Rundtour mit dem MTB von Saalfelden zum Berggasthof Biberg, 03.10.2020
An diesem Wochende machte uns erneut das Wetter einen Strich durch alle Bergpläne, wie bereits mehrfach dieses Jahr passiert. Starker Wind, Schneefall und Regen hießen uns, von der Marmolada-Überschreitung abzusehen. Schade. Sollte eine Geburtstagstour werden. Hatte ich mich drauf gefreut. Hilft aber alles nix. Was taten wir stattdessen? Wir packten die Fahrräder, ein bisschen Bergzeug und unsere Tourenski -ja, richtig gehört- ins Auto und steuerten nach Saalfelden. Nördlich des Alpenhauptkammes sollte es nicht ganz so schlimm werden mit dem Wetter und der Pinzgau hat ein bisschen mehr zu bieten als das Ostallgäu.
Astrid und ich trafen Freitagabend in Saalfelden ein und hatten uns Pinzgauer Kasnocken und Stiegls neues Helles zum Abendessen gewünscht. Ganz schön lecker. Bisschen auf den Purzeltag anstoßen, bisschen Pläne fürs Wochenende machen, Wettercheck. Samstagsvormittags soll es trocken bleiben. Allerdings mit zornigem Wind. Radfahren steht auf dem Programm. Etwas, was wir im Ostallgäu vor unserer Haustüre nicht bekommen können: Mal mehr als 500 Höhenmeter am Stück rauf. Manuel hat eine spannende und nicht ganz unanspruchsvolle Runde ausgesucht, die er mit Spezln schonmal gefahren ist. Wenn er so etwas vorschlägt, bimmeln bei mir alle Alarmglocken. Und wenn er dann noch erzählt, dass ihn die Runde geschafft hat, ist Vorsicht geboten. Er versichert, dass es gehen wird. Wenn Jungs alleine unterwegs sind, spielt immer auch das Testosteron eine Rolle. Zweiter sein geht nicht. Außerdem bleibt am Ende für uns immer die Ausfahrt, mal ein Stück zu schieben. Also los.
Samstag. Wir frühstücken. Astrid und ich trinken morgens gerne ein Glas Orangensaft. Wir lernen die Delikatesse Pinzgauer Art kennen. Überraschend klar und im Abgang erinnert es schon fast an Äpfel. Tja. Tetrapack unter die Lupe genommen. Es ist Apfelsaft. Wir lachen uns scheckig. Sieht ja auch irgendwie im Supermarkt alles gleich aus. Wir schwingen uns auf die Räder. Die Fahrt startet vor der Haustür und soll uns fern der Hauptstraßen zunächst am Zeller See vorbei nach Bruck führen. Schon auf dem Weg dorthin ist die Nebel- und Regenwand am Südende des Sees zu erkennen. Die Berge im Hintergrund, unter anderem das Kitzsteinhorn, bleiben im schlechten Wetter verborgen. Die Wolken ziehen mit affenartigem Tempo. Orkanstärke in der Höhe. Auf halbem Weg zum See halten wir. Manuel schlägt vor, den Plan zu ändern. Wenn wir bis zum See fahren, werden wir sicher nass. Hinsichtlich Witterung wäre es klüger, zum Biberg abzubiegen und dort raufzuzockeln bis zum Bergrestaurant Biberg. Gesagt, getan. Plan geändert. Es geht ein kleines Stück zurück und wir biegen ein paarmal rechts und links ab und stehen am Start der Bibergrunde. Es liegen etwa 750 Höhenmeter bis zum Restaurant vor uns. Alex und Manuel kennen den Anstieg. Gleich zu Beginn wartet das steilste Stück. Das hat nix mit dem zu tun, wo Astrid und ich sonst so fahren. Die längsten Anstiege bei uns zu Hause haben kaum 100 Hm und im Saarland, wo es etwas hügeliger ist, kommen vielleicht mal 200 Hm zusammen. Wir treten dort zu Trainingszwecken gerne mal rein, bis es kracht, wohl wissend, dass die Quälerei schnell zu Ende ist. Hier wäre das das nicht die beste Idee des Tages. Es muss mit dem vorhandenen Strom gehaushaltet werden, denn er ist endlich. Ich strampele los. Ganz schön zach. Sieht gar nicht so steil aus. Der Durchschnitt auf dem ersten Kilometer liegt bei etwa 15% Steigung. Die Feuerwehr ist im Wald unterwegs und kommt uns mit mehreren Lastwagen entgegen. Viel Platz ist wenig. Als wir die erste richtige Kehre erreichen, liegt laut Manuel das steilste Stück hinter uns. Kurze Pause. Ich lerne, dass meine Untersetzung im kleinsten Gang die schlechteste in der Gruppe ist. Das Einstiegsmodell der SRAM 12-Gang-Schaltung, SRAM NX Eagle, mit einem 32er Blatt