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Hohe Gänge via Rotspitze, Heubatkop und Breitenberg, 01.11.2022

Bike&Hike oder doch ganz zu Fuß? Als wir uns dazu entschlossen, diese Runde ein zweites Mal zu versuchen, lag im Vergleich zum ersten Mal kein Schnee. Damals, im März 21 stellte sich diese Frage nicht, denn es hatte über Nacht so viel Schnee gegeben, dass wir nach Ankunft im untere Platz am Häbeles Gund, wo sich der Blick auf den ganzen Grat öffnet, entschieden, nicht zur Rotspitze aufzusteigen, denn dort waren bereits die ersten kleinen Lawinenabgänge gut zu sehen. Stattdessen unternahmen wir den Versuch, einfach „nur“ zum Breitenberg zu gelangen, was mangels Spur und Unkenntnis ob des Weges mit dem vielen Schnee für sich allein schon eine kleine Herausforderung gewesen ist. Mit Steigeisen, Wanderstöcken, Eispickel und einer elektronischen Karte war das für uns machbar, doch leider muss ich schon fast sagen fühlte sich eine Gruppe schlecht ausgestatteter Wanderer aus Stuttgart durch unsere Spur ermutigt, uns zu folgen, was am Ende zu einer Rettungsaktion mit Helikopter führte. Unsere mehrfach ausgesprochene Empfehlung an die Gruppe, lieber umzukehren, weil die Verhältnisse es nicht erlaubten, ohne Steigeisen und mindestens ohne Wanderstöcke ab einem gewissen Punkt weiterzugehen, wurde zunächst ignoriert. Gut, wir sind nicht für diese Gruppe verantwortlich. Ich querte als erste weiter einen Hang in Richtung Gipfelkreuz nahe des eigentlichen Wegs als ich an eine mit Schnee vollgeblasene Rinne komme, die wie eine Rutschbahn nach unten zurück ins Häbeles Gund aussah. Nicht quer durchsteigen, sagte meine kleine Alarmanlage im Kopf. Wenn wir weiter wollen, müssen wir den direkten Weg nach oben zum Grat wählen und auf ihm weiter zum Gipfel des Breitenberg gehen. Die Gruppe Stuttgarter laufen erneut auf uns auf, doch ich nehme wahr, dass bereits einige umgekehrt sind, denn es sind nur noch wenige übrig. Und als wir auf den direkten Weg nach oben abbiegen, ist nur noch einer da, der mit Gewalt weitergehen will und sich nicht abhalten lässt. Am Grat angekommen queren wir eine Stelle, an der der Kies unterm Schnee mit Eis überzogen ist. Mit Steigeisen kein größeres Problem, wenn frau vorsichtig ist, wo sie ihre Füße hinstellt. Wir kommen am beschilderten Wegkreuz vorbei, das anzeigt, dass sich hier die Wege aus dem Häbeles Gund und von den Hohen Gängen treffen. Ab jetzt geht es unschwierig aber nervig durch halbeingeschneite Latschen, die mit einigen Trittlöchern versehen sind. Am Gipfel treffen wir auf eine weitere Gruppe, die gut ausgerüstet von der anderen Seite hochkam und alle freuen sich über dieses Treffen, denn sie können später unserer Spur nach unten folgen und wir deren. Das machte es deutlich entspannter, wenngleich der Weg nach wie vor mit einigen Vereisungen, Überwächtungen und steilen Passagen anspruchsvoll blieb. Kurz nachdem wir den Gipfel überschritten und uns auf den Abstieg auf der anderen Seite machten, hörten wir dann den Heli. Der hartnäckige Stuttgarter ist nach dem, was wir noch mitbekommen konnten, wohl auf Höhe der vereisten, kiesigen Stelle am Grat abgerutscht und genau in die Schneerinne abgegangen, aus der er sich allein ohne Ausrüstung nicht mehr befreien konnte. Eine Rettungsaktion aus der Nähe erleben zu müssen, löst bei mir immer ein bedrückendes Gefühl aus und ich hab‘ mich in dieser Situation gefragt, ob wir etwas falsch gemacht haben. Ob wir deutlicher hätten werden müssen. Doch wie deutlich muss frau werden? Wir sind nicht für das Tun der anderen verantwortlich. So blieb dieser Versuch in vielerlei Hinsicht lange im Kopf. Nicht zuletzt auch wegen des Rückwegs hinten rum im Regen übers Kutschenmuseum, der sich elends lange hinzog.

