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Von Spalten und Steinen

Autorenbild: MillaMilla


Auf dieser Bergfahrt lernte ich, dass es auch in den Ostalpen ganz schön imposante Spalten geben kann. Obwohl wir wahrscheinlich, der guten Schneeauflage geschuldet, noch nicht mal die Gelegenheit hatten, diese in ihrer wahren Pracht bewundern zu dürfen. Nun, das ist auch nicht nötig gewesen. Sie übersteigen zu müssen, hat schon genug gekribbelt. Allein das Wissen darum, dass frau vielleicht gerade auf einer "Es-geht-gerade-noch-so"-Brücke steht, genügt, um keine Wurzeln schlagen zu wollen. Worüber ich spreche? Über das Obersulzbach- und Schlatenkees am Großvenediger. Die größten zusammenhängenden Gletscherflächen in den Ostalpen treffen sich von mehreren Seiten am Gipfel der weltalten Majestät. Deren Besteigung hatte ich gar nicht für dieses Jahr auf dem Schirm. Irgendwie eher ein Skiberg, dachte ich immer. Manuel warf diesen Berg für dieses Wochenende ins Rennen. Das ursprünglich bei Astrid und mir geplante Ziel Rimpfischhorn stornierten wir schweren Herzens, wissend, dass sich die Bedingungen dort nach der Bergfahrt Anfang September sicher nicht verbessert hatten. Und so war ein neues Ziel gefunden, von dem ich ein wenig überrascht war. Mit dem Anstieg kletternd über den Westgrat und dem Abstieg über die Normalroute ein abwechslungsreiches und spannendes Unterfangen. Zumal nur wenige den Weg über den Westgrat gehen. Auf diese Weise sind wir an diesem äußerst prominenten Berg bis zum Gipfel praktisch alleine gewesen, wenn frau den Zustieg von der Hütte zum Eis abzieht. Dazwischen fand sich so ziemlich alles, was so ein Bergsteigerinnenherz begehrt: Ein aperes Spaltenlabyrinth, weglose Steinlabyrinthe, gigantische Gletscherspalten mit spannenden Brücken, einen Bergschrund vom gleichen Kaliber, feine Kletterei, die am laufenden Seil bewältigt werden kann und Kaiserwetter. Vom Gipfel über die Normalroute runter ist es dann eher die Pflicht und nicht die Kür. Doch das geht dann auch schön schnell über eine breite Wanderautobahn ohne wacklige Spaltenübergänge. Die sonst unter der Venedigerscharte häufig vorzufindenden riesigen offenen Spalten, die nicht selten von den Bergführern mit Leitern überbrückt werden müssen, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, sind größtenteils geschlossen und können problemlos überstiegen werden. So verbringen wir vom Start an der Hütte morgens bis zur Talstation der Materialseilbahn fast einen 12-Stunden-Tag auf den Beinchen. Schee war's. Schaut selbst.

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