vorne macht es mir nicht leicht. Schau mer mal. Wir treten weiter und es ist in der Tat so, dass es flacher wird. Die durchschnittliche Steigung bis zur Örgenbaueralm geht auf etwa 10% zurück. Ich finde eine Frequenz, die es mir erlaubt, eine ganze Weile halbwegs entspannt bergauf zu strampeln, ohne dass ich blau werde. Astrid schafft das auch. Ihre SRAM GX-Kassette ist in den ersten 6 Gängen mit meiner identisch, allerdings fährt sie ein 30er Ritzel vorne, was ihr einen klitzekleinen Vorteil verschafft. Treten muss sie trotzdem ganz ordentlich. An der Örgenbaueralm vorbei haben wir rund 650 Höhenmeter geschafft. Ab da bis zum Bergrestaurant Biberg kommen auch mal kleinere flache und sogar abschüssige Passagen vorbei. Ein letzter steilerer Anstieg wartet noch auf uns. Meine Oberschenkel wirken, wie aufgeblasen. Ich merke, dass die Körner so langsam alle sind. Kurz bevor ich die Flinte ins Korn werfen will, kommt der Abzweig zum Restaurant vorbei. Wir halten kurz. Der Wind pfeift ganz ordentlich. Der Wald hat uns bis dahin bereits mit einigen Tannenzapfen beworfen. Je Höher wir gekommen sind, desto stärker wurde der Wind. Kein Ort, an dem wir länger bleiben sollten. Die Bäume wackeln. Abgebrochene Äste liegen umher. Schnell was gegen den Wind anziehen und dann geht es in wenigen Minuten hinunter in die Gaststube.
Es läuft ein Haferl Kaffee rein beziehungsweise 3 heiße Schokoladen. Ich frage nach, ob weitere Bergaufpassagen auf uns warten. Manuel verneint. Ab jetzt geht es im Wesentlichen nur noch runter. Meine Uhr sagt, wir seien bis jetzt rund 950 Höhenmeter nach oben geradelt. Meine Beine sagen, das wäre gelogen. Es müssen mindestens doppelt so viele sein. Mein Kopf sagt, ist wurscht, ab jetzt brauche ich nur noch meine Hände zum Bremsen. Die Abfahrt führt uns zunächst über die Rodelpiste bis es an einigen Kehren kurze Minitrails durch die Innenkurven hat. Ganz nett. Den ersten lasse ich aus. War mir etwas zu steil. Beim nächsten lasse ich erst gar keine Zweifel aufkommen und brettere Manuel in den Wald hinein hinterher. Der Kurs mit Peter hat eindeutig was gebracht. Davor wäre ich im Leben nicht auf die Idee gekommen, einfach nach zu fahren. Astrid folgt ebenfalls ohne nach zu denken. Ich sehe ihr an, dass ihr auch der Kurs mit Peter durch den Kopf geht. Wir ginsen. Einen Abzweig gibt es noch. Manuel kündigt vorher jedoch schon an, dass wir evtl. absteigen müssen. Es gäbe ein paar ziemlich hohe Stufen. Den ersten Stich nach unten schieben wir zunächst. Zu eng, zu rutschig und mit einer für mich zumindest nicht fahrbaren Spitzkehre zwischen Geländer und zwei, drei hohen Bretterstufen am Ende. Ab da wird es dann ziemlich lässig und für mich ohne Angst beherrschbar. Ein paar Kurven, zwei, drei Stufen, dicke Baumwurzeln, ein steiler Absatz. Sehr fein. Eine coole Aktion zum Schluss: Alex nimmt zuerst die Chickenline an dem letzten Absatz vorbei. Wir sprechen kurz drüber, wie das Ding problemlos zu fahren ist und dass es schlimmer ausschaut, als es ist. Spontan schiebt sie ihr Radl wieder hoch, fasst sich ein Herz und tut es uns gleich. Super. Die Abfahrt zaubert ihr ein breites Grinsen ins Gesicht. So macht Radfahren Spaß.
Ab hier entscheiden wir, zurück zu fahren. Es muss noch für den Abend eingekauft werden und die ersten Regentropfen sind bereits gefallen. Außerdem ist Bergabfahren für die Beine auch ganz schön anstrengend. Fertig. Dusche. Shoppingcenter. Ich wäre froh, Astrid und ich hätten so lässige Bergstrecken zu Hause. Vielleicht müssen wir doch noch mal eine zweite Holzhütte bauen.
Bilder gibt es leider keine nennenswerten. Irgendwie ist es beim Startfoto geblieben. Manni war übrigens mit von der Partie. Die Bergauffahrt ödet ihn zwar ein wenig an und er hat -glaube ich- auch einen Tannenzapfen an den Schädel bekommen, doch auf der Abfahrt hat er gequietscht vor Freude. Er streckt gerne die Nase -ähm den Rüssel- in den Fahrtwind.