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  • Milla

Irgendwie paradox


...unsere Regierung. Auf Seite des Familienministeriums -zumindest ist das mein Eindruck- hat man erkannt, dass die Welt nicht per Zwang in schwarz und weiß gepresst werden kann, wie das Jahrhunderte lang durch Kirche und Staat propagiert und durchgesetzt wurde, sondern dass es eine Vielfalt gibt, die immer da war und die nicht ignoriert werden darf. Seit einiger Zeit ist das sogenannte Regenbogenportal des Bundesministeriums online, in dem der Versuch unternommen wird, über die existierende Vielfalt zu informieren und aufzuklären. Finde ich klasse. Und das Beste: Man macht die Informationen möglichst vielen Menschen in diesem Land zugänglich, denn es ist in den häufig hier vorkommenden Sprachen, wie Türkisch, Englisch, Arabisch und Spanisch veröffentlicht. Ebenso findet die Gebärdensprache ihren Platz. Gelungen finde ich außerdem die Informationsseite in "leichter Sprache". Da habe ich mich gleich festgelesen. Scheint also für mich geeignet zu sein. :o) Im Ernst. Für Kinder und für Menschen toll, denen eine komplexe deutsche Ausdrucksweise unverständlich ist. Besonders von den Zeilen zu "Trans-geschlechtliche achten und unterstützen" wünsche ich mir, dass sie jeder/jede kennt und umsetzt, denn in dem Bereich werden die meisten Menschen wie ich fast täglich mit den typischen Don'ts konfrontiert, wie insbesondere angestarrt oder gar mit dem Finger angezeigt werden. Des Weiteren finde ich die Seiten hilfreich, wenn sich zum Beispiel Eltern informieren wollen, was gegebenenfalls mit ihren Kindern los ist, wenn es Anlass dazu gibt. Dinge müssen nicht mehr todgeschwiegen, verheimlicht oder gar unter Zwang in die vermeintlich gesellschaftlich akzeptierte Bahn gelenkt werden. Anderssein sollte heutzutage kein Stigmata mehr sein. Darüber hinaus werden bundesweite Anlauf- und Beratungsstellen genannt. Also, coole Sache.

Gleichzeitig bahnt sich an anderer Stelle ein erneutes Versagen an, wie es bereits mit dem dritten Geschlecht "divers" geschehen ist. Das Bundesinnen- und Bundesjustizministerium legte einen neuen "Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags" vor, das in der Folge das völlig veraltete und in meinen Augen menschenverachtende Transsexuellengesetz von 1981 ablösen soll. Ein Bericht kann auf queer.de nachgelesen werden. Der Haken: Es ändert sich nicht wirklich was, sondern die Regelungen, die eh schon mehr als fragwürdig sind, werden weiter verschärft. Bei verheirateten Transsexuellen ist darin nun vorgeschrieben, dass der Ehepartner sich einem Verhör unterziehen muss. Ich drücke es mal so drastisch aus, weil es meiner Meinung nach nichts anderes ist. Ungeachtet dessen werden darin weder die kritischen Rückmeldungen zum Thema "divers" berücksichtigt noch die existierenden Prozesse des Bundesministeriums für Familie. Es wird sich auch nichts daran ändern, dass Menschen wie ich in Sachen Identität nicht selbst entscheiden dürfen. Es wird weiterhin verlangt, dass man sich in erniedrigender Weise zwei unabhängige Gutachten verschaffen und sich einem Gerichtsverfahren stellen muss. Natürlich zu 100% auf eigene Kosten. Nur um amtlich bestätigt zu bekommen, was man selbst vielleicht schon Jahrzehnte lang sicher weiß. Aber nein, es müssen alle Peinlichkeiten des Lebens bis ins Detail analysiert und hinterfragt werden. Irre. Wenigstens wird in Deutschland seit kurzem darauf verzichtet, dass Namen und Personenstand nur dann geändert werden können, wenn man geschieden, geschlechtlich angepasst (sowohl hormonell als auch operativ) und sterilisiert worden ist. Ja, das war bis 2011 Gesetz in Deutschland.

Und nun frage ich mich, wie diese beiden divergierenden Strömungen miteinander in einer Regierung vereinbar sind? Außerdem spannend, wo ich gerade daran denken muss, dass unser Grundgesetz vergangenen Mittwoch 70 Jahre alt geworden ist: Artikel 1 - Die Würde des Menschen ist unantastbar. Mmmhhh.... gelebt wird häufig etwas anderes. Insbesondere in den Kreisen, die für die Einhaltung des Artikel 1 Verantwortung tragen.

Die gute Nachricht: Insgesamt freue ich mich darüber, dass sich die Gesellschaft in den vergangenen Jahren merklich verändert, man könnte fast sagen, weiterentwickelt hat und allmählich zu akzeptieren beginnt, dass Vielfalt nichts Schlechtes oder gar Gefährliches ist.

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