Unser diesjähriges Skiopening führte uns, wie die letzten Jahre vor Weihnachten auch, ins Kaunertal. Ein etwas abgelegenes, kleines Gletscherskigebiet, das nur mühselig über eine abenteuerliche Mautstraße erreicht werden kann. Die Pisten sind nicht so wahnsinnig spektakulär, doch -ausreichend Schnee vorausgesetzt- kann man unter halbwegs sicheren Bedingungen abseits der präparierten Abfahrten den einen oder anderen Hang im Gelände befahren. Und weil es etwas abgelegen, klein, weniger stark frequentiert und nahezu familiär ist, fahren wir gerne hin. Den Bums- und Saufzirkus, wie in anderen großen Skigebieten Österreichs sucht man hier vergebens. Ein Glück.
Leider begann die Reise mit Schmerzen. Beim Tankstopp quasi vor der Haustür schaffte ich es, mir den Daumen an der Autotür zu quetschen. Die Tränen wegen des Schmerzes und der Wut auf mich selbst, standen mir bis fast zum Ziel in Feichten in den Augen. Mist. Fängt ja gut an. Viel Ibuprofen machte es halbwegs erträglich, doch die erste Nacht klopfte es ordentlich im Daumen. Der hat inzwischen komische Formen und Farben angenommen. Wir trafen meinen Onkel und seinen Schwiegerenkel, die bereits zwei Tage vor uns dort angekommen waren. Abgesehen von dem blöden Start mit dem Daumen, hatten wir eine tolle Zeit auf den Brettern. Dank ein wenig Neuschnee konnten wir zumindest am ersten Tag noch Plätzchen mit feinem, unzerfahrenem Pulverschnee finden. Für unsere beiden Begleiter völliges Neuland. Doch sie haben sich wacker, mit wachsender Begeisterung, auf ihren Carving-Latten geschlagen. Hin und wieder lagen wir alle mal im Schnee. Das gehört dazu. Passiert ist niemandem etwas.
Leider war das Wetter nur am ersten Tag schön. Wie so häufig schlug es um. Am Gletscher wird es schnell ungemütlich. Wir hatten ursprünglich geplant, an einem Tag die Weissseespitze zu überschreiten. Seil, Pickel und Steigeisen sind extra mitgefahren. Doch Schneefall, Wind, Kälte und schlechte Sicht folgten an den zwei weiteren Tagen. So wurde das mit dem Bergsteigen nix. Wir rutschten die Hänge herunter bis es uns zu viel mit dem schlechten Wetter wurde. Die frei gewordene Zeit nutzten meine Frau und ich, um uns in den ortsansässigen Geschäften umzusehen. Es sind nicht so viele und als wir den ersten Laden betraten, wurden wir auch sofort erkannt. "Seits ihr auch wieder da." Ich finde das irgendwie süß. Wir sind zwar praktisch jeden Winter im Kaunertal gewesen, seit unserem Tiefschneekurs dort, aber es waren immer nur 3-4 Tage. Ich bilde mir ein, es liegt zumindest in den letzten zwei Jahren ein wenig an meinem Anderssein. Das erhöht ganz enorm den Wiedererkennungswert. Aber, das muss ich ganz klar sagen, ich hatte im Kaunertal noch nie ein Thema damit. Tags drauf wurde ich im Gletscherrestaurant von der Kassiererin angesprochen. Sie hätte uns am Abend im Laden gesehen. Sie machte mir ein aufrichtiges Kompliment. Das fand ich außerordentlich nett. Nachdem sich die anfängliche, aber kurze Irritation gelegt hatte, waren wir für die Chefin in unserer Unterkunft die Mädels von ganz oben. Einfach nette Menschen wohnen im Kaunertal.
Mit den Jungs vom Lift kann man ebenfalls Spaß haben. Die sind trotz der Kälte meistens gut drauf und sehr hilfsbereit. Man kommt schnell ins Gespräch. Einer freute sich am letzten Tag ganz schlimm als meine Frau und ich kurz vor Mittag als Erste diesen Tages zu seinem Schlepper gefunden hatten. Weil hier niemand auf der Flucht ist, nahmen wir uns gerne die Zeit und plauderten ein wenig mit ihm übers Skifahren, die Pisten, den Schnee.
Ein chilliger Ort eben.