Über mich
Von Bergsteigen und Transidentität
Ist das vereinbar? Nun, das finde ich gerade heraus. Aber immer der Reihe nach. Anfang der 1970iger Jahre geboren, wußte ich bereits als Grundschulkind, dass mit mir etwas anders ist. Ich hatte natürlich keinen Begriff dafür und es hat noch sehr lange gedauert bis mir eindeutig klar war, was sich hinter dem "Anderssein" verbirgt. Unsicherheit, Angst und die Art und Weise, wie Menschen meiner Identität in der Gesellschaft behandelt wurden und immer noch werden, ließ mich über mich schweigen. Das hat ein bisschen gedauert. So rund 40 Jahre.
Zwischenzeitlich bin ich meinen Pflichten und Erwartungen, die an mich gestellt wurden, brav nachgekommen: Schule fertig gemacht, Dachdeckerlehre, Bundeswehr, Fachhochschulreife erlangt, Wirtschaftsingenieurwesen studiert und abgeschlossen, Job gefunden, geheiratet, Papa von zwei wundervollen Mädels geworden. Alles prima könnte man denken. Nein. Nichts war prima. In meinem Inneren herrschte Chaos. Erst in einer neuen Beziehung fand ich zu mir selbst und erlangte die nötige innere Festigkeit, die Frau in mir zu zu lassen. Sie zu akzeptieren und nicht gegen sie zu kämpfen. Und so lebe ich zumindest in dieser Angelegenheit seit Januar 2017 in allen Lebensbereichen geoutet in der Geschlechterrolle, in der es mir gut geht.
Das schöne an der neuen Beziehung ist auch die gemeinsame Entdeckung der Berge in all ihren Facetten. Die Leidenschaft war schon lange da, doch niemand mit dem sie geteilt hätte werden können. Veränderungen haben zumindest in meiner Wahrnehmung etwas Gutes. Und so entwickele ich fleißig in einer tollen Partnerschaft seit einigen Jahren meine bergsteigerischen Fähigkeiten weiter. Und seit Januar 2017 eben als Frau. Das funktioniert soweit auch ganz gut. Auf Berghütten mit wenig Raum für Distanz und einem häufig halbwegs konservativen Publikum stoße ich hin und wieder an meine mentalen Grenzen. Du betrittst den Raum und Du kannst Dir sicher sein, dass in den nächsten 2-3 Sekunden ausnahmslos alle ihre Sensationslust stillen. Ein unangenehmes Gefühl. Zusätzlich -sofern nach Geschlechtern getrennte Sanitärräume vorhanden sind- setze ich mich regelmäßig der Frage aus, ob ich mich nicht in der Tür geirrt hätte. Diese Ignoranz tut immer sehr weh. Doch die Menschen sind wie sie sind. Offenheit und Toleranz ist immer dann gut, wenn man nicht direkt betroffen ist oder nicht direkt mit Anderssein konfrontiert wird.
Als eine meiner Aufgaben betrachte ich es -und deswegen gibt es diese Seite-, den Menschen, denen ich täglich begegne, zu zeigen, dass meine Art zu Leben nichts Besonderes ist. So, wie alle anderen ihr Leben leben wollen, will ich meines leben. Das ist alles.