen. Passt perfekt. Drei sensationelle Tage gehen zu Ende. Ich habe für mich persönlich viel mitgenommen. Nicht nur, was das Eisklettern angeht. So viele Kleinigkeiten sind in dieser kurzen Zeit passiert, die mich als Bergsteigerin weiterbringen. Und wenn sie noch so unbedeutend erscheinen. Sie werden irgendwann ihren Nutzen haben. Zu guter letzt sei noch Christoph erwähnt. Ich staunte vom ersten Tag an, wie ein so junger Mensch so viel Verantwortung bereitwillig auf sich laden kann. Ein Außenstehender würde sagen: völlig verrückt. Doch natürlich ist es nicht verrückt. Er kann alles, was nötig ist und hat den erforderlichen Weitblick und die Erfahrung, die nötig ist, um 4 bloody beginners an eine Spielart des Kletterns zu bringen, für die es keine Versicherung gibt. Cooler Typ. Wir werden uns vermutlich nicht das letzte Mal getroffen haben. Danke auch an alle anderen, die mit von der Partie gewesen sind. Na gut, auch an Levy. Und Manni natürlich.



Eines noch zur Vollständigkeit: Die Bilder sind teilweise durch Christophs und Andreas Hand entstanden.

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