Aber jetzt, beim zweiten Anlauf, ist es trocken, Schnee gibt’s keinen und wir bemerkten rasch, dass die Idee, ein Teil des Aufstiegs mit dem Radl zu machen, wahrscheinlich nicht so gut funktioniert hätte. Es sei denn, wir hätten einen anderen Aufstiegsweg gewählt. Das Fahrrad nicht dabei zu haben, wurde dann später auf dem Rückweg so ein kleiner Running Gag, über den wir uns beim Runterlaufen immer wieder amüsierten.
Nach etwa 600 Höhenmetern gelangt frau ins Häbeles Gund, wo ein ganz feiner Unterstand zum Rasten errichtet wurde, in dem sich sogar zwei Kisten Getränke mit einer kleinen Kasse befand. Volle nett, obwohl wir weder im Aufstieg noch später im Abstieg dieses Angebot nutzten, was aber bei wärmeren Temperaturen sicher anders gewesen wäre. Kurze Rast. Von hier aus ist die steile Serpentine im Schutthang unterhalb der Rotspitze gut erkennbar, die weiter oben in den Felsen verschwindet. Der Gipfelaufbau der Rotspitze schaut aus dieser Perspektive nicht so aus, als ginge dort ein Wanderweg auf den Gipfel hinauf. Steile Felsen, steile Grate. Auf geht’s. Wie üblich ist es gar nicht mehr so steil, wenn frau da ist, denn der Weg, der oben zwischen den Felsen verschwindet, wechselt auf die Rückseite und geht einfach weiter. Es schaut zwar etwas abweisend aus, doch es bleibt unschwierig und gut erkennbar, wo es hinaufgeht. Mit der Rotspitze erreichen wir mit 2034m in etwa 3 Stunden vom Parkplatz Sägemühle in Hinterstein aus gleichzeitig den höchsten Punkt der Tour und haben damit auch den längsten Anstieg hinter uns. Wir verweilen erneut, denn Zeitnot gibt es keine. Der Weiterweg, d.h. die Runde über den Grat rüber zum Heubatkopf, weiter über die Hohen Gänge zum Gipfel des Breitenbergs ist gut zu sehen und obwohl es sehr weit erscheint, so sind wir doch recht schnell am nächsten Etappenziel, dem Gemsbollenkopf, wie der Heubatkopf noch genannt wird, angekommen. Ab da hat’s dann etwas Kraxelei, die gut versichert über ein paar ausgesetzte Stellen führt und nie schwierig ist. Den Abschluss in dieser Richtung bildet eine lange Eisenleiter, über die wir wieder auf den Wanderweg absteigen. Wir hatten zwar alles dabei, um per Klettergurt und Klettersteigset sichern zu können, falls es uns zu schwierig oder zu absturzgefährlich geworden wäre, doch wir konnten entspannt darauf verzichten. Der Weg zum Breitenberg zieht sich dann noch etwas mit ewig erscheinendem Auf und Ab, doch dieses Mal überschreiten wir den Gipfel nicht, wie beim ersten Mal, sondern gehen wieder das kurze Stück durch die Latschen zurück zum Wegweiser und steigen den Weg ab, den wir beim ersten Versuch hochgekommen sind. Auf diese Weise schließt sich der Kreis bald an besagtem Wanderunterstand, wo wir erneut etwas Pause machen und dann beginnt die Fleißarbeit, der Abstieg zum Parkplatz. Meine neuen Bergstiefel, die ich mir aufgrund gewachsener Füße zulegen musste, taugen mir. Es gibt keine Probleme, so wie auf der letzten längeren Bergtour, bei der ich die meiste Zeit bergab die Zehen einziehen musste, um nicht ständig vorne anzustoßen, was echt nervig und irgendwann doch mit schmerzenden Füßen verbunden ist. Mit allen Pausen erreichen wir nach rund 7,5 Stunden, etwa 1400 Höhenmetern und gut 16km Wegstrecke den Parkplatz und so, wie ich das empfand, war da noch viel Reserve.